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Gesetz über die Gutachterstelle für die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden

Veröffentlichungsdatum:26.07.1972 Inkrafttreten25.10.2005 Zuletzt geändert durch:zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 18. Oktober 2005 (Brem.GBl. S. 547)
Fundstelle Brem.GBl. 1972, S. 148
Gliederungsnummer:45-h-1
Zitiervorschlag: "Gesetz über die Gutachterstelle für die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden vom 11. Juli 1972 (Brem.GBl. 1972, S. 148), zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 18. Oktober 2005 (Brem.GBl. S. 547)"

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juris-Abkürzung: KastrGutachtStG BR
Dokumenttyp: Gesetze und Rechtsverordnungen
Dokumenttyp: Wappen Bremen
Gliederungs-Nr:: 45-h-1
juris-Abkürzung:KastrGutachtStG BR
Ausfertigungsdatum:11.07.1972
Gültig ab:27.07.1972
Dokumenttyp: Gesetz
Quelle:Wappen Bremen
Fundstelle:Brem.GBl. 1972, 148
Gliederungs-Nr:45-h-1
Gesetz über die Gutachterstelle für die freiwillige
Kastration und andere Behandlungsmethoden
Vom 11. Juli 1972
Zum 20.11.2024 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 18. Oktober 2005 (Brem.GBl. S. 547)

Der Senat verkündet das nachstehende, von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene Gesetz:

Abschnitt I
Einrichtung, Aufgaben und Verfassung der Gutachterstelle

§ 1
Einrichtung, Aufgaben

(1) Als Einrichtung der Ärztekammer Bremen wird eine Gutachterstelle für die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden gebildet.

(2) Die Gutachterstelle nimmt die in § 5 Absatz 1 und 2 des Gesetzes über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden vom 15. August 1969 (BGBl. I 1143) - Kastrationsgesetz - bezeichneten Aufgaben wahr.

§ 2
Zusammensetzung

Die Gutachterstelle besteht aus zwei Ärzten, davon mindestens einem Facharzt für Psychiatrie, und einem Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz.

§ 3
Bestellung, Amtszeit

(1) Die Ärztekammer bestellt die Mitglieder der Gutachterstelle und für jedes Mitglied zwei Stellvertreter. Das zum Richteramt befähigte Mitglied und seine Stellvertreter werden auf Vorschlag des Senators für Justiz und Verfassung bestellt; es sind jeweils mindestens zwei Personen zur Auswahl vorzuschlagen.

(2) Die Mitglieder werden für eine Amtszeit von 4 Jahren bestellt. Die erneute Bestellung nach Ablauf der Amtszeit ist zulässig.

§ 4
Ende der Mitgliedschaft

(1) Die Mitglieder können ihr Amt jederzeit durch schriftliche Erklärung gegenüber der Ärztekammer niederlegen.

(2) Ein Mitglied ist abzuberufen, wenn

1.

eine Bestellungsvoraussetzung entfällt oder ihr Fehlen sich nachträglich herausstellt;

2.

in seiner Person ein wichtiger Grund vorliegt, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur weiteren Wahrnehmung seiner Aufgaben ergibt.

(3) Begründen Tatsachen den Verdacht auf das Vorliegen eines Abberufungsgrundes, kann dem Mitglied die Amtsführung bis zur Klärung vorläufig untersagt werden.

§ 5
Rechtsstellung der Mitglieder

(1) Die Mitglieder der Gutachterstelle sind ehrenamtlich tätig. Sie sind an Aufträge und Einzelweisungen nicht gebunden.

(2) Sie erhalten von der Ärztekammer eine Entschädigung für den mit ihrer Tätigkeit verbundenen Aufwand.

§ 6
Ausschluß im Einzelfall

Ein Mitglied ist im Einzelfall von der Mitwirkung ausgeschlossen, wenn es

1.

den Betroffenen ärztlich behandelt oder begutachtet hat oder für ihn als Rechtsanwalt tätig gewesen ist;

2.

zu dem Betroffenen in einem Verhältnis der in § 22 Nr. 2 und 3 der Strafprozeßordnung bezeichneten Art steht.


§ 7
Führung der Geschäfte

Die Führung der Geschäfte der Gutachterstelle obliegt dem zum Richteramt befähigten Mitglied.

§ 8
Eintritt der Stellvertreter

(1) Scheidet ein Mitglied vor dem Ende der Amtszeit aus der Gutachterstelle aus, tritt für ihren Rest der Stellvertreter an seine Stelle.

(2) Ist einem Mitglied die Amtsführung vorläufig untersagt, ist es im Einzelfall von der Mitwirkung ausgeschlossen oder aus anderen Gründen an der Wahrnehmung seiner Aufgaben gehindert, tritt der Stellvertreter für die Dauer der Verhinderung ein.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für den weiteren Stellvertreter bei Ausscheiden oder Verhinderung des eingetretenen Stellvertreters.

(4) Die Vorschriften für die Mitglieder gelten für die Stellvertreter entsprechend.

Abschnitt II
Verfahren der Gutachterstelle

§ 9
Antrag

(1) Die Gutachterstelle wird auf Antrag tätig.

(2) Antragsberechtigt sind der Betroffene und die Personen, deren Einwilligung in die Behandlung in den Fällen des § 3 Absatz 3 und 4 sowie des § 4 des Kastrationsgesetzes erforderlich ist.

(3) Die Gutachterstelle kann die Bearbeitung von Anträgen ablehnen, wenn der Betroffene keinen ständigen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet des Landes Bremen hat.

