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Rahmenrichtlinie gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 BremAG SGB IX Eingliederungshilfe
SGB IX (Eingliederungshilferecht)
Persönliches Budget gemäß § 29 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX)
1. Vorbemerkung
2. Ziel und Beschreibung der Leistungsform Persönliches Budget
3. Budgetfähige Leistungen
3.1 Leistungen zur Teilhabe
3.2 Weitere budgetfähige Leistungen
3.3 Einmalige Leistungen
4. Arten von Persönlichen Budgets
4.1 „Einfache“ Persönliche Budgets
4.2 Trägerübergreifende Persönliche Budgets
4.3 Modelle der Ausgestaltung des Persönlichen Budgets
5. Berechtigter Personenkreis
6. Verfahren
6.1 Antrag
6.2 Budgethöhe und Kalkulation
6.2.1 Kostenneutralität
6.2.2 Ausnahmen vom Grundsatz der Kostenneutralität
6.2.3 Budgetassistenz
6.2.4 Kalkulation des Persönlichen Budgets im Arbeitgebermodell
6.2.5 Zweckbindung des Persönlichen Budgets
6.3. Zielvereinbarung
6.3.1 Mindestinhalte der Zielvereinbarung
6.3.2 Individuelle Förder- und Leistungsziele
6.3.3 Nachweise
6.3.4 Qualitätssicherung
6.3.5 Weitere Inhalte der Zielvereinbarung
6.3.6 Weitere Inhalte der Zielvereinbarung im Arbeitgebermodell
6.3.7 Kündigung der Zielvereinbarung
6.4 Bescheid
7. Ausführung des Persönlichen Budgets
7.1 Besonderheiten im Arbeitgebermodell
7.1.1 Rechte und Pflichten im Arbeitgebermodell
7.1.2 Art des Beschäftigungsverhältnisses und Beratungsstellen
7.2 Auszahlung
7.3 Nicht verbrauchte Budgetmittel (Budgetreste)
8. Inkrafttreten
Seit 01.01.2008 gibt es einen Rechtsanspruch, Teilhabeleistungen der Rehabilitationsträger in Form eines Persönlichen Budgets zu erhalten. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (BTHG) hat der Bundesgesetzgeber diesen Rechtsanspruch zum 01.01.2018 in das neugefasste SGB IX überführt und in Teilen neu bzw. umfassender geregelt.
Neben allen Leistungen zur Teilhabe nach Kapitel 1 SGB IX können auch Leistungen der Pflegekasse, die budgetfähigen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach SGB V, Leistungen der Hilfe zur Pflege nach SGB XII und Leistungen der Integrationsämter in Form eines Persönlichen Budgets erbracht werden.
Das Persönliche Budget ist keine neue, zusätzliche oder eigene Leistung der Eingliederungshilfe, sondern eine alternative Form der Leistungserbringung nach § 29 Abs. 1 S. 1 SGB IX.
Mit der Möglichkeit die Leistungsform Persönliches Budget in Anspruch nehmen zu können, soll das Selbstbestimmungsrecht von Menschen mit Behinderungen, die einen Anspruch auf Teilhabeleistungen haben, gestärkt werden.
Anspruchsberechtigte Personen erhalten zweckgebundene Geld- anstatt Sachleistungen. Das Dreieck zwischen Leistungsträger, leistungsberechtigter Person und Leistungserbringer wird durch das Budget aufgelöst. Die Auswahl und der „Einkauf“ von Unterstützungsleistungen erfolgt mit der Geldleistung eigenverantwortlich und selbstständig. In diesem Zusammenhang können Leistungsberechtigte z.B. ihre Assistenzkräfte auch selbst einstellen und als Arbeitgeber:in auftreten. Gleichzeitig bringt sich der Mensch mit Behinderung durch seine Entscheidung für ein Persönliches Budget initiativ und aktiv in den Rehabilitations- und Teilhabeprozess ein.
Durch die Regelungen zum Persönlichen Budget wird es zudem erleichtert, Leistungen mehrerer Rehabilitations- und anderer Leistungsträger in einem trägerübergreifenden Persönlichen Budget zusammenzufassen und in einer Summe zur Auszahlung zu bringen. So kann unabhängig von Zuständigkeiten eine Hilfe „wie aus einer Hand“ entstehen.
Es ist das übergeordnete gesetzliche Ziel der Leistungsform Persönliches Budget, den leistungsberechtigten Personen durch das Budget in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen (§ 29 Abs. 1 S. 1 SGB IX).
