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Eine Änderung der Verfassung der Jüdischen Gemeinde im Lande Bremen ist dem Senat mitzuteilen.
Auf Verlangen des Senats ist ihm auch über andere wesentliche Verhältnisse der Jüdischen Gemeinde im Lande Bremen, insbesondere über die Zahl der Mitglieder, über die Zusammensetzung der Verwaltungsorgane der Gemeinde und über ihre Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben.
Bekanntgemacht im Auftrage des Senats.
Bremen, den 13. Mai 1952.
Mitglieder der Gemeinde können alle Personen mit Wohnsitz im Lande Bremen werden, welche, nach dem jüdischen Religionsgesetz Juden sind.
Die Mitgliedschaft wird durch Aufnahme erworben, welche der Gemeindevorstand den Beitretenden oder ihrem gesetzlichen Vertreter schriftlich erklärt.
Mitglieder der Gemeinde werden ohne Aufnahme die minderjährigen Kinder von Eltern, welche beide Gemeindemitglieder sind.
Die Mitglieder sind zu ehrenamtlicher Mitarbeit nach ihren Kräften verpflichtet, sofern nicht triftige Gründe dagegen bestehen.
Die Mitgliedschaft geht verloren
durch Erklärung des Austritts aus der Gemeinde gegenüber dem zuständigen Standesbeamten;
durch Austritt aus dem Judentum, erklärt gegenüber dem zuständigen Standesbeamten, oder durch Annahme einer anderen Religion;
durch Verlegung des Wohnsitzes nach einem Ort außerhalb des Landes Bremen, es sei denn, daß die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft mit dem Gemeindevorstand
durch Ableben;
durch Ausschließung wegen Gemeinde-Unwürdigkeit durch den Vorstand.
Die Mitgliedschaft erlischt mit ordentlicher Bekanntgabe der vorstehenden Verlustgründe. Für die Befreiung der bisherigen Mitglieder von Leistungen gegenüber der Gemeinde gilt das Bremische Recht.
Der Vorstand der Gemeinde besteht aus sieben Gemeindemitgliedern (Vorsteher) mit, gleichem Stimmrecht, welche eine Mitgliederversammlung auf die Dauer von drei Jahren wählt. Wiederwahl ist zulässig. Scheidet ein Vorsteher vorzeitig aus, so können die übrigen Vorstandsmitglieder für die restliche Amtszeit des Ausscheidenden einen anderen Vorsteher kooptieren. Wählbar ist jedes unbescholtene Gemeindemitglied, das mindestens 25 Jahre alt ist und mindestens sechs Monate Mitglied der Gemeinde ist.
Der Vorstand wählt nach seiner Konstituierung ein Präsidium, bestehend aus dem Vorsitzenden und zwei stellvertretenden Vorsitzenden.
Das (Präsidium verwaltet die Gemeindegeschäfte; es vertritt die Gemeinde nach außen durch zwei seiner Mitglieder, darunter in der Regel den Vorsitzenden.
Dem Vorstand liegt die Beschlußfassung über alle wichtigen Gemeindeangelegenheiten ob. Er entscheidet mit einfacher Mehrheit, bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende. Zu seinen Sitzungen kann der Vorstand geeignete Persönlichkeiten als Sachverständige oder Gäste - ohne Stimmrecht - hinzuziehen.
Ein Vorsteher verliert sein Amt, wenn der Vorstand unter Innehaltung der Bestimmungen über Verfahren und Mehrheit bei Verfassungsänderungen und nach Anhören dieses Vorsteherses beschließt. Dem ausgeschlossenen Vorsteher steht das Recht auf Berufung in einer ad hoc einzuberufenden Mitgliederversammlung zu.
Jedes Jahr findet eine ordentliche Mitgliederversammlung statt, in der Ersatzwahlen für. die durch Ablauf ihrer Wahlperiode ausscheidende - Vorstandsmitglieder vorzunehmen sind. Die Versammlung ist durch den Vorstand unter Bekanntgabe der Tagesordnung unter Wahrung einer Frist von sechs Tagen zu berufen. Stimmberechtigt in der Mitgliederversammlung sind alle Gemeindemitglieder, die am Tage der Versammlung das 20. Lebensjahr vollendet haben.
Der Vorstand kann nach seinem Ermessen außerordentliche Mitgliederversammlungen berufen, wenn ihm dies geboten scheint oder ein Drittel der Mitglieder dies verlangt.
Der Gemeinde liegen insbesondere ob:
Fürsorge für den jüdischen Kultus;
Fürsorge für das jüdische Bestattungswesen;
jüdische Wohlfahrtspflege;
jüdische Bildung, Lehre und religiöse Unterhaltung;
jüdische Statistik und Archiv;
eigene Selbstverwaltung (einschl. der Finanzgebarung und Vermögensverwaltung).
Der Vorstand kann weitere jüdische Aufgabengebiete nach Anhörung der Mitgliederversammlung übernehmen.
Politische Angelegenheiten aller Art sind vom gesamten Tätigkeitsgebiet der Gemeinde ausgeschlossen.
Für einzelne Aufgabengebiete kann der Vorstand besondere Ausschüsse bilden und abberufen. Ausschußmitglieder können volljährige Gemeindemitglieder sein. Jedem Ausschuß soll wenigstens ein Vorsteher angehören. Die Amtszeit eines Ausschußmitgliedes endet spätestens nach drei Jahren. Wiederwahl ist zulässig.
Die Ausschüsse sind nicht befugt, die Gemeinde nach außen zu vertreten. Sie haben grundsätzliche oder wichtige Fragen dem Vorstand zur Entscheidung vorzulegen.
Der Kultus wird nach dem jüdischen Religionsgesetz durch eine Kultuskommission geleitet. Ihr gehören nur männliche Gemeindemitglieder an. Im übrigen finden auf die Kultuskommission die Bestimmungen über Gemeindeausschüsse Anwendung.
Der Vorstand kann die Kultuskommission mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Bestattungswesens betrauen.
Der Vorstand beschließt Ordnungen über die Erhebung gemeindlicher Steuern und Beiträge von den Mitgliedern.
Der Vorstand stellt alljährlich - nach Vorberatung im Finanzausschuß - einen Haushaltsplan für das kommende Jahr auf.
über Abweichungen vom Haushaltsplan, die nur bei Vorliegen triftiger Gründe zulässig sind, hat der Vorstand zu beschließen.
Geschäftsjahr der Gemeinde ist das Kalenderjahr.
Diese Verfassung darf nur geändert werden, wenn der Vorstand sie mit einer Mehrheit von fünf Vorstehern beschließt.
Verfassungsänderungen bedürfen einer zweiten Lesung im Vorstand, welche nicht vor Ablauf von 14 Tagen nach der ersten Lesung stattfinden darf.
Einer zweiten Lesung bedarf es nicht, wenn eine Mitgliederversammlung die vom Vorstand beschlossene Verfassungsänderung angenommen hat.
Der Ablauf der Amtszeit der gegenwärtig im Amt befindlichen Vorsteher wird zum 31. Dezember 1952 bestimmt. Mit Inkrafttreten und staatlicher Genehmigung dieser Verfassung erhalten die derzeitigen Vorsteher volle Stimmberechtigung.
Von den im Jahre 1952 für die Zeit nach dem 31. Dezember 1952 neu zu wählenden Vorstandsmitgliedern scheiden zwei am 31. Dezember 1953 und zwei am 31. Dezember 1954 aus. Die Ausscheidenden werden durch das Los bestimmt. Ihre Wiederwahl ist zulässig.