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(1) Das Staatsarchiv hat die Aufgabe, Unterlagen von Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes und der Stadtgemeinde Bremen auf ihre Archivwürdigkeit hin zu werten und die als archivwürdig erkannten Teile als Archivgut zu übernehmen, zu verwahren und zu ergänzen, zu erhalten und instand zu setzen, zu erschließen und für die Benutzung bereitzustellen sowie zu erforschen und zu veröffentlichen. Diese Aufgabe erstreckt sich auch auf Unterlagen der Rechtsvorgänger des Landes und der Stadtgemeinde Bremen und der Funktionsvorgänger der in Satz 1 genannten Stellen. Diese Stellen beteiligen das Staatsarchiv bei der Einführung und Änderung technischer Systeme zur Erstellung und Speicherung von Unterlagen und Informationen.
(2) Das Staatsarchiv archiviert auch archivwürdige Unterlagen anderer Herkunft, soweit sie der Ergänzung des nach Absatz 1 archivierten Archivguts dienen, insbesondere
nach Maßgabe des Bundesarchivgesetzes Unterlagen des Bundes,
im Einvernehmen mit den Eigentümern Unterlagen natürlicher oder juristischer Personen des Privatrechts.
Entsprechend Satz 1 sammelt es auch archivwürdige Unterlagen.
(3) Das Staatsarchiv berät die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes und der Stadtgemeinde Bremen im Rahmen seiner Zuständigkeit bei der Verwaltung und Sicherung ihrer Unterlagen sowie bei der Führung elektronischer Akten gemäß §§ 6 und 7 des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung in Bremen.
(4) Das Staatsarchiv nimmt Aufgaben im Rahmen der archivarischen Aus- und Fortbildung wahr.
(5) Das Staatsarchiv muß hauptamtlich von Personal betreut werden, das die Befähigung für eine Laufbahn des Archivdienstes besitzt oder sonst fachlich geeignet ist. Der Leiter oder die Leiterin muß die Befähigung für die Laufbahn des höheren Archivdienstes besitzen.
(1) Archivgut sind alle im Staatsarchiv befindlichen Unterlagen, die bei den im § 1 Abs. 1 genannten Stellen entstanden und archivwürdig sind. Unterlagen sind Aufzeichnungen unabhängig von ihrer Speicherform. Dazu gehören insbesondere Urkunden, Amtsbücher, Akten, Schriftstücke, amtliche Publikationen, Drucksachen, Karteien, Karten, Risse, Pläne, Plakate, Siegel, Bild-, Film- und Tondokumente. Unterlagen sind auch elektronische Aufzeichnungen sowie alle Hilfsmittel und ergänzenden Daten, die für die Erhaltung, das Verständnis dieser Informationen und deren Nutzung notwendig sind.
(2) Archivwürdig sind Unterlagen, die für die Erforschung und das Verständnis der Geschichte, insbesondere der bremischen Geschichte, die Sicherung berechtigter Belange der Bürger und Bürgerinnen oder die Bereitstellung von Informationen für Gesetzgebung, Verwaltung oder Rechtsprechung von bleibendem Wert sind. Über die Archivwürdigkeit entscheidet das Staatsarchiv unter fachlichen Gesichtspunkten.
(3) Archivgut sind auch die nach § 1 Abs. 2 archivierten Unterlagen.
(1) Die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes und der Stadtgemeinde Bremen (anbietungspflichtige Stellen) haben alle Unterlagen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigt werden, dem Staatsarchiv zur Übernahme anzubieten und die als archivwürdig bewerteten Unterlagen abzuliefern. Die Anbietung der Unterlagen erfolgt in der Regel nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen. Alle Unterlagen sind dem Staatsarchiv spätestens dreißig Jahre nach ihrer Entstehung anzubieten, soweit keine anderen Rechtsvorschriften längere Aufbewahrungsfristen bei den anbietungspflichtigen Stellen festlegen. In besonderen Fällen können als archivwürdig bewertete Unterlagen auch vorzeitig als Archivgut übernommen werden.