Das Persönliche Budget ist nur eine Form der Ausführung von Teilhabeleistungen und keine eigene Leistung. Es gelten die Leistungsvoraussetzungen der im jeweiligen Einzelfall als Budget gewünschten Leistung.
Alle in § 4 SGB IX definierten und in § 5 SGB IX aufgezählten Leistungen zur Teilhabe der jeweiligen Rehabilitationsträger (REHA-Träger)
sind nach § 29 Abs. 1 S. 1 SGB IX budgetfähig. Jeder REHA-Träger kann Leistungen in Form des Persönlichen Budgets erbringen.
Die Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 SGB IX sind grundsätzlich unabhängig von Art, Ort und Umfang budgetfähig. Lediglich Leistungen, deren konkrete Ausgestaltung ein Persönliches Budget nicht zulässt, sind davon ausgenommen (z.B. der Lohnkostenzuschuss beim Budget für Arbeit).
Über die Budgetfähigkeit von Leistungen entscheidet jeder REHA-Träger in seiner Zuständigkeit.
Zusätzlich können neben den Leistungen zur Teilhabe weitere erforderliche Leistungen der
in ein Persönliches Budget einbezogen werden, sofern sie der alltäglichen und regelmäßig wiederkehrenden Bedarfsdeckung dienen und als Geldleistung oder durch Gutscheine erbracht werden können.
Entsprechende gesetzliche Vorgaben finden sich beispielsweise für
Auch die Leistungen des Integrationsamtes zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben können gemäß § 185 Abs. 8 SGB IX als Persönliches Budget erbracht werden.
Erforderliche einmalige Leistungen sind aus verwaltungsökonomischen Gründen (Anpassung der Zielvereinbarung etc.) grundsätzlich nicht in das Persönliche Budget aufzunehmen. Sie sind mit einem gesonderten Bescheid außerhalb des Persönlichen Budgets als Sach- oder Geldleistung zu bewilligen.
Persönliche Budgets werden unterschieden in nicht trägerübergreifende Persönliches Budgets („einfache“ Persönliche Budgets) und trägerübergreifende Persönliche Budgets.
“Einfache“ Persönliche Budgets werden von einem einzelnen REHA-Träger erbracht.
Wenn in der Folge in dieser Rahmenrichtlinie Regelungen für „einfache“ Persönliche Budgets getroffen werden, ist immer gemeint, dass der Eingliederungshilfeträger das Persönliche Budget allein, ohne Beteiligung anderer Sozialleistungsträger erbringt, also ausschließlich Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 SGB IX als Persönliches Budget erbracht werden.
Persönliche Budgets können trägerübergreifend als Komplexleistung, das heißt als Zusammenfassung mehrerer einzelner Leistungen in der Zuständigkeit unterschiedlicher Rehabilitations- und Leistungsträger in einem Gesamtbudget erbracht werden. In diesem Fall koordiniert der nach § 14 SGB IX leistende REHA-Träger die Organisation und Zusammensetzung des Persönlichen Budgets. Er erstellt einen Gesamtbescheid und zahlt das Persönliche Budget in einer Gesamtsumme aus.
Ziel der Komplexleistung ist eine zwischen den jeweils beteiligten Reha- und Leistungsträgern abgestimmte Leistungserbringung, die bei den Leistungsberechtigten wie „aus einer Hand“ ankommt. Die Regelungen zur Koordinierung von Leistungen nach Teil 1 Kapitel 4 des SGB IX sind in diesem Zusammenhang zu beachten.
Da die beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven sowohl Eingliederungshilfe- als auch Sozialhilfeträger sind, ist die formale Durchführung eines Teilhabeplanverfahrens entbehrlich, wenn im Einzelfall nur Eingliederungshilfeleistungen nach Teil 2 SGB IX und Sozialhilfeleistungen nach SGB XII gewährt werden.
Bei beiden Arten des Persönlichen Budgets (siehe 4.1 u. 4.2) lassen sich im Wesentlichen drei Modelle der Leistungserbringung unterscheiden (kein Anspruch auf Vollständigkeit, Mischformen sind denkbar):
Für Eingliederungshilfeleistungen nach Teil 2 SGB IX müssen die Voraussetzungen des § 99 SGB IX vorliegen.
Weitergehende generelle gesetzliche Zugangsbeschränkungen zu einem Persönlichen Budget z.B. im Hinblick auf Alter, Form der Behinderung oder ähnliches gibt es nicht.
