Zu unterscheiden sind Achtungsabstände (gelbe Kennzeichnung in den Karten) und angemessene Sicherheitsabstände (rote Kennzeichnung in den Karten).
Der abstrakte Achtungsabstand dient einer ersten Abschätzung des Gefährdungspotentials des Störfallbetriebes und berücksichtigt regelmäßig nicht die Besonderheiten des jeweiligen Betriebsbereiches und seiner Umgebung. Wird der Achtungsabstand eingehalten, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass sich durch die Ansiedlung der schutzbedürftigen Nutzung das Risiko eines schweren Unfalls weder vergrößert noch die Folgen eines solchen Unfalls verschlimmern. Er dient der Umsetzung des § 50 BlmSchG, wonach der erforderliche Abstand bereits bei der Bauleitplanung zu berücksichtigen ist.
Der Achtungsabstand ergibt sich aus den Leitfäden der Kommission für Anlagensicherheit (KAS), insbesondere aus KAS-18 (Leitfaden Empfehlung für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung, 2. überarbeitete Fassung vom November 2010) oder KAS-32 (Arbeitshilfe Szenarienspezifische Fragestellungen zum Leitfaden KAS-18, 2. überarbeitete Fassung vom November 2015).
Unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse des Betriebsbereichs sind in den meisten Fällen auch deutlich geringere Abstände möglich, die Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe a Seveso-III-Richtlinie als angemessene Sicherheitsabstände bezeichnet. Der angemessene Sicherheitsabstand dient dazu, die Folgen schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen für Wohngebiete und öffentlich genutzte Gebäude zu begrenzen. Er definiert sich nach den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2012 (Az. 4 C 11/11, Rn. 16ff.) einzelfallbezogen „anhand aller relevanten störfallspezifischen Faktoren“. Zu diesen Faktoren gehören die Art des Umganges mit den gefährlichen Stoffen im Produktionsprozess, technische Maßnahmen zur Verminderung des Unfallrisikos oder zur weiteren Begrenzung möglicher Unfallfolgen sowie Möglichkeiten des Einsatzes von Hilfskräften.
Zur Ermittlung des angemessenen Sicherheitsabstands sind regelmäßig Gutachten erforderlich, die im Regelfall von der Bauherrin oder dem Bauherrn vorzulegen sind. Hierzu ist ein Sachverständiger auf der Grundlage des § 29a BlmSchG zu beauftragen. Bei öffentlicher Beauftragung sind die Kosten des Gutachtens als Auslagen nach § 11 Absatz 1 Bremisches Gebühren- und Beitragsgesetz (BremGebBeitrG) durch den Bauherrn zu erstatten. Bei Einhaltung der ermittelten angemessenen Sicherheitsabstände kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass die Anforderungen der Seveso-III-Richtlinie eingehalten sind.
Sofern für einen Betriebsbereich noch kein angemessener Sicherheitsabstand bestimmt und von der Immissionsschutzbehörde veröffentlicht wurde, wird zunächst der Achtungsabstand nach KAS-18 als Grundlage für die weitere Beurteilung im baurechtlichen Verfahren herangezogen.