(2) Als anbietungspflichtige Stellen des Landes und der Stadtgemeinde Bremen gelten auch
Stiftungen des Privatrechts, wenn das Land oder die Stadtgemeinde Bremen oder ein Rechtsvorgänger die Stiftung errichtet oder überwiegend das Stiftungsvermögen bereitgestellt hat, und
andere juristische Personen des Privatrechts, die nicht am wirtschaftlichen Wettbewerb teilnehmen und bei denen dem Land oder der Stadtgemeinde Bremen mehr als die Hälfte der Anteile oder der Stimmen zusteht.
Der Pflicht zur Anbietung und Ablieferung unterliegen auch alle Unterlagen von ehemals öffentlichen oder diesen gleichgestellten Stellen, sofern die Unterlagen bis zum Zeitpunkt des Übergangs in eine Rechtsform des Privatrechts entstanden sind.
(3) Zur Übernahme anzubieten und abzuliefern sind auch Unterlagen, die
personenbezogene Daten im Sinne des Artikels 4 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1, L 314 vom 22. November 2016, S. 72) enthalten, welche nach einer Rechtsvorschrift des Landes gelöscht werden müssten oder nach Rechtsvorschriften des Bundes oder des Landes gelöscht werden könnten, sofern die Speicherung der Daten nicht unzulässig war,
einem Berufs- oder Amtsgeheimnis oder sonstigen Rechtsvorschriften über Geheimhaltung unterliegen,
elektronische Daten enthalten, die einer laufenden Aktualisierung unterliegen, oder
besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 enthalten.
(4) Die Pflicht zur Anbietung und Ablieferung gilt auch für alle amtlichen Veröffentlichungen in jeder Erscheinungsform, die die anbietungspflichtigen Stellen herausgegeben haben oder die in ihrem Auftrag erschienen sind.
(5) Durch Vereinbarung zwischen dem Staatsarchiv und der anbietungspflichtigen Stelle kann
auf die Anbietung bestimmter offensichtlich nicht archivwürdiger Unterlagen verzichtet werden,
der Umfang der anzubietenden und abzuliefernden gleichförmigen Unterlagen, die in großer Zahl entstehen, im Einzelnen festgelegt werden,
die Auswahl der anzubietenden elektronischen Aufzeichnungen einschließlich der Form der Datenübermittlung im Einzelnen festgesetzt werden.
Elektronische Aufzeichnungen, die aus verarbeitungstechnischen Gründen vorübergehend vorgehalten werden müssen, sind nicht anzubieten.
(6) Einzelheiten der Archivierung von Verschlusssachen, insbesondere die erforderlichen besonderen technischen und organisatorischen Maßnahmen, regelt der Senat durch Verwaltungsvorschrift.
(7) Ab dem Zeitpunkt der Anbietung dürfen die angebotenen Unterlagen nicht mehr verändert werden. Zur Feststellung der Archivwürdigkeit ist dem Staatsarchiv auf Verlangen Einsicht in die angebotenen Unterlagen und die dazugehörigen Hilfsmittel zu gewähren. Entscheidet das Staatsarchiv nicht innerhalb eines halben Jahres über die Übernahme der angebotenen Unterlagen, erlischt deren Ablieferungspflicht.
(8) Die übrigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, mit Ausnahme der Stadtgemeinde Bremerhaven, und für ihr Archivgut nicht entsprechend § 12 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 anderweitig Sorge tragen, bieten Unterlagen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigt werden, dem Staatsarchiv zur Übernahme an. Absatz 1 Satz 2, 3 und 4, Absatz 2 Satz 2, Absätze 3 bis 6 und Absatz 7 Satz 3 gelten entsprechend.
(1) Archivgut nach Maßgabe dieses Gesetzes ist auf Dauer sicher im Staatsarchiv zu verwahren; es ist in seiner Entstehungsform zu erhalten, sofern keine archivfachlichen Belange entgegenstehen. Archivgut ist vorbehaltlich des Absatzes 2 Satz 3 unveräußerlich.