Volljährige Menschen, die Leistungen in Form eines Persönlichen Budgets beantragen, müssen in der Lage sein, das Budget selbstständig oder mit Unterstützung in eigener Verantwortung zu verwalten und zielgebunden einzusetzen.
Als Unterstützer:innen bei der Budgetverwaltung und dem zielgebundenen Einsatz des Budgets in eigener Verantwortung kommen grundsätzlich gesetzliche Betreuer:innen, Freunde und/oder Familienmitglieder in Betracht.
Unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts der leistungsberechtigten Person ist es im Einzelfall möglich, dass die unterstützende Person die komplette Budgetverwaltung übernimmt und den zielgebundenen Einsatz des Budgets für die leistungsberechtigte Person sicherstellt.
Für Minderjährige stellen die Sorge- und Vertretungsberechtigten, in der Regel die Eltern, die Ausführung des Persönlichen Budgets in eigener Verantwortung sicher.
Im Übrigen gelten die unter 5.1 getroffenen Regelungen.
Da das Persönliche Budget nur eine Form der Ausführung von Teilhabeleistungen ist, gelten alle gesetzlichen Regelungen der als Budget gewünschten Teilhabeleistung z.B. zu den Leistungsvoraussetzungen, zum berechtigten Personenkreis und zur sachlichen sowie örtlichen Zuständigkeit und zum Verfahren bei der Bedarfsermittlung unverändert und müssen vor einer Gewährung geprüft werden.
Die Regelungen zum Gesamt- und Teilhabeplanverfahren gelten.
Wird in einem laufenden Bestandsfall erstmalig ein Antrag auf ein einfaches oder trägerübergreifendes Persönliches Budget gestellt, muss die bisherige Sachleistung auf ein Persönliches Budget umgestellt werden. Eine Fortschreibung der Gesamtplanung ist erforderlich.
Während des Verfahrens zum Persönlichen Budget und auch im Vorfeld und Nachgang gilt, dass (potenziell) Leistungsberechtigte über die Ziele, Chancen, Verantwortlichkeiten, organisatorischen Herausforderungen, Verfahrensabläufe und Risiken eines Persönlichen Budgets zu beraten und, soweit erforderlich, zu unterstützen sind. Soweit gewünscht, werden Angehörige oder andere von den Leistungsberechtigten benannte Personen hierbei beteiligt.
Auf die Beratungs-Angebote Dritter wie z.B. die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) oder andere Beratungsangebote der Wohlfahrtsverbände und der Verbände für Menschen mit Behinderung sind die Antragsteller hinzuweisen.
Das Persönliche Budget muss beantragt werden. Der Antrag kann sich auf den gesamten Teilhabebedarf der leistungsberechtigten Person oder nur auf Teile beziehen.
Leistungs- und Rehabilitationsträger dürfen nicht selbst, ohne einen entsprechenden Antrag des Leistungsberechtigten, die Leistungsform des Persönlichen Budgets wählen.
Mit der Stellung des Antrages auf ein Persönliches Budget beginnt das Gesamt- bzw. Teilhabeplanverfahren.
Die Höhe des Persönlichen Budgets wird auf der Basis der nach Teil 1 Kapitel 4 SGB IX bzw. nach Teil 2 Kapitel 7 SGB IX getroffenen Feststellungen bemessen. Damit ist die Bedarfsfeststellung im Gesamt- oder Teilhabeplanverfahren gemeint, die die nach dem individuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen hinsichtlich Ziel, Art und Umfang so fest- und zusammenstellt, dass der individuelle Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung der leistungsberechtigten Person erfolgen kann.
Werden mit dem Persönlichen Budget ausschließlich Leistungen der Eingliederungshilfe nach SGB IX beantragt, werden die zu erbringenden Eingliederungshilfeleistungen im Rahmen der Gesamtplanung abschließend festgestellt.
Fließen neben den Leistungen der Eingliederungshilfe weitere Leistungen eines anderen REHA-Trägers oder eines anderen Leistungsträgers in das Persönliche Budget ein, ergibt sich die Höhe des Gesamtbudgets aus der Summe der als Persönliches Budget gewünschten und im Rahmen des Gesamt- bzw. Teilhabeplanverfahrens einzeln kalkulierten Sachleistungen aller am trägerübergreifenden Persönlichen Budget beteiligten Träger. Die beteiligten REHA- und/oder Leistungsträger treffen im Rahmen der Gesamt- bzw. Teilhabeplanverfahrens ihrerseits die Feststellungen zum Umfang ihrer Leistungen.
