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Neufassung der Richtlinien zur Vermarktung von Grundstücken des Landes
und der Stadtgemeinde Bremen und zum Erwerb von Grundstücken
Vom 8. November 2024
Vorbemerkung
Die Richtlinien zur Vermarktung von Grundstücken des Landes und der Stadtgemeinde Bremen und zum Erwerb von Grundstücken werden neu gefasst und ergänzen die Verwaltungsvorschriften (VV-LHO) zu den §§ 63, 64 der Haushaltsordnung der Freien Hansestadt Bremen (Landeshaushaltsordnung – LHO).
Die nachfolgenden Richtlinien sind bei der Vermarktung (Erbbaurecht oder Veräußerung) von Grundstücken sowie bei der Bestellung von dinglichen Rechten und beim Erwerb von Grundstücken anzuwenden.
Die Regelungen in der LHO und den VV-LHO in ihren jeweils gültigen Fassungen sind vorrangig zu beachten. Dies gilt insbesondere für den vollen Wert bei Veräußerungen und Erbbaurechten sowie Wertermittlungen.
Die Regelungen des Kartell-Vergaberechts, des EU-Beihilferechts und des Eisenbahnrechts bleiben unberührt.
Über die Vermarktung und den Erwerb von Grundstücken sowie die Bestellung von dinglichen Rechten entscheidet das federführende Ressort. Es bedarf der Zustimmung des Senats, wenn die Angelegenheit für die gesamte Verwaltung von Bedeutung ist und der Umgang mit dem Grundstück nicht Gegenstand vorheriger Senatsentscheidungen war. Eine Betroffenheit der Gesamtverwaltung liegt insbesondere vor, wenn die Vermarktung oder der Erwerb von Grundstücken von grundsätzlicher Bedeutung ist, es sich um einen wichtigen Einzelfall handelt oder von Leitlinien oder Entwicklungszielen abgewichen werden soll, die vom Senat, der Bremischen Bürgerschaft oder den Deputationen beschlossen worden sind.
Die Bremische Bürgerschaft beschließt über Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken gemäß Artikel 101 Absatz 1, Ziffer 6 Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen (BremLV), in ihrer jeweils gültigen Fassung. Die Bürgerschaft (Stadt/Land) kann diese Befugnis ihrem Haushalts- und Finanzausschuss (Stadt/Land) übertragen. Geschäfte der laufenden Verwaltung im Sinne von Artikel 101 Absatz 1, Ziffer 6 BremLV benötigen nicht die Zustimmung der Bürgerschaft bzw. des Haushalts- und Finanzausschusses.
Grundstücke dürfen nur vermarktet werden, wenn sie zur Erfüllung der Aufgaben des Landes oder der Stadtgemeinde Bremen in absehbarer Zeit nicht benötigt werden.
Ein Erwerb von Grundstücken erfolgt nur nach Erstellung einer Wertempfehlung sowie zum Marktwert und soweit die Grundstücke zur Erfüllung der Aufgaben des Landes oder der Stadtgemeinde Bremen in absehbarer Zeit erforderlich sind oder für die langfristigen strategischen Ziele gehalten werden sollen oder benötigt werden (vgl. § 63 Absatz 1 und 2 LHO).
Die Vermarktung erfolgt durch Bestellung eines Erbbaurechtes oder Veräußerung. Die Entscheidung, ob ein Erbbaurecht begründet werden oder eine Veräußerung erfolgen soll, richtet sich nach dem Leitfaden zur Bestellung von Erbbaurechten für die Bereiche Wohnen und Gemeinbedarf für die Stadtgemeinde Bremen (https://www.transparenz.bremen.de/metainformationen/leitfaden-zur-bestellung-von-erbbaurechten-fuer-die-bereiche-wohnen-und-gemeinbedarf-fuer-die-stadtgemeinde-bremen-229350). Es finden weiterhin Anwendung die gebietsbezogenen Verfahrensregelungen zur grundsätzlichen Vergabe von gewerblichen Grundstücken per Erbbaurecht in ihrer jeweils gültigen Fassung.
Das Vermarktungsverfahren beschreibt den Prozess ab Entscheidung über die Vermarktung (Erbbaurecht oder Veräußerung) bis zur Auswahl des Bietenden. Bei dem Vermarktungsverfahren handelt es sich grundsätzlich nicht um ein Vergabeverfahren im vergaberechtlichen Sinne. Sollten ausnahmsweise die Voraussetzungen eines Vergabeverfahrens erfüllt sein, sind die Vergabevorgaben einschlägig und zwingend zu beachten. Insbesondere ist dies der Fall, wenn das Land oder die Stadtgemeinde Bremen nach der Veräußerung an der nachfolgenden Bauleistung entscheidenden Einfluss auf die Art und Planung hat und die Bauleistung dem Land oder der Stadtgemeinde Bremen wirtschaftlich zugutekommt. Dieser Fall sowie weitere Sachverhaltsgestaltungen, die dem Vergaberecht unterfallen, sind nicht Gegenstand dieser Richtlinie.