(2) Archivgut kann in einem anderen hauptamtlich oder hauptberuflich fachlich betreuten Archiv verwahrt werden, wenn dafür ein fachlicher Grund gegeben und sichergestellt ist, dass schutzwürdige Belange betroffener Personen nicht beeinträchtigt werden. Hierüber ist ein schriftlicher Vertrag abzuschließen. In begründeten Ausnahmefällen und unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann Archivgut an andere öffentliche Archive unentgeltlich übereignet werden.
(3) Das Staatsarchiv stellt die dauerhafte Erhaltung und Benutzbarkeit des Archivguts sowie seinen Schutz vor unbefugter Nutzung oder Vernichtung sicher. Es hat insbesondere technische und organisatorische Maßnahmen zur Sicherung solchen Archivguts zu treffen, das personenbezogene Daten enthält oder Geheimhaltungsvorschriften unterliegt (§ 3 Absatz 3).
(1) Für personenbezogene Daten, die als Archivgut in das Staatsarchiv Bremen übernommen worden sind, ist das Staatsarchiv Bremen der Verantwortliche im Sinne der Verordnung (EU) 2016/679. Die Regelungen der Absätze 2 bis 11 gelten nicht für personenbezogene Daten, die das Staatsarchiv Bremen außerhalb des Archivguts verarbeitet.
(2) Die Rechte einer betroffenen Person nach den Absätzen 3 bis 11 gelten, soweit das Archivgut durch Namen der Person erschlossen ist oder die betroffene Person Angaben macht, die das Auffinden des einschlägigen Archivguts mit vertretbarem Verwaltungsaufwand ermöglichen. Bei Archivgut im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, das vor seiner Übernahme durch das Staatsarchiv nicht dem sachlichen Anwendungsbereich gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2016/679 angehört hat, kann durch Vereinbarung mit dem Eigentümer die Ausübung der Rechte nach den Absätzen 3 bis 11 anderer betroffener Personen als des Eigentümers vom Ablauf einer angemessenen Schutzfrist abhängig gemacht werden, wenn dies für die Übernahme als Archivgut unerlässlich ist.
(3) Jeder Person ist auf Antrag eine Bestätigung darüber zu erteilen, ob von ihr personenbezogene Daten nach § 3 Absatz 3 Nummer 1 und 4 als Archivgut übernommen worden sind. Anstelle der Auskunft nach Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist der betroffenen Person eine persönliche Einsichtnahme ihrer personenbezogenen Daten im Archivgut zu gewähren. Nimmt eine betroffene Person ihr Recht auf Einsichtnahme wahr, sind die §§ 8, 11 und 12 Absatz 2 der Bremischen Archivbenutzungsverordnung entsprechend anzuwenden. Unberührt von Satz 2 und Satz 3 bleibt das Recht auf Auskunft zur Verarbeitung personenbezogener Daten über Archivgut durch das Staatsarchiv Bremen.
(4) Das Staatsarchiv kann zum Schutz berechtigter Belange Dritter oder wenn der Erhaltungszustand des Archivguts gefährdet erscheint oder aus anderen wichtigen Gründen der betroffenen Person eine andere Art der Benutzung des Archivguts als die Einsichtnahme ermöglichen, um eine Kenntnis ihrer personenbezogenen Daten zu gewährleisten. Einsichtsgewährung oder Einräumung einer anderen Benutzungsart unterbleiben, soweit und solange
die öffentliche Sicherheit gefährdet oder dem Wohl des Bundes oder eines Landes ein Nachteil bereitet würde oder
die personenbezogenen Daten nach einer Rechtsvorschrift oder zum Schutz der Rechte Dritter geheim zu halten sind und deswegen das Interesse der betroffenen Person an der Kenntnis der personenbezogenen Daten zurücktreten muss.
§ 9 Absatz 3 des Bremischen Ausführungsgesetzes zur EU-Datenschutz-Grundverordnung ist entsprechend anzuwenden.
