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G aufgeh. durch Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (Brem.GBl. S. 608)
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Geschäftsverteilung des Senats vom 02.08.2016 (Brem.GBl. S. 434) |
Inhaltsübersicht | |
Teil 1 Allgemeine Bestimmungen | |
§ 1 | Ziel des Gesetzes |
§ 2 | Behinderung |
§ 3 | Benachteiligung |
§ 4 | Barrierefreiheit |
§ 5 | Geltungsbereich |
Teil 2 Maßnahmen zur Gleichstellung behinderter Menschen | |
§ 6 | Benachteiligungsverbot |
§ 7 | Besondere Belange behinderter Frauen |
§ 8 | Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr |
§ 9 | Barrierefreie Informationstechnik |
§ 10 | Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen |
§ 11 | Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken |
§ 12 | Verbandsklagerecht |
§ 13 | Berichterstattung |
Teil 3 Beauftragte oder Beauftragter des Landes für die Belange behinderter Menschen | |
§ 14 | Amt der oder des Landesbehindertenbeauftragten |
§ 15 | Aufgaben und Befugnisse |
Teil 4 Schlussvorschriften | |
§ 16 | (weggefallen) |
Ziel dieses Gesetzes ist es, Benachteiligungen von behinderten Menschen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.
Eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn behinderte und nicht behinderte Menschen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch behinderte Menschen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden.
Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
Dieses Gesetz gilt für die Behörden des Landes Bremen und der Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven und die sonstigen nicht bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit Sitz im Land Bremen als Träger öffentlicher Gewalt. Sie sollen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel und nach Maßgabe der §§ 8 bis 11 für die dort beschriebenen Regelungsbereiche insbesondere geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit, soweit diese in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich noch nicht gewährleistet ist, ergreifen und gemäß §§ 6 und 7 auf die Beseitigung bestehender und die Vermeidung neuer Benachteiligungen hinwirken.
(1) Behinderte Menschen dürfen gegenüber nicht behinderten Menschen nicht benachteiligt werden. Bestehende Benachteiligungen behinderter Menschen gegenüber nicht behinderten Menschen sollen durch besondere Maßnahmen abgebaut, verhindert oder beseitigt werden.
(2) Besondere Benachteiligungsverbote zu Gunsten behinderter Menschen in anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
Bei der Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange behinderter Frauen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei soll durch besondere Maßnahmen die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von behinderten Frauen gefördert und bestehende Benachteiligungen abgebaut oder beseitigt werden.
(1) Neubauten sowie große Um- oder Erweiterungsbauten der in § 5 genannten Stellen sollen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestaltet werden. Von diesen Anforderungen kann abgewichen werden, wenn mit einer anderen Lösung in gleichem Maß die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt werden oder wenn die Anforderungen an Neubauten und große Um- und Erweiterungsbauten nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können.
(2) Sonstige bauliche oder andere Anlagen des Landes und der Stadtgemeinden, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personennahverkehr sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften barrierefrei zu gestalten.
(1) Die in § 5 genannten Stellen haben ihre Internet- und Intranetseiten sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, schrittweise technisch so zu gestalten, dass sie auch von behinderten Menschen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können.
(2) [1]Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen über die barrierefreie Gestaltung der Informationstechnik im Sinne des Absatzes 1 zu treffen und die dabei anzuwendenden Standards nach Maßgabe der technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten festzulegen. Die nach § 12 Abs. 4 anerkannten Verbände behinderter Menschen sind bei der Vorbereitung der Rechtsverordnung zu beteiligen.
Absatz 2 in Kraft mit Wirkung vom 31.03.2004
(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.
(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.
(3) Gehörlose und hörbehinderte Menschen und Menschen mit eingeschränkter Sprechfähigkeit haben nach Maßgabe der Verordnung nach Absatz 4 das Recht, mit den in § 5 genannten Stellen in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die in § 5 genannten Stellen haben dafür auf Wunsch der Berechtigten im erforderlichen Umfang die Übersetzung durch Gebärdendolmetscherinnen oder Gebärdendolmetscher oder die Verständigung mit anderen Kommunikationshilfen sicherzustellen; sie tragen die hierzu notwendigen Aufwendungen.
