- 1.
Einkommenseinsatz bei ersparten Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt (Absatz 1)
- 1.1
Grundsatz
- 1.2
Ermessensentscheidung
- 1.3
Umfang des Einkommenseinsatzes aus häuslicher Ersparnis in stationären Einrichtungen (ausgenommen Kurzzeitpflege)
- 1.4
Umfang des Einkommenseinsatzes aus häuslicher Ersparnis bei Kurzzeitpflege und bei Leistungen in teilstationären Einrichtungen
- 1.5
Kein Vermögenseinsatz für die Leistungen zum Lebensunterhalt bei Leistungen der Eingliederungshilfe über Tag und Nacht für Minderjährige und bei Leistungen in besonderen Ausbildungsstätten nach § 134 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) über Tag und Nacht für Volljährige
- 2.
Einkommenseinsatz über die häusliche Ersparnis hinaus bei voraussichtlich längerem stationären Aufenthalt (Absatz 2)
- 2.1
Voraussichtlich längere Zeit der Leistungen in einer stationären Einrichtung
- 2.2
Begrenzung des Einkommenseinsatzes
- 3.
Prüfung der Angemessenheit des Einkommenseinsatzes
- 3.1
Berücksichtigung der bisherigen Lebenssituation der im Haushalt verbliebenen Angehörigen
- 3.2
Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft der im Haushalt verbliebenen Angehörigen
- 3.3
Berücksichtigung besonderer Belastungen der im Haushalt verbliebenen Angehörigen
- 3.4
Ermittlung des angemessenen Umfangs des Einkommenseinsatzes bei im Haushalt verbliebenen Angehörigen
- 3.5
Einkommenseinsatz alleinstehender Leistungsberechtigter
- 3.6
Einkommenseinsatz bei stationären Leistungen für beide Ehegatten/Lebenspartner
- 4.
Umsetzung
- 4.1
Berücksichtigung des Einkommenseinsatzes bei den Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel SGB XII
- 4.2
Berücksichtigung des Einkommenseinsatzes nach § 92 SGB XII bei der Ermittlung des weiteren Einkommenseinsatzes
- 4.3
Nutzung der selbstrechnenden Excel-Datei zur Ermittlung des einzusetzenden Einkommens bei im Haushalt verbliebenen Angehörigen
- 5.
Verpflichtungen Dritter (Absatz 3)
- 6.
Inkrafttreten
- 1.
- 1.1
Erhält eine Person teilstationäre oder stationäre Leistungen nach dem
- •
dritten Kapitel SGB XII
- •
vierten Kapitel SGB XII
- •
fünften Kapitel SGB XII
- •
siebten Kapitel SGB XII
- •
achten Kapitel SGB XII
- •
neunten Kapitel SGB XII
- •
oder für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen,
so kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen
- •
nach dem Dritten
- •
und dem Vierten Kapitel SGB XII
von der leistungsberechtigten Person und von ihrem nicht getrenntlebenden Ehegatten oder Lebenspartner und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil aus dem gemeinsamen Einkommen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden.
Diese Regelung stellt eine Sonderregelung zur Begrenzung der Kostenbeteiligung zu den Leistungen zum Lebensunterhalt dar und gilt für Leistungen des Sozialhilfeträgers sowohl bei vorübergehendem als auch bei dauerhaftem Aufenthalt in einer teilstationären und stationären Einrichtung.
Die Regelung des § 92 SGB XII betrifft allein den Einkommenseinsatz auf die teilstationär und stationär erbrachten Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel. Sie hat keinen Einfluss auf den Anspruch auf teilstationäre und stationäre Leistungen nach dem Dritten oder nach dem Vierten Kapitel dem Grunde nach.
Der aktuelle Wortlaut des § 92 Absatz 1 Satz 1 SGB XII ist im Hinblick auf die Formulierung „Erhält eine Person, die nicht in einer Wohnung nach § 42 a Absatz 2 Satz 2 lebt...“ unglücklich. Denn nach dem Wortlaut sind diejenigen Personen, die in einer Wohnung leben und lediglich für einige Stunden (über Tag oder Nacht) Leistungen in einer teilstationären Einrichtung erhalten, nicht vom Anwendungsbereich des § 92 erfasst. Nach der Gesetzesbegründung zu § 92 SGB XII soll aber auch für teilstationäre Leistungen weiterhin der Grundsatz gelten, dass der Einkommenseinsatz auf die häusliche Ersparnis begrenzt ist. Insofern ist hier also in Bezug auf teilstationäre Leistungen von einer unbewussten Regelungslücke auszugehen, die durch eine analoge Anwendung des § 92 Absatz 1 Satz 1 SGB XII auch bei teilstationären Leistungen nach den o.g. Kapiteln des SGB XII zu schließen ist.