(5) Die betroffene Person hat das Recht, eine Kopie des Archivguts, soweit es ihre personenbezogenen Daten enthält, anfertigen zu lassen, sofern das Archivgut hierfür geeignet ist und die Aufgabenerfüllung des Staatsarchivs nicht beeinträchtigt wird.
(6) Die betroffene Person hat das Recht, über die geeigneten Garantien gemäß Artikel 46 der Verordnung (EU) 2016/679, insbesondere über die mit einer Archivgutnutzung nach § 7 verbundenen Bedingungen und Auflagen, unterrichtet zu werden. Abweichend von Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 gilt diese Unterrichtung nur für personenbezogenes Archivgut, das vor Ablauf der Schutzfristen gemäß § 7 Absatz 3 und 4 übermittelt worden ist.
(7) Zu unrichtigen, in der Richtigkeit bestrittenen oder unvollständigen personenbezogenen Daten im Archivgut hat eine betroffene Person das Recht, eine Gegendarstellung oder eine ergänzende Erklärung zu erstellen. Die Gegendarstellung oder die ergänzende Erklärung werden dem Archivgut in geeigneter Weise beigefügt. Weitergehende Ansprüche auf Berichtung oder Vervollständigung personenbezogener Daten nach Artikel 16 der Verordnung (EU) 2016/679 bestehen nicht.
(8) Die betroffene Person kann abweichend von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679 beantragen, eine Nutzung dieses Archivguts durch Dritte nach § 7 für vier Wochen auszusetzen, um während dieses Zeitraums die Gegendarstellung oder die ergänzende Erklärung zu erstellen. Im Übrigen bleibt Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/679 unberührt.
(9) Die Rechte nach den Absätzen 7 und 8 gelten nach dem Tod einer betroffenen Person auch für deren Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern, wenn diese ein berechtigtes Interesse geltend machen.
(10) Das Recht auf Datenübertragbarkeit nach Artikel 20 der Verordnung (EU) 2016/679 ist für Archivgut gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 ausgeschlossen.
(11) Anstelle des Widerspruchsrechts nach Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 hat eine betroffene Person das Recht, aus Gründen, die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben, einen Antrag zu stellen, die Schutzfrist für bestimmtes, sie betreffendes personenbezogenes Archivgut um höchstens 20 Jahre zu verlängern. Diesen Antrag kann eine betroffene Person auch für sie betreffendes personenbezogenes Archivgut stellen, das genetische oder biometrische Daten oder Daten zum Sexualleben im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 enthält. Wenn zwingende schutzwürdige Gründe für eine Verarbeitung der Daten in Form einer Nutzung durch Dritte nicht die schutzwürdigen Belange der betroffenen Person erheblich überwiegen, hat das Staatsarchiv diesem Antrag stattzugeben. Im Fall von personenbezogenem Archivgut, das genetische Daten enthält, sind auch leibliche Kinder und Kindeskinder betroffener Personen zur Antragstellung befugt.
(1) Die abliefernde Stelle ist befugt, Archivgut, das aus ihren Unterlagen übernommen worden ist, zu nutzen, wenn sie es zur Erfüllung ihrer Aufgaben wieder benötigt. Dies gilt entsprechend für Archivgut, das aus Unterlagen von Rechts- und Funktionsvorgängern übernommen ist.
(2) Die Art und Weise der Nutzung nach Absatz 1 wird zwischen der abliefernden Stelle und dem Staatsarchiv vereinbart. Dabei ist sicherzustellen, dass das Archivgut gegen Verlust, Beschädigung und unbefugte Benutzung geschützt wird sowie innerhalb eines angemessenen Zeitraums dem Staatsarchiv zurückgegeben wird.
(3) Die Nutzungsbefugnis nach Absatz 1 und 2 gilt nicht für personenbezogene Daten, die anstelle der Übernahme aufgrund einer Rechtsvorschrift hätten gesperrt oder gelöscht werden müssen. In diesen Fällen besteht die Nutzungsbefugnis nur nach Maßgabe des § 7.
