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Prüfung ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache in Einbürgerungsverfahren
Verwaltungsvorschrift des Senators für Inneres und Sport
vom 11. Januar 2008
21-3(110-31-00/4), (110-30-15/3)
(2008)
1Die Beherrschung der deutschen Sprache ist von besonderer Bedeutung für eine erfolgreiche Integration der hier lebenden Ausländer in die deutschen Lebensverhältnisse. 2Die einbürgerungsrechtlichen Vorschriften sehen daher sowohl bei einer Anspruchseinbürgerung als auch bei einer Ermessenseinbürgerung nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) vor, dass der Einbürgerungsbewerber über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
1Nach Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes durch Art. 5 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970) sind ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache nunmehr gesetzliche Voraussetzung für eine Anspruchseinbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG. 2Die Voraussetzung1 werden vom Einbürgerungsbewerber erfüllt, wenn er den Anforderungen der Sprachprüfung zum Zertifikat Deutsch (B 1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen) in mündlicher und schriftlicher Form genügt.
1Eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG setzt weiterhin voraus, dass sich der Einbürgerungsbewerber in die deutschen Lebensverhältnisse eingeordnet hat, wozu insbesondere ausreichende deutsche Sprachkenntnisse in mündlicher und schriftlicher Form gehören (Nr. 8.1.2.1 Vorläufige Anwendungshinweise). 2Nur dann kann das für eine Ermessenseinbürgerung neben der Erfüllung der gesetzlichen Einbürgerungsvoraussetzungen erforderliche öffentliche Interesse an der Einbürgerung begründet werden. 3Auch hier sind in der Regel Sprachkenntnisse auf dem Sprachniveau B 1 zu verlangen. 4Eine erleichterte Einbürgerung von Ehegatten und Lebenspartnern deutscher Staatsangehöriger nach § 9 StAG setzt nunmehr ebenfalls deutsche Sprachkenntnisse in mündlicher und schriftlicher Form auf dem Sprachniveau B 1 voraus (Nr. 9.1.3).
Die Einbürgerungsbehörde hat in allen Fällen festzustellen, ob die sprachlichen Voraussetzungen vom Einbürgerungsbewerber erfüllt wird2 (Nr. 10.1.1.6, Nr. 8.1.2.1.2 Vorl. Anwendungshinweise).
III. Nachweis der Sprachkenntnisse
1.
Ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache sind in der Regel durch die Vorlage entsprechender Unterlagen nachgewiesen (Nr. 8.1.2.1.2 (a – f) bzw. Nr. 10.1.1.6).
Die aufgeführten Unterlagen werden allerdings dann nicht als ausreichender Nachweis anerkannt, wenn sich bei einem Gespräch mit dem Einbürgerungsbewerber erhebliche Zweifel ergeben, dass ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache vorhanden sind (s. auch Nr. 10.4.1).
2.
Bei Einbürgerungsbewerbern aus deutschsprachigen Ländern (z.B. Österreich), aus Ländern mit Deutsch als Amts- oder Umgangssprache (z.B. Luxemburg) oder aus deutschsprachigen Gebieten im Ausland (z.B. Eupen-Malmedy), die Deutsch als Muttersprache sprechen, werden ausreichende deutsche Sprachkenntnisse vorausgesetzt, es sei denn, es ergeben sich offensichtliche Zweifel hieran (Nr. 8.1.2.1.2 (g)).
3.
1Von ausreichenden deutschen Sprachkenntnissen ist ebenfalls dann auszugehen, wenn anlässlich eines Gesprächs mit dem Einbürgerungsbewerber festgestellt werden kann, dass er Deutsch wie eine Muttersprache spricht. 2Zusätzlich soll in diesen Fällen eine Leseprobe durchgeführt und vom Einbürgerungsbewerber ein Text aus der Tageszeitung vorgelesen und zutreffend mündlich und schriftlich sprachlich gut wiedergegeben werden. 3Der verwendete Zeitungstext ist dem Protokoll über das Vorliegen ausreichender deutscher Sprachkenntnisse beizufügen.