(4) [1]Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen über die Heranziehung von Gebärdendolmetscherinnen und Gebärdendolmetschern und die Grundsätze für deren angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für die Dolmetscherdienste oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen zu treffen. Die nach § 12 Abs. 4 anerkannten Verbände behinderter Menschen sind bei der Vorbereitung der Rechtsverordnung zu beteiligen.
Absatz 4 in Kraft mit Wirkung vom 31.03.2004
(1) Die in § 5 genannten Stellen haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken die besonderen Belange davon betroffener behinderter Menschen zu berücksichtigen. Blinden und sehbehinderten Menschen sind nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 die in Satz 1 genannten Dokumente auf ihren Wunsch ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist.
(2) [1]Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen darüber zu treffen, bei welchen Anlässen und in welcher Art und Weise die in Absatz 1 Satz 1 genannten Dokumente blinden und sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden. Die nach § 12 Absatz 4 anerkannten Verbände behinderter Menschen sind bei der Vorbereitung der Rechtsverordnung zu beteiligen.
Absatz 2 in Kraft mit Wirkung vom 31.03.2004
(1) Ein nach Absatz 4 anerkannter Verband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung Klage erheben auf Feststellung eines Verstoßes durch die in § 5 genannten Stellen gegen
das Benachteiligungsverbot nach § 6 Abs. 1 und die Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit in § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 3 oder § 11 Abs. 1 Satz 2 oder gegen Bestimmungen der hierzu erlassenen Rechtsverordnungen,
die Vorschriften des Landesrechts zur Herstellung der Barrierefreiheit in § 9 Abs. 1 des Bremischen Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege, § 34 Sätze 3 und 4 der Bremischen Landeswahlordnung, § 16 Abs. 1 und 2 der Wahlordnung zum Bremischen Personalvertretungsgesetz, § 9 Abs. 3 und 4 der Wahlordnung zur Wahl der Frauenbeauftragten oder § 10 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 Satz 2 des Bremischen Landesstraßengesetzes,
die Vorschriften zur Herstellung der Barrierefreiheit nach der Bremischen Landesbauordnung bei der Erteilung von Baugenehmigungen.
(2) Eine Klage nach Absatz 1 ist nicht zulässig, wenn die angegriffene Maßnahme
den Verband nicht in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt,
auf Grund einer Entscheidung in einem gerichtlichen Verfahren erlassen worden ist oder
in einem gerichtlichen Verfahren als rechtmäßig bestätigt worden ist.
Soweit ein behinderter Mensch selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, ist eine Klage nach Absatz 1 nur zulässig, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der angegriffenen Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle vorliegt.
(3) Vor Erhebung einer Klage nach Absatz 1 ist ein Vorverfahren entsprechend den Bestimmungen der §§ 68 bis 73 der Verwaltungsgerichtsordnung in der jeweils geltenden Fassung durchzuführen; dies gilt auch dann, wenn die angegriffene Maßnahme von einer obersten Landesbehörde getroffen worden ist.
(4) Die Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen soll einen Verband anerkennen, der
nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend die Belange behinderter Menschen fördert,
nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder dazu berufen ist, Interessen behinderter Menschen auf der Ebene des Bundes oder des Landes zu vertreten,
zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in dieser Zeit im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet und
den Anforderungen der Gemeinnützigkeit oder Mildtätigkeit im Sinne der Abgabenordnung genügt.
(5) Wird in einem Fall des Absatzes 1 ein behinderter Mensch in seinen Rechten verletzt, kann an seiner Stelle und mit seinem Einverständnis ein nach Absatz 4 anerkannter Verband, der nicht selbst am Verfahren beteiligt ist, Rechtsschutz beantragen; in diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den behinderten Menschen selbst vorliegen.
(6) Ein nach § 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen durch das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung anerkannter Verband gilt auch als anerkannt im Sinne des Absatz 4; Entsprechendes gilt für rechtlich selbständige Mitgliedsvereine eines solchen Verbandes.