Die Kostenkalkulation ist der leistungsberechtigten Person nachvollziehbar darzustellen.
Durch § 29 Abs. 2 Satz 7 IX wird für die Höhe des Persönlichen Budgets Kostenneutralität normiert.
Kostenneutralität bedeutet, dass die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller im Budget zu erbringenden, bisher individuell erbrachten Sachleistungen im Einzelfall nicht überschreiten soll.
Die Höhe des Budgets ist also begrenzt. Sie richtet sich nach dem individuell festgestellten Bedarf (§ 29 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Der Gesamtbedarf wird vom für das Persönliche Budget zuständigen REHA-Träger/Leistungsträger abschließend festgestellt.
Insgesamt sollen durch den Grundsatz der Kostenneutralität Leistungsausweitungen und damit unkalkulierbare Mehrkosten für die Leistungsträger vermieden werden.
Die Feststellung der individuell notwendigen Sachleistungen und deren Höhe erfolgt im Rahmen der Gesamtplanung. Bei Neufällen sind die Kosten aller individuell erstmalig festzustellenden Sachleistungen maßgeblich.
Vom Grundsatz der Kostenneutralität des Persönlichen Budgets kann nur in besonders begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.
Überschreiten bei der Kalkulation des Persönlichen Budgets die Gesamtkosten des Persönlichen Budgets die Gesamtkosten einer vergleichbaren Sachleistung ist in einem ersten Schritt festzustellen, an welchem Kostenblock dies liegt.
Es ist zu prüfen, ob die Kosten für die Leistung oder die Kosten für die Leistungsform Persönliches Budget für die übersteigenden Kosten ursächlich sind.
Sind die Kosten für die im Rahmen des persönlichen Budgets selbst zu beschaffende Leistung höher als die Kosten einer vergleichbaren mit dem Eingliederungshilfeträger vertraglich vereinbarten Sachleistung, scheidet eine Ausnahme vom Grundsatz der Kostenneutralität aus. Es kann maximal der vertraglich vereinbarte Satz der vergleichbaren Sachleistung für die Kalkulation des Persönlichen Budgets berücksichtigt werden.
Sind hingegen allein die Kosten für die Leistungsform Persönliches Budget (Budgetassistenz, Kosten für Beratung und/oder Unterstützung o. ä.) dafür ursächlich, dass die Kosten einer vergleichbaren Sachleistung überstiegen werden, ist eine Ausnahme vom Grundsatz der Kostenneutralität in besonders begründeten Ausnahmefällen und zeitlich befristet möglich.
Ob ein besonders begründeter Ausnahmefall (= atypischer Fall) vorliegt, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Für die Prüfung gelten folgende Grundsätze:
Die Grundsätze werden von höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (Urteil vom 31.01.2012 – B 2 U 1/11 R) gestützt.
Gemäß § 29 Abs. 2 S. 6 SGB IX werden Persönliche Budgets vom leistenden Rehabilitationsträger so bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Unterstützung erfolgen kann.
Der EGH-Träger berät und unterstützt die leistungsberechtigte Person bei der Planung und Umsetzung des Persönlichen Budgets. Darüber hinaus kann Beratung und Unterstützung durch andere beteiligte Leistungsträger und/oder unabhängige Beratungsstellen erfolgen.
Zu besonderen Beratungs- und Unterstützungsbedarfen kann auch die Kostenübernahme für eine Budgetassistenz gehören, sofern im Rahmen der Planung zur Umsetzung des Persönlichen Budgets eine entsprechende Erforderlichkeit festgestellt wird. Bei der Budgetassistenz handelt es sich nicht um eine Assistenzleistung im Sinne des § 113 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 78 SGB IX. Kosten, die für eine Budgetassistenz notwendig sind, sind von den Zielen einer Assistenzleistung zur sozialen Teilhabe abzugrenzen.
Die Budgetassistenz ist als eine zusätzliche professionelle Beratung/Unterstützung zu verstehen, die zu besonderen Beratungs- und Unterstützungsbedarfen von der leistungsberechtigten Person gegen Bezahlung in Anspruch genommen wird. Zu den besonderen Beratungs- und Unterstützungsbedarfen können insbesondere gehören:
Die Aufzählung ist nicht abschließend.