4.
1Ausländer, die die erforderlichen Kenntnisse nicht anhand von Zeugnissen oder Zertifikaten nachweisen können und offenkundig auch über keine ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse im Sinne der Nummern 2. und 3. verfügen, ist die Ablegung der Zertifikatsprüfung zu empfehlen. 2Sie sind an die Volkshochschulen oder andere geeignete Bildungsträger zu verweisen.
Die Kosten für den Sprachtest sind von den Einbürgerungsbewerbern selbst zu tragen.
IV. Besonderheiten und Erleichterungen für bestimmte Personengruppen
1.
1Ehegatten, die unter erleichterten zeitlichen Voraussetzungen miteingebürgert werden können, müssen ebenfalls über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem Niveau des Zertifikats Deutsch verfügen (Nr. 8.1.3.9.1, 10.2.1.1). 2Ausnahmen sind nur im Rahmen der Nummern 8.1.2.1.3 bzw. 10.6 möglich.
2.
1Bei Kindern unter 16. Jahren reicht eine altersgemäße Sprachentwicklung in deutscher Sprache (Nr. 8.1.2.1.3 bzw. Nr. 10.4.2). 2Bei schulpflichtigen Kindern ist von ausreichenden deutschen Sprachkenntnissen auszugehen, wenn sie eine deutschsprachige Schule besuchen und die Gesamtnote im Fach Deutsch mindestens „ausreichend“ ist. 3Zum Nachweis ist die Vorlage des letzten Schulzeugnisses erforderlich. 4Im Falle einer schlechteren Note sind die Sprachkenntnisse als ausreichend für die Einbürgerung anzusehen, wenn ein dem Alter und dem Bildungsstand angemessenes Gespräch in deutscher Sprache problemlos möglich ist. 5Bei minderjährigen Kindern, die noch nicht schulpflichtig sind, werden entsprechend ihres Alters ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache unterstellt, wenn zumindest ein Elternteil ausreichende deutsche Sprachkenntnisse nachgewiesen hat.
4.
1Vom Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse ist abzusehen, wenn der Einbürgerungsbewerber sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllen kann (Nr. 8.1.2.1.3, 10.6). 2Die Krankheit oder Behinderung muss den Einbürgerungsbewerber daran hindern, sich die notwendigen Kenntnisse anzueignen. 3Die Ausschlussgründe sind durch ein ärztliches Attest nachzuweisen, wenn sie nicht offenkundig sind. 4Ist das ärztliche Attest nicht ausreichend aussagekräftig oder bestehen Zweifel an seiner Richtigkeit, so ist eine amtsärztliche Begutachtung zu verlangen.
5.
Bei einer Ansprucheinbürgerung ist zusätzlich vom Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse abzusehen, wenn der Einbürgerungsbewerber das 65. Lebensjahr vollendet hat (Nr. 10.6).
6.
Für eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG genügt es bei Einbürgerungsbewerbern, die das 60. Lebensjahr vollendet und seit zwölf Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, dass sie sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben in deutscher Sprache mündlich verständigen können (Nr. 8.1.3.7).
7.
Eine Ermessenseinbürgerung ist weiterhin im Einzelfall auch ohne den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse möglich, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Einbürgerung besteht (Nr. 8.1.3.5).
1Einbürgerungsbewerber, bei denen nach früheren Testverfahren vor dem 01. 12. 2001 ausreichende deutsche Sprachkenntnisse festgestellt wurden, sind nicht erneut einer Überprüfung zu unterziehen. 2Bei Einbürgerungsbewerbern, die nach dem 30. März 2007 ihren Einbürgerungsantrag gestellt und noch den bisherigen VHS-Sprachtest absolviert haben, ist von ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse auszugehen, wenn die Einbürgerungsbehörde nach persönlichem Eindruck dieses bestätigt. 3Die vom Einbürgerungsbewerber gezahlten Kosten für den VHS-Sprachtest sind in diesen Fällen im Rahmen der Einbürgerungsgebühr jedoch nicht zu erstatten.