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Politische Taten, durch die dem Nationalsozialismus oder Militarismus Widerstand geleistet wurde, sind nicht strafbar. Straffrei ist insbesondere:
wer es unternahm, die nationalsozialistische Gewaltherrschaft zu stürzen oder zu schwächen,
wer aus Überzeugung Vorschriften unbeachtet ließ, die überwiegend der Aufrechterhaltung. der nationalsozialistischen -Gewaltherrschaft oder der totalen Kriegführung dienten,
wer für sein Verhalten allein nach nationalsozialistischer Auffassung zu bestrafen war,
wer einen anderen der politischen Bestrafung, entziehen, wollte.
Straftaten, die im Sinne des § 1 Ziff. 3 zu bestrafen waren, sind insbesondere Verstöße gegen:
das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli 1933 (RGBl. I, S. 439),
den § 1 Abs. 1 und 2 sowie § 2 des Gesetzes gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei vorn 20. Dezember 1934 RGBl. LS. 1269),
den § 2 des Gesetzes zur Gewährleistung des Rechtsfriedens vom 13. Oktober 1933 (RGBl. L S. 723),
das Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15. September 1935 (RGBl. I, S. 1146),
die 1. Verordnung zur Durchführung des Reichsflaggengesetzes vom 24. Oktober 1935 (RGBl. I. S. 1253),
die Verordnung gegen die Unterstützung der Tarnung jüdischer Gewerbebetriebe vom 22. April 1938 (RGBl. I; S. 404),
die Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen vom 1. September 1939 (RGBl. I, S. 1683),
den § 4 der Verordnung zur Ergänzung der Strafvorschriften zum. Schutze der Wehrkraft des deutschen Volkes vom 25. November 1939 (RGBl. I, S. 2319),
die anderen auf Grund des Artikels I des Gesetzes Nr. 1 des Kontrollrates (Aufhebung von nationalsozialistischen Gesetzen), (Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland Nr. 1, Seite 6) und der Artikel I und II des Gesetzes Nr. 11 des Kontrollrates (Aufhebung einzelner Bestimmungen des deutschen Strafrechts), (Amtsblatt des Kontrollrates in Deutschland Nr. 3, S. 55) aufgehobenen gesetzlichen Vorschriften.
Ist wegen einer der in den §§ 1 und 2 auf geführten Handlungen während der nationalsozialistischen Herrschaft rechtskräftig auf Strafe erkannt, so ist das Urteil auf Antrag des Staatsanwaltes, des Verurteilten oder seiner Hinterbliebenen (§ 361 Strafrechtspflegeordnung) aufzuheben, es sei denn, daß es auf Grund § 9 kraft Gesetzes als aufgehoben gilt. Der Antrag ist innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zu stellen.
Die Aufhebung erfolgt durch Beschluß.
Zuständig, ist das Landgericht, in dessen Bezirk das Verfahren stattgefunden hat.
Ist das Urteil vom Reichsgericht in erster Instanz, vom Volksgerichtshof oder von einem Gericht, an dessen Sitz keine deutsche Gerichtsbarkeit mehr besteht, oder von einem sonst nicht mehr bestehenden Gericht erlassen worden, so ist das Landgericht zuständig, in dessen Bezirk der Verurteilte zur Zeit der Verurteilung seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hatte oder der Verurteilte oder seine Hinterbliebenen zur Zeit der Antragstellung haben.
Erscheint es nach Lage des Falles zweifelhaft, ob die Voraussetzungen des § 1 vorliegen, so ist die dem Täter günstigere Auslegung zugrunde zu legen.
Straferkenntnisse, welche ausschließlich wegen Verstoßes gegen eine der in § 2 bezeichneten Vorschriften ergangen sind, sind durch dieses Gesetz aufgehoben, ohne daß es einer gerichtlichen Entscheidung bedarf.
Hierüber erteilt die Staatsanwaltschaft auf Antrag, eine Bescheinigung.
Zuständig ist die Staatsanwaltschaft, die das Verfahren eingeleitet hatte oder in deren Bezirk der Verurteilte zur Zelt der Tat seinen Wohnsitz gehabt hat. Ist danach keine Staatsanwaltschaft zuständig, so kann der Senator für Rechtspflege und Strafvollzug die Bescheinigung erteilen.