(1) Jeder, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, hat nach Maßgabe dieses Gesetzes das Recht, Archivgut, Reproduktionen und Findmittel auf Antrag zu nutzen, soweit aufgrund anderer Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist. Nutzungsrechte aufgrund anderer Rechtsvorschriften sowie besondere Vereinbarungen mit Eigentümern bei der Archivierung von Unterlagen natürlicher und juristischer Personen des Privatrechts bleiben unberührt.
(2) Die Nutzung ist einzuschränken oder zu versagen, wenn
Grund zu der Annahme besteht, dass dem Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder wesentliche Nachteile entstehen,
Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange betroffener Personen oder Dritter beeinträchtigt werden,
der Erhaltungszustand des Archivguts gefährdet erscheint,
ein nicht vertretbarer Verwaltungsaufwand zu erwarten ist oder
Rechtsvorschriften, insbesondere über Geheimhaltung, verletzt würden.
Die Nutzung kann aus anderen wichtigen Gründen eingeschränkt oder versagt werden.
(3) Archivgut darf regelmäßig nach Ablauf von 30 Jahren seit Entstehung der Unterlagen genutzt werden. Die Schutzfrist beträgt 60 Jahre seit Entstehung der Unterlagen für Archivgut, das besonderen Geheimhaltungsvorschriften unterliegt. Bezieht das Archivgut sich nach seiner Zweckbestimmung oder nach seinem wesentlichen Inhalt auf eine oder mehrere natürliche Personen (personenbezogenes Archivgut), so darf es unbeschadet der Sätze 1 und 2 frühestens 10 Jahre nach dem Tod der betroffenen Person oder der letztverstorbenen von mehreren betroffenen Personen genutzt werden; ist das Todesjahr dem Archiv nicht bekannt, endet die Schutzfrist 100 Jahre nach der Geburt der betroffenen Person oder der letztgeborenen von mehreren Personen. Ist dem Archiv auch das Geburtsjahr nicht bekannt, gilt eine Schutzfrist von 60 Jahren seit Entstehung der Unterlagen. Die festgelegten Schutzfristen können um höchstens 20 Jahre verlängert werden, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten ist oder wenn schutzwürdige Belange des Betroffenen dies erfordern.
(4) Die Schutzfristen nach Absatz 3 gelten nicht für solches Archivgut, das bereits bei der Entstehung der Unterlagen zur Veröffentlichung bestimmt oder das bereits vor der Übergabe an das Staatsarchiv der Öffentlichkeit rechtmäßigerweise tatsächlich zugänglich gemacht worden ist. Die Schutzfristen für personenbezogenes Archivgut gelten nicht für Amtsträger in Ausübung ihrer Ämter und Personen der Zeitgeschichte, es sei denn, ihr schutzwürdiger Lebensbereich ist betroffen.
(5) Die Schutzfristen können im Einzelfall auf sachlich begründeten Antrag verkürzt werden, wenn dies im öffentlichen oder in einem schwer wiegenden privaten Interesse liegt. Ist personenbezogenes Archivgut vor Ablauf der Schutzfristen betroffen, ist darüber hinaus erforderlich, dass
die betroffenen Personen oder nach deren Tod ihre Angehörigen eingewilligt haben, es sei denn eine betroffene Person hat zu Lebzeiten der Nutzung nachweislich widersprochen. Die Einwilligung ist von dem überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner, nach dessen Tod von seinen volljährigen Kindern, oder, wenn weder ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner noch volljährige Kinder vorhanden sind, von den Eltern der betroffenen Person einzuholen,
die Nutzung zur Behebung einer bestehenden Beweisnot oder aus sonstigen im rechtlichen Interesse eines Dritten liegenden Gründen unerlässlich ist oder
die Nutzung für die Durchführung eines bestimmten Forschungsvorhabens erforderlich ist und sichergestellt ist, dass die schutzwürdigen Belange betroffener Personen nicht beeinträchtigt werden, oder das öffentliche Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens die schutzwürdigen Belange der betroffenen Personen erheblich überwiegt. Soweit der Zweck und die Methode des Forschungsvorhabens dies zulassen, sind die Forschungsergebnisse ohne personenbezogene Angaben aus dem Archivgut zu veröffentlichen.