Der im Einzelfall erforderliche Umfang an Beratung und Unterstützung im Rahmen einer Budgetassistenz ist nach Grad der Komplexität des Persönlichen Budgets zu beurteilen (z. B. beteiligte Träger, tritt die leistungsberechtigte Person als Arbeitgeber auf etc.).
Dabei sind die Eigenverantwortungskompetenzen des Leistungsberechtigten u. a. in den Bereichen Organisation, Finanzen und Personalanleitung in den Blick zu nehmen. Vorrangig nutzbare Ressourcen und bereits vorhandene Verantwortlichkeiten durch Unterstützer:innen (Betreuer:innen, Eltern etc. – siehe Ziffern 5.1 und 5.2) sind zu berücksichtigen.
Die erforderliche Kompetenz der Budgetassistenz ist zu plausibilisieren. Die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gelten.
Der Grundsatz der Kostenneutralität ist zu beachten. Mögliche Ausnahme vom Grundsatz sind nach Ziffer 6.2.2 zu prüfen.
Bei der Kalkulation des Persönlichen Budgets im Arbeitgebermodell sind Vergütungen der Assistenzkräfte im Rahmen des marktüblichen Preises anzuerkennen. Entsprechend der Qualifikation der Assistenzkraft im Einzelfall ist eine Orientierung an der für sie maßgeblichen tariflichen Vergütung plausibel und anerkennungsfähig. Die gesetzlichen Vorschriften zum Mindestlohn gelten.
Gleichzeitig gilt, dass der Grundsatz der Kostenneutralität (siehe auch 6.2.1) auch beim „Arbeitgebermodell“ gewahrt werden soll.
Etwaige anfallende, nachvollziehbare Lohnnebenkosten des Arbeitgebers wie z.B.:
können, sofern sie vom Budgetnehmer:in geltend gemacht werden, im Rahmen des Persönlichen Budgets übernommen werden.
Kosten für Urlaubsvertretung oder Krankheitsvertretung können ebenfalls übernommen werden. Der Grundsatz der Kostenneutralität ist auch hier zu wahren.
Fahrten des Arbeitnehmers zur Arbeitsstätte können im Rahmen des Persönlichen Budgets nicht übernommen werden.
Durch die Ausrichtung am individuellen Bedarf unterliegt das Persönliche Budget einer Zweckbindung und darf nur zur Deckung der festgestellten Bedarfe eingesetzt werden. Der Nachweis der zweckentsprechenden Mittelverwendung erfolgt durch geeignete Belege (näheres siehe unter 6.3.3).
Zur Umsetzung des Persönlichen Budgets ist eine Zielvereinbarung mit der leistungsberechtigten Person abzuschließen (§ 29 Abs. 4 S. 1 SGB IX). Vereinbarungspartner sind die leistungsberechtigte Person und der für die Durchführung des Persönlichen Budgets zuständige REHA- bzw. Leistungsträger nach § 29 Abs. 3 SGB IX.
Die Zielvereinbarung wird i. d. R. für den Zeitraum bis zur Fortschreibung der Gesamtplanung geschlossen. Nach § 121 Abs. 2 SGB IX beträgt der Zeitraum im Regelfall zwei Jahre. Kürzere Zeiträume zur Fortschreibung der Gesamtplanung sind möglich.
Die Zielvereinbarung umfasst alle Feststellungen und Inhalte, die im gesamten vorausgehenden Prozess von der Antragsstellung bis zur Entscheidung über das Persönliche Budget im Einzelfall ausgehandelt wurden. Zudem werden die gegenseitigen Rechte und Pflichten von Budgetnehmer:in und zuständigem Leistungsträger bei der Ausführung des Persönlichen Budgets durch die Zielvereinbarung konkretisiert.
Die Zielvereinbarung erlangt Verbindlichkeit durch den Bewilligungsbescheid zum Persönlichen Budget. Ohne den vorherigen Abschluss einer Zielvereinbarung stellt der Bewilligungsbescheid zum Persönlichen Budget einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt dar, der nach § 45 SGB X zurückzunehmen ist.
Die Zielvereinbarung ist schriftlich vor Erlass des Bewilligungsbescheides zu schließen. Zur Wirksamkeit bedarf es der Unterschrift des zuständigen Leistungsträgers und der leistungsberechtigten Person. Nur gegen den Bescheid zum Persönlichen Budget und nicht gegen die Zielvereinbarung können Budgetnehmer:innen Widerspruch einlegen.