Für die Vermarktung können sowohl ein Höchstgebot, ein Mindestgebot oder ein Festpreis als auch städtebauliche oder konzeptionelle Aspekte berücksichtigt werden. Zudem ist auf eine nachhaltige Wirkung der Vermarktung in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht zu achten. Möglich sind auch Mischformen aus den vorgenannten Aspekten. Ortspolitische Interessen bezüglich der Entwicklung und Sicherung der sozialen Infrastruktur sind entsprechend den Bestimmungen des Ortsgesetzes über Beiräte und Ortsämter zu berücksichtigen.
Für Baugemeinschaften mit dem Ziel gemeinschaftlichen Bauens und Wohnens ist das Verfahren der öffentlichen Vermarktung anzuwenden. Grundsätzlich soll eine öffentliche Vermarktung auf Festpreisbasis erfolgen. Ausschlaggebend für die Auswahlentscheidung sollen hier ausschließlich konzeptionelle Aspekte sein. Wenn mehrere Kriterien für die Entscheidung relevant sein sollen, sind diese zusammen mit ihrer Gewichtung in der Veröffentlichung bzw. den Akquisitionsunterlagen zu benennen.
Bei Grundstücken, die für Gemeinbedarfszwecke, soziale Einrichtungen, Projekte des gemeinschaftlichen Wohnens (Bau- und Mietgemeinschaften), Genossenschaften oder allgemeinen Wohnungsbau genutzt werden oder bei einem besonderen öffentlichen Interesse, ist eine Konzeptvermarktung vorzunehmen, um bestimmte Nutzungsziele zu erreichen. Dies gilt nicht, wenn eine beschränkte Vermarktung oder Direktvermarktung erfolgen soll (Punkt 4.2.).
Über die Gewichtung des Bewertungskriteriums „Preis“ entscheidet das federführende Ressort, wobei der volle Wert unberührt bleibt. Dies gilt auch für die Anwendung eines Festpreises. Um die Umsetzung des Konzepts sicherzustellen, muss das Konzept Gegenstand des Vermarktungsverfahrens sein, entweder durch konkrete verbindliche Vorgaben des Landes oder der Stadtgemeinde Bremen insbesondere Kriterien der Architektur, Materialität sowie der volkswirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltig erwarteten Wirkung oder durch Erarbeitung eines eigenen Konzepts durch den Bietenden. Zu Beginn des Vermarktungsverfahrens sind die Erwartungen, Forderungen und Rahmenbedingungen mit den dazugehörigen Wertungskriterien und Gewichtungen in den Vermarktungsunterlagen aufzunehmen.
Bei jeder Vermarktungsart ist das federführende Ressort frei in seiner Entscheidung, das Grundstück einem ausgewählten zukünftigen Erwerbenden befristet anhand zu geben. Nach der Auswahlentscheidung erhält dieser Zeit, notwendige Details zur Bebaubarkeit und Finanzierung des Vorhabens vor Abschluss des Kauf- oder Erbbaurechtsvertrages zu klären. Die zuständige Eigentümervertretung gibt dem zukünftigen Erwerbenden die Gewähr, dass das Grundstück innerhalb des Anhandgabezeitraums von in der Regel 24 Monaten keinen anderen Interessenten angeboten wird. Hierfür soll grundsätzlich ein Anhandgabeentgelt in Höhe von mindestens 1,5% des Wertes erhoben werden, welches bei rechtswirksamen Vertragsschluss auf den Erbbaurechtszins oder den Kaufpreis angerechnet werden kann. Eine Anhandgabe schließt nicht die Verpflichtung der zukünftigen Erwerbenden ein, den Erbbaurechts- oder Kaufvertrag abzuschließen.
Das für das jeweilige Sondervermögen bzw. Grundstück zuständige Ressort kann aus ortspolitischen, städtebaulichen, konzeptionellen oder finanziellen Aspekten spezielle Verfahrensregelungen zur Vermarktung vorgeben, die es mit dem fachlich zuständigen Eigentümervertreter oder Maßnahmenträger abstimmt. Diese Verfahrensregelungen dürfen nicht im Widerspruch zu den Vorgaben der LHO und/oder des Sondervermögensgesetzes stehen und bedürfen der Zustimmung des Senators für Finanzen.
Sofern sich im Rahmen der Vermarktung oder des Erwerbs eines Grundstücks nach Zustimmung des Haushalts- und Finanzausschusses aufgrund von Nachverhandlungen Veränderungen zu Lasten des Landes und der Stadtgemeinde Bremen vom ermittelten Erbbauzins oder Kaufpreis ergeben, entscheidet bei einer Abweichung ab 10 v.H. zu Lasten von Bremen der Senator für Finanzen. Bei Abweichungen in einem Umfang von mehr als 500 000,00 € zu Lasten des Landes und/oder der Stadtgemeinde Bremen entscheidet der Haushalts- und Finanzausschuss. Der volle Wert bleibt unberührt.
Stand, Entwicklung und Entscheidungsgründe der Durchführung einer Grundstücksvermarktung oder eines Erwerbs sind zu dokumentieren.
Der Senator für Finanzen wird redaktionelle Veränderungen dieser Richtlinie, beispielsweise aufgrund von Anpassungen in anderen Verwaltungsvorschriften, die sich auf diese Richtlinien auswirken, nach Ressortabstimmung vornehmen.
Die Richtlinien treten am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft. Sie lösen die Richtlinien zum Verkauf von Grundstücken vom 14. Dezember 2018 ab, die hiermit aufgehoben werden.
Der Senator für Finanzen