(7) Bei Wegfall einer der in Absatz 4 genannten Voraussetzungen kann die Anerkennung nach Anhörung des betroffenen Verbandes widerrufen werden. Mit einem Widerruf seitens des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung entfällt für Verbände nach Absatz 6 die Anerkennung durch die Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen.
Der Senat berichtet einmal in jeder Legislaturperiode der Bürgerschaft über die Erfahrungen mit diesem Gesetz, seine Auswirkungen und Anwendungsprobleme in der Praxis und Fragen der Benachteiligung behinderter Menschen. Alle Feststellungen des Berichts sind geschlechtsdifferenziert zu treffen. Den nach § 12 Abs. 4 anerkannten Verbänden behinderter Menschen ist bei der Vorbereitung des Berichts Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sie wird der Bürgerschaft mit dem Bericht zugeleitet.
(1) Der Präsident der Bürgerschaft schlägt die beauftragte Person vor, nachdem er von den verbandsklageberechtigten Verbänden nach § 12 eine Stellungnahme zu seinem Vorschlag eingeholt hat. Die Bürgerschaft (Landtag) wählt die auf Vorschlag des Präsidenten beauftragte Person für einen Zeitraum von sechs Jahren. Sie wird danach vom Vorstand der Bürgerschaft ernannt.
(2) Die beauftragte Person soll möglichst ein Mensch mit Behinderung sein.
(3) Die beauftragte Person ist in der Wahrnehmung des Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.
(4) Der beauftragten Person sind für die Erfüllung ihrer Aufgaben die notwendigen Personal- und Sachmittel zur Verfügung zu stellen.
(1) Die beauftragte Person wirkt auf gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderung in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens hin.
(2) Die beauftragte Person wirkt darauf hin, dass die Verpflichtung der Träger öffentlicher Gewalt, für die Gleichstellung behinderter Menschen und die Beseitigung geschlechtsspezifischer Benachteiligungen behinderter Frauen zu sorgen, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens erfüllt wird.
(3) Die beauftragte Person ist in der Ausübung ihres Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Sie steht den Bürgerinnen und Bürgern mit und ohne Behinderung und ihren Verbänden im Sinne einer Ombudsfunktion als Mittler zwischen den Interessen behinderter Menschen, Behindertenverbänden und Organisationen, die behinderte Menschen vertreten, Rehabilitationsträgern, Einrichtungen für behinderte Menschen und der öffentlichen Verwaltung sowie der Bürgerschaft (Landtag) zur Verfügung.
(4) Jede Bürgerin und jeder Bürger kann sich an die beauftragte Person wenden, wenn die Ansicht besteht, dass Rechte von behinderten Menschen beeinträchtigt werden. Niemand darf deswegen benachteiligt werden.
(5) Der Senat beteiligt die beauftragte Person bei allen Vorhaben des Senats, die die Belange behinderter Menschen betreffen; sie hat das Recht auf frühzeitige Information und kann jederzeit Stellungnahmen abgeben.
(6) Der Senat trägt dafür Sorge, dass alle Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Aufgaben die beauftragte Person bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen und ihr auf Anforderung die hierfür erforderlichen Auskünfte unter Beachtung datenschutzrechtlicher Vorschriften erteilen.
(7) Stellt die beauftragte Person Verstöße gegen das Verbot der Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen oder gegen die Bestimmungen zur Barrierefreiheit fest oder werden andere Verpflichtungen aus dem Gesetz nicht eingehalten, so beanstandet sie dies gegenüber dem Träger öffentlicher Aufgaben oder dem zuständigen Mitglied des Senats. Die beauftragte Person kann sich zur Abhilfe auch an die Präsidentin oder den Präsidenten der Bürgerschaft (Landtag) wenden.
(8) Die beauftragte Person nimmt zum Bericht des Senats zur Lage der Menschen mit Behinderung Stellung und legt der Bürgerschaft (Landtag) alle zwei Jahre einen Bericht über ihre eigene Tätigkeit vor. In der Aussprache über den Tätigkeitsbericht kann die Bürgerschaft (Landtag) der beauftragten Person Gelegenheit zur Vorstellung des Tätigkeitsberichts geben.