Der BENi-Bremen Bogen C ist als Teilhabezielvereinbarung im Sinne des § 122 SGB IX Teil der Zielvereinbarung. Er ist der Zielvereinbarung beizufügen.
Ohne Zielvereinbarung kann die Leistung nicht in Form des Persönliches Budgets bewilligt werden. Kommt eine Einigung über die Zielvereinbarung nicht zustande, ist über die Bewilligung der Leistung in anderer Form (Sach- oder Dienstleistung) zu entscheiden.
Die Zielvereinbarung enthält gemäß § 29 Abs. 4 SGB IX mindestens Regelungen über:
Alle im Persönlichen Budget erbrachten Leistungen sind in der Zielvereinbarung mit Rechtsgrundlage und Zuordnung zu den einzelnen Rehabilitations- bzw. Leistungsträgern exakt zu benennen.
Die individuellen Förder- und Leistungsziele sind für die Leistungen der Eingliederungshilfe anhand der SMART-Regel (spezifisch, messbar, erreichbar, angemessen und terminiert) in der Zielvereinbarung zu beschreiben. Als Orientierung können die in der Zielplanung im BENI-Bogen C vereinbarten Leit- und Handlungsziele dienen.
Die zweckentsprechende Verwendung des Persönlichen Budgets ist von der leistungsberechtigten Person in regelmäßigen Abständen nachzuweisen.
In der Zielvereinbarung sind die im Einzelfall getroffenen Absprachen zum Nachverweisverfahren schriftlich festzuhalten. Es ist zu regeln, welche Nachweise zu welchen Zeitpunkten von der leistungsberechtigten Person vorgelegt werden müssen.
Das Nachweisverfahren kann in Abhängigkeit von der Höhe des Budgets und der Erfahrung der leistungsberechtigten Person im Umgang mit dem Persönlichen Budget differenziert nach den Besonderheiten des Einzelfalls ausgestaltet werden. Grundsätzlich ist vorzusehen, dass je neuer und/oder je höher das Budget, desto engmaschiger das Nachweisverfahren, je geringer das Budget und/oder erfahrener die Beteiligten mit dem Prozess, desto eher kann das Nachweisverfahren vereinfacht werden.
Die Zielvereinbarung muss immer eine Regelung zum Nachweisverfahren enthalten.
Belege für die zweckentsprechende Verwendung können z. B. Rechnungen von Leistungserbringern, Arbeitsverträge, Abrechnungen mit Assistenten, Kontoauszüge u. ä. sein. Die Ausgestaltung der Nachweise sollte in einer einfachen und unbürokratischen Form (“so wenig wie möglich, so viel wie nötig”) abhängig von der Art der Leistung und dem Bedarf stattfinden.
Die Qualitätssicherung im Hinblick auf die Ausführung der Leistung erfolgt beim Persönlichen Budget durch die Budgetnehmer:innen. Sind Budgetnehmer:innen mit der Leistung eines Anbieters nicht zufrieden, können sie sich einen anderen Anbieter suchen.
Qualitative Anforderungen wie etwa ein Fachkraftvorbehalt zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten und wirkungsorientierten Unterstützung müssen in die Zielvereinbarung aufgenommen werden, wenn dieser erforderlich ist, um das Teilhabeziel zu erreichen. Der Fachkraftvorbehalt muss dann ebenfalls explizit auch im Bewilligungsbescheid formuliert werden.
Im Hinblick auf die Überprüfung der Ergebnisqualität liegt die Aufgabe der Qualitätssicherung beim für die Durchführung des Persönlichen Budgets zuständigen REHA-Träger. Insbesondere ist bei der Ergebnisqualität im Rahmen des turnusmäßig zu wiederholenden Gesamtplanverfahrens zu prüfen, ob und in welchem Umfang die mit der Leistung angestrebten Ziele erreicht wurden.
In Abhängigkeit vom jeweiligen Einzelfall sind in der Zielvereinbarung über die Mindestinhalte hinaus weitere Vereinbarungen zu treffen.