(6) Nach § 203 Absatz 1 und 3 des Strafgesetzbuchs geschützte Unterlagen aus einer Beratungstätigkeit, die als Archivgut übernommen worden sind, dürfen vor Ablauf der Schutzfristen für personenbezogenes Archivgut nach Absatz 3 Satz 3 und 4 nur in anonymisierter Form genutzt werden.
(7) Um die Rechte betroffener Personen, Dritter oder öffentliche Belange zu schützen, und in anderen geeigneten Fällen kann die Nutzung von Archivgut an Bedingungen und Auflagen gebunden werden, insbesondere an eine Verpflichtung zur anonymisierten Verwertung. Personenbezogenes Archivgut, das besondere Kategorien personenbezogener Daten nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 enthält, kann durch Dritte in der Regel vor Ablauf der Schutzfristen nur genutzt werden, wenn die Verpflichtung der anonymisierten Verwertung vorgesehen ist.
(8) Die Verknüpfung personenbezogener Daten durch das Archiv ist innerhalb der Schutzfristen nur zulässig, wenn schutzwürdige Belange betroffener Personen angemessen berücksichtigt werden.
(1) Um der Öffentlichkeit den Zugang zu historischen und familienkundlichen Unterlagen zu ermöglichen oder zu erleichtern, ist das Staatsarchiv berechtigt, Archivgut, Reproduktionen von Archivgut und die dazu gehörigen Findmittel im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben zu veröffentlichen. Durch die Veröffentlichung dürfen keine überwiegenden schutzwürdigen Belange betroffener Personen oder Dritter beeinträchtigt werden; insoweit sind insbesondere auch die Art, die Form und die Zugänglichkeit der Publikation zu berücksichtigen. Biometrische oder genetische Daten im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 dürfen nicht veröffentlicht werden, wenn Belange betroffener Personen berührt sein könnten. Im Fall genetischer Daten gilt dies auch für die Belange von leiblichen Kindern oder Kindeskindern betroffener Personen. § 7 gilt entsprechend.
(2) Der Senator für Kultur kann auf begründeten Antrag nach Anhörung der Landesbeauftragten für den Datenschutz gestatten, dass Archiven, Museen und Forschungsstellen Vervielfältigungen von öffentlichem Archivgut nach § 2 Absatz 1 zur Geschichte von Opfergruppen der nationalsozialistischen Herrschaft sowie zu deren Aufarbeitung in der Nachkriegszeit zur Benutzung gemäß § 7 Absatz 1 überlassen werden. Eine Überlassung ist nur zulässig, wenn sichergestellt ist, dass bei der Benutzung der Vervielfältigungen § 7 sinngemäße Anwendung findet. Für die Überlassung von Kopien personenbezogenen Schriftguts an Stellen außerhalb der Europäischen Union gelten im Übrigen die Maßgaben des Kapitels V der Verordnung (EU) 2016/679.
(1) Der Senator für Kultur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Einzelheiten der Nutzung des Archivguts, der Reproduktionen und der Findmittel des Staatsarchivs zu regeln, insbesondere das Antrags- und Genehmigungsverfahren und die Führung der entsprechenden Unterlagen, die Sorgfaltspflichten bei der Nutzung und die entsprechende Verpflichtung der Benutzer, die Versendung und Ausleihe von Archivgut und die Herstellung von Kopien und Reproduktionen.
(2) Das Staatsarchiv erhebt Kosten. Die Höhe und Art der Kosten regelt die Kostenverordnung der Kulturverwaltung.
(3) Dem Staatsarchiv steht ein kostenloses Belegexemplar von Druckwerken, Publikationen und sonstigen Arbeiten zu, die unter wesentlicher Verwendung von Archivalien verfasst worden sind.