§ 10
Erhebungen

Die Gutachterstelle verschafft sich durch eine ärztliche Untersuchung des Betroffenen und die gebotenen weiteren Erhebungen die Erkenntnisse, derer sie für die Beurteilung bedarf, ob die Voraussetzungen des § 2 des Kastrationsgesetzes gegeben sind. Soweit ihr das erforderlich erscheint, zieht sie die über den Betroffenen in gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Verfahren entstandenen Akten und sonstigen Unterlagen heran und wertet sie aus.

§ 11
Aufklärungen, Einwilligung, Einverständnis

(1) Die Gutachterstelle nimmt die Aufklärungen vor, von denen nach den §§ 3 und 4 des Kastrationsgesetzes die Wirksamkeit der für die Zulässigkeit der Kastration oder einer anderen Behandlungsmethode nach § 4 erforderlichen Einwilligung und, im Falle des § 3 Absatz 3 Nr. 1 des Kastrationsgesetzes, des erforderlichen Einverständnisses abhängt. Wird der Betroffene auf richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt, so ist die Aufklärung auch darauf zu erstrecken, daß er durch die Kastration oder eine andere Behandlungsmethode nach § 4 des Kastrationsgesetzes keinen Anspruch auf vorzeitige Entlassung erlangt.

(2) Der Betroffene ist darauf hinzuweisen, daß es in seinem eigenen Interesse ratsam ist, sich nach der Kastration Nachuntersuchungen zu unterziehen.

(3) Sodann führt die Gutachterstelle eine schriftliche Erklärung des Aufgeklärten über die Einwilligung (das Einverständnis) herbei oder macht, wenn diese nicht möglich ist, die Einwilligung (das Einverständnis) aktenkundig.

§ 12
Anhörung des Ehegatten

Der Ehegatte des Betroffenen ist anzuhören, sofern nicht der Betroffene widerspricht oder die Anhörung aus Gründen des Einzelfalles untunlich ist.

§ 13
Unmittelbarkeit

(1) Die Gutachterstelle trifft die Maßnahmen nach den §§ 10 bis 12 durch ihre Mitglieder. Zur Vornahme einzelner Maßnahmen kann sie auch andere Ärzte oder Psychologen mit deren Einverständnis zuziehen, wenn ihr das im Einzelfall geboten erscheint.

(2) Um die Vornahme einzelner Maßnahmen kann auch die Gutachterstelle eines anderen Landes ersucht werden. Entsprechende Ersuchen der Gutachterstellen anderer Länder dürfen nicht abgelehnt werden.

§ 14
Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht

In den Fällen des § 6 des Kastrationsgesetzes kann die Bestätigung vor der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung erteilt werden.

§ 15
Aktenführung

Zu jedem bei der Gutachterstelle eingehenden Antrag werden Akten angelegt. In ihnen werden die getroffenen Maßnahmen und ihre Ergebnisse festgehalten.

§ 16
Entscheidung

(1) Die Gutachterstelle trifft ihre Entscheidung nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit.

(2) Eine die Bestätigung versagende Entscheidung ist zu begründen.

(3) In die Bestätigung sind aufzunehmen

1.

der Zeitpunkt, an dem die Genehmigung ihre Wirksamkeit verliert;

2.

der Hinweis auf die ärztliche Mitteilungspflicht nach § 20;

3.

der Hinweis darauf, daß Nachuntersuchungen ratsam sind (§ 11 Absatz 2);

4.

in den Fällen des § 6 des Kastrationsgesetzes der Hinweis darauf, daß die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich ist.

(4) Die Entscheidung ist dem Betroffenen und den weiteren nach § 9 Absatz 2 antragsberechtigten Personen schriftlich bekanntzugeben.

§ 17
Wirksamkeit der Bestätigung

(1) Die Bestätigung wird unwirksam, wenn nicht innerhalb eines Jahres nach ihrer Erteilung die Kastration durchgeführt oder mit einer anderen Behandlung begonnen wird.

(2) Die Gutachterstelle kann auf Antrag einer der in § 9 Absatz 2 bezeichneten Personen die Wirksamkeit der Bestätigung um ein Jahr verlängern.

§ 18
Haftpflicht bei Amtspflichtverletzung

Verletzt ein Mitglied der Gutachterstelle in Ausübung seiner Tätigkeit die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit das Land.

§ 19
Verfahrenskosten

Das Verfahren vor der Gutachterstelle ist gebühren- und auslagenfrei.

Abschnitt III
Schlußvorschriften

§ 20
Mitteilungspflicht

Die Durchführung der Kastration oder, im Falle des § 4 des Kastrationsgesetzes, den Beginn der Behandlung hat der ausführende Arzt der Gutachterstelle unverzüglich mitzuteilen.

§ 21
(aufgehoben)

§ 22
Erstattung von Auslagen

Der Ärztekammer sind am Schluß eines jeden Rechnungsjahres von der Freien Hansestadt Bremen zu erstatten

1.

die den Mitgliedern gezahlte Aufwandsentschädigung (§ 5 Absatz 2) in der sich aus dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz ergebenden Höhe;

2.

Reisekosten, die Mitgliedern der Gutachterstelle anläßlich von Untersuchungen, Anhörungen oder Aufklärungen erwachsen sind;

3.

Kosten, die durch Aufträge nach § 13 Absatz 1 Satz 2 entstanden sind.


§ 23
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Bremen, den 11. Juli 1972

Der Senat


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