Es wird ausdrücklich empfohlen zu folgenden weiteren Punkten Vereinbarungen in der Zielvereinbarung zu treffen:
Ist bei Krankheit und stationärem Kranken- und Rehaaufenthalt nicht absehbar, wann die Ausführung des Persönlichen Budgets durch die leistungsberechtigte Person fortgeführt werden kann, ist darüber ein Gespräch mit der leistungsberechtigten Person zu führen. Ggf. wird dann ein Ruhen oder auch die Einstellung des Persönlichen Budgets (z. B. für einen gewissen Zeitraum) vereinbart. Im Arbeitgebermodell sind bei einer Einstellung des Persönlichen Budgets die arbeitsvertraglichen Kündigungsfristen zu berücksichtigen.
Beschäftigt die leistungsberechtigte Person im Rahmen des Persönlichen Budgets als Arbeitgeber Assistenzkräfte, sind in die Zielvereinbarung insbesondere folgende weitere Verpflichtungen für die leistungsberechtigte Person aufzunehmen:
Die Vereinbarungspartner können die Zielvereinbarung aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung schriftlich kündigen, wenn Ihnen die Fortsetzung der Vereinbarung nicht zumutbar ist.
Ein wichtiger Grund kann für Leistungsberechtigte insbesondere in der persönlichen Lebenssituation liegen, z. B. wenn sie nicht mehr in der Lage sind, Assistentinnen/Assistenten zur Sicherstellung der Persönlichen Assistenz zu finden oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr die Verpflichtungen als Arbeitgeber erfüllen können.
Für den Eingliederungshilfeträger kann ein wichtiger Grund dann vorliegen, wenn Leistungsberechtige die Zielvereinbarung nicht einhalten, insbesondere ihren Pflichten zur zweckentsprechenden Mittelverwendung sowie deren Nachweis oder der Qualitätssicherung nicht nachkommen. Weiterhin kann ein wichtiger Grund für den Eingliederungshilfeträger vorliegen, wenn die leistungsrechtlichen Voraussetzungen für die Teilhabeleistungen entfallen, die als Persönliches Budget erbracht werden. In jedem Fall ist bei einer Kündigung durch den Eingliederungshilfeträger vorab eine Anhörung durchzuführen (§ 24 SGB X).
Leistungsberechtigte erhalten einen Gesamtbescheid über das Persönliche Budget vom für das Verfahren zuständigen REHA-Träger.
Bei einem trägerübergreifenden Persönlichen Budget erlässt der leistende REHA-Träger einen Gesamtbescheid über alle im Budget enthaltenen Leistungen und zahlt das Budget mit allen Teilleistungen, auch der anderen beteiligten REHA- und Leistungsträger, an den Leistungsberechtigten aus. Im Rahmen des Teilhabeplanverfahrens vereinbart der leistende REHA-Träger mit den anderen beteiligten REHA- und Leistungsträgern schriftlich, wie und in welchen zeitlichen Abständen diese ihm ihre Teilleistungen erstatten. Die Regelungen der Fachlichen Mitteilung zur Zahlbarmachung von Persönlichen Budgets vom 06.12.2022 gelten für die Stadtgemeinde Bremen vollumfänglich.
Der Gesamtbescheid regelt die Gesamthöhe des Persönlichen Budgets und gibt Auskunft über die einzelnen enthaltenen Teilleistungen. Jede Teilleistung wird konkret mit Rechtsgrundlage, zuständigem Träger, Leistungsumfang und Höhe des Geldwertes benannt.
Der leistende REHA-Träger ist für die Bearbeitung von Widersprüchen gegen den Bescheid zuständig.
Zielvereinbarung und Bescheid müssen inhaltlich aufeinander abgestimmt sein. Die Zielvereinbarung ist fester Bestandteil des Bescheides, eine entsprechende Regelung ist im Bescheid aufzunehmen. Die unterschriebene Zielvereinbarung ist dem Bewilligungsbescheid als Anlage beizufügen.
Ist ein Beitrag aus Einkommen, oder der Einsatz von Vermögen bezogen auf die jeweilige Eingliederungshilfeleistung zu erbringen, gilt das Nettoprinzip: die kalkulierte Budgethöhe abzüglich des Beitrages/der Einsatzsumme ergibt den konkreten Betrag.
Leistungsberechtigte sind nach einer Bewilligung des Persönlichen Budgets für die Dauer von sechs Monaten (§ 29 Abs. 1 S. 6 SGB IX) an ihre Entscheidung gebunden.