(4) Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Archivgut durch das Staatsarchiv zulässig, soweit dies für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke erforderlich ist. Neben den Regelungen von § 4 Absatz 3 und § 7 Absatz 7 werden, falls nötig, weitere angemessene und spezifische Maßnahmen zum Schutz der Interessen der betroffenen Person getroffen.
(1) Die Bürgerschaft entscheidet in eigener Zuständigkeit, ob bei ihr entstandene Unterlagen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigt werden, von ihr selbst archiviert oder dem Staatsarchiv zur Übernahme angeboten werden (§ 3 Absatz 1 bis 6 und Absatz 7 Satz 3).
(2) Sofern die Bürgerschaft ein eigenes Archiv unterhält, gelten die §§ 4 bis 7 entsprechend. Im Übrigen regelt sie die Einzelheiten der Benutzung in eigener Zuständigkeit.
(1) Die Stadtgemeinde Bremerhaven trägt für ihr Archivgut in eigener Zuständigkeit Sorge, indem sie es insbesondere verwahrt, erhält, erschließt, nutzbar macht und erforscht.
(2) Sie erfüllt diese Aufgaben durch Errichtung und Unterhaltung eines eigenen Archivs. § 1 Abs. 5 gilt entsprechend.
(3) Archivwürdige Unterlagen, die zur Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigt werden, sind in das Archiv zu übernehmen. §§ 2, 3, 4 Absatz 3, §§ 5 bis 7, 8 Absatz 1 und § 9 Absatz 3 und 4 sowie § 13 gelten entsprechend. Über den Erlass einer Benutzungsordnung und die Erhebung von Kosten entscheidet die Stadtgemeinde Bremerhaven in eigener Zuständigkeit.
(1) Die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts tragen für ihr Archivgut entsprechend § 11 Absatz 1 dadurch Sorge, daß sie
eigene Archive einrichten und unterhalten, die den archivfachlichen Anforderungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 genügen,
das Archivgut einem anderen Archiv zur Übernahme anbieten, das die Verwahrung nach § 4 Absatz 3, die Rechte betroffener Personen nach § 5 und die Nutzung nach §§ 6 und 7 gewährleistet und hauptamtlich oder hauptberuflich von Personal betreut wird, das die Befähigung für eine Laufbahn des Archivdienstes besitzt oder sonst fachlich geeignet ist, oder
das Archivgut dem Staatsarchiv zur Übernahme anbieten (§ 3 Absatz 8).
Der Senator für Kultur stellt im Einvernehmen mit den Aufsichtsbehörden fest, ob in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 und 2 die Archive den Anforderungen genügen.
(2) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 sind archivwürdige Unterlagen, die zur Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigt werden, in diese Archive zu übernehmen. Im Übrigen gelten für diese Archive §§ 2, 3, 4 Absatz 3, §§ 5 bis 7, 8 Absatz 1 und § 9 Absatz 3 und 4 sowie § 13 entsprechend. Über den Erlass einer Benutzungsordnung und die Erhebung von Kosten entscheidet der Träger des Archivs.
Für Unterlagen, die das Staatsarchiv nach § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 von Stellen des Bundes übernommen hat, gelten die entsprechenden Regelungen und Schutzfristen des Bundesarchivgesetzes. Dies gilt auch für solches Archivgut, das Rechtsvorschriften des Bundes über Geheimhaltung unterliegt.
(1) Dieses Gesetz gilt nicht für die öffentlich-rechtlichen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie für öffentlich-rechtliche Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die am Wettbewerb teilnehmen, und deren Zusammenschlüsse.
(2) Bestehende Eigentums- und sonstige Rechtsverhältnisse am Archivgut werden durch dieses Gesetz nicht berührt.
(1) Dieses Gesetz tritt, soweit Absatz 2 nicht etwas anderes bestimmt, am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
(2) § 3 Abs. 5 und 6 und § 10 treten zwei Jahre nach der Verkündung in Kraft.
Bremen, den 7. Mai 1991
Der Senat