Im Falle der Kündigung der Zielvereinbarung ist der Bewilligungsbescheid im Regelfall nach § 48 Abs. 1 SGB X aufzuheben. Bei Vorliegen der Voraussetzungen, kommt auch ein Widerruf nach § 47 SGB X in Betracht. Eine Anpassung der Gesamt-/Teilhabeplanung ist vorzunehmen. Ggf. sind an Stelle des Persönlichen Budgets Sachleistungen zu gewähren, sofern der Bedarf der leistungsberechtigten Person weiterhin besteht und auch alle anderen Leistungsvoraussetzungen vorliegen.
Sowohl „einfache“ Persönliche Budgets, als auch trägerübergreifende Persönliche Budgets bieten die Möglichkeit des Arbeitgebermodells.
Die leistungsberechtigte Person stellt dabei mit den Mitteln des Persönlichen Budgets selbstgesuchte Assistenzkräfte ein und tritt als Arbeitgeber auf.
Für die leistungsberechtigte Person ergeben sich als Arbeitgeber - je nach Art des Beschäftigungsverhältnisses und Ausgestaltung der Arbeitsverträge – u. a. folgende Rechte und Pflichten:
Die leistungsberechtigte Person muss sich selbstständig um die Einhaltung der Rechte und Pflichten kümmern. Dies ist im Rahmen der Zielvereinbarung festzuhalten (siehe 6.3).
In der Praxis spielen für das Arbeitgebermodell insbesondere zwei Beschäftigungsmodelle eine Rolle
Im Rahmen der Beratung und Unterstützung sind der leistungsberechtigten Person bei Bedarf und je nach Art des beabsichtigten Beschäftigungsverhältnisses Anlaufstellen zur Unterstützung und Beratung in Arbeitgeberfragen zu benennen. So z. B.:
Zu Themen wie Entgeltfortzahlung und Krankengeld beraten die Krankenkassen.
Persönliche Budgets sind in der Regel als monatliche Geldleistung im Voraus auszuzahlen (§ 29 Abs. 2 S. 1 SGB IX).
Die Auszahlung des Persönlichen Budgets kann erst erfolgen, wenn das Antragsverfahren zum Persönlichen Budget durch Bescheid abgeschlossen wurde.
Das Persönliche Budget ist an die leistungsberechtigte Person auszuzahlen. Eine direkte Auszahlung an den Leistungserbringer ist ausgeschlossen.
Die monatliche Auszahlung kann als Durchschnittswert festgelegt werden (z. B. bei Abrechnung nach Fachleistungsstunden).
Insbesondere im Arbeitgebermodell kann berücksichtigt werden, dass bei der Auszahlung des Persönlichen Budgets eine Schwankungsreserve eingeplant werden sollte. Im Arbeitgebermodell kann es zu kurzfristigen, höheren Zahlungsverpflichtungen für die leistungsberechtigte Person kommen z. B. im Rahmen der Zahlung von Arbeitgebersozialabgaben. Die Höhe der Schwankungsreserve ist individuell mit der leistungsberechtigten Person zu vereinbaren.
Regelungen zu Budgetresten sind einzelfallbezogen in der Zielvereinbarung zum Persönlichen Budget zu treffen.
Grundsätzlich gilt, dass Budgetreste in maximaler Höhe von zwei Monatszahlungen des Gesamtbudgets zum Zeitpunkt der Fortschreibung des Gesamtplans in den nächsten Leistungszeitraum übertragen werden können, sofern die Leistungen auch in Zukunft weiterhin als Persönliches Budget gewährt werden.
Übersteigen die Budgetreste die Höhe von zwei Monatszahlungen, ist der übersteigende Betrag von der leistungsberechtigten Person zurückzuzahlen. Hohe Budgetreste geben Anlass, im Rahmen der Fortschreibung der Gesamtplanung den Umfang des Bedarfs zu überprüfen.
Wird das Persönliche Budget beendet, sind Budgetreste nach Aufhebung des Bewilligungsbescheides von der leistungsberechtigten Person vollständig zurückzuzahlen.
Diese Rahmenrichtlinie tritt mit Wirkung vom 01.08.2024 in Kraft.
Die bisher gültige Rahmenrichtlinie für die Gewährung von Leistungen der Sozialgesetzbücher VIII, IX, XII und des BVG in Form eines Persönlichen Budgets nach § 17 SGB IX im Land Bremen wird zeitgleich aufgehoben.
Die Weisung zur Rahmenrichtlinie Persönliches Budget vom 01.01.2008 und die Rahmensetzung persönliches Budget und AG Modell werden ebenfalls zeitgleich mit dem Inkrafttreten dieser Rahmenrichtlinie aufgehoben.