- 1.2
Die Entscheidung über die Heranziehung zum Einkommenseinsatz aus häuslicher Ersparnis nach Absatz 1 Satz 1 ist nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände im Einzelfall zu treffen. Dazu ist die Einkommens- und Belastungssituation des Leistungsberechtigten bzw. der Einsatzgemeinschaft festzustellen. Das zu berücksichtigende Einkommen des Leistungsberechtigten bzw. der Einsatzgemeinschaft ist nach den Maßstäben des § 82 SGB XII zu ermitteln. Zu beachten ist dabei, dass Leistungen nach SGB XII kein Einkommen i. S. d. § 82 SGB XII sind (z. B. Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII). Bedarfsseitig sind der notwendige Lebensunterhalt und bei im Haushalt verbleibenden Angehörigen deren notwendiger Lebensunterhalt im Rahmen des Dritten bzw. Vierten Kapitels SGB XII (Garantiebetrag zur Sicherstellung des notwendigen Lebensunterhalts) und ggf. besondere Belastungen nach 3.3 zu berücksichtigen.
- 1.3
Das den Bedarf nach 1.2 übersteigende Einkommen steht für den Einkommenseinsatz bei häuslicher Ersparnis zur Verfügung. Der Einkommenseinsatz ist auf die tatsächlich vorliegenden Einsparungen der Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt und ggf. für Kosten der Unterkunft begrenzt. Als Umfang der häuslichen Ersparnis gilt dementsprechend in der Regel und höchstens die Regelbedarfsstufe 3, bei Einzelpersonen ohne eigene Wohnung außerdem ein Betrag in Höhe der stationären Kosten der Unterkunft nach § 27 b SGB XII.
Sofern das den Bedarf nach 1.2 übersteigende Einkommen niedriger ist als der Betrag der häuslichen Ersparnis, wird der einzusetzende Betrag entsprechend verringert.
- 1.4
Bei Leistungen der Kurzzeitpflege und in teilstationären Einrichtungen entstehen häusliche Einsparungen in der Regel nur durch die in der Einrichtung zur Verfügung gestellte Verpflegung. In diesen Fällen entspricht der Einkommenseinsatz 80 % der in der Sozialversicherungsentgeltverordnung festgesetzten Werte für Mahlzeiten, soweit diese geleistet werden.
- 1.5
Nach § 92 Absatz 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB XII wird das Vermögen mit Blick auf die Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem 3. bzw. 4. Kapitel SGB XII nicht berücksichtigt, wenn gleichzeitig Leistungen der Eingliederungshilfe über Tag und Nacht an minderjährige Leistungsberechtigte, die nicht in einer Wohnung wohnen (§ 27 c Absatz 1 Nr. 1 SGB XII) oder an volljährige Leistungsberechtigte Leistungen zur Teilhabe an Bildung in besonderen Ausbildungsstätten für Menschen mit Behinderungen „über Tag und Nacht“ (§ 27 c Absatz 1 Nr. 2 SGB XII) erbracht werden.
Die Begrenzung des Einkommenseinsatzes auf den Betrag der häuslichen Ersparnis bzw. auf den Betrag des Unterhaltsanspruchs gegenüber den Eltern regelt bereits § 27 c Abs. 4 i.V. m. § 142 Abs. 1 SGB IX bzw. i. V. m § 142 Abs. 3 SGB IX. § 92 Absatz 1 Satz 2 2. Halbsatz bestimmt, dass auf diese Personen die Regelungen des § 92 Abs. 2 SGB XII zum weitergehenden Einkommenseinsatz nicht anwendbar sind.
- 2.
- 2.1
Nach § 92 Absatz 2 SGB XII soll über die häusliche Ersparnis hinaus die Aufbringung der Mittel in angemessenem Umfang verlangt werden, wenn eine Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf. Von einer „voraussichtlich längeren Zeit der Leistungen“ ist auszugehen, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die leistungsberechtigte Person die Einrichtung vor Ablauf von sechs Monaten verlassen wird. Der Einkommenseinsatz nach § 92 Absatz 2 SGB XII wird i. d. R. verlangt ab dem Zeitpunkt der Feststellung des voraussichtlich längeren Zeitraums der stationären Versorgung.
- 2.2
Der Einkommenseinsatz für den Lebensunterhalt in der Einrichtung darf zusammen mit der häuslichen Ersparnis den Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts der in der stationären Einrichtung lebenden leistungsberechtigten Person nach § 27b SGB XII nicht überschreiten.
- 3.
- 3.1
Nach § 92 Absatz 2 Satz 2 SGB XII ist bei der Ermittlung des angemessenen Umfangs des Einkommenseinsatzes bei voraussichtlich längerem stationären Aufenthalt auch der bisherigen Lebenssituation der im Haushalt verbliebenen Ehegatten oder Lebenspartner sowie der im Haushalt lebenden minderjährigen unverheirateten Kinder Rechnung zu tragen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Lebenssituation dieser Personen durch den Einkommenseinsatz über die häusliche Ersparnis hinaus nicht wesentlich verschlechtert wird.
Dabei ist davon auszugehen, dass die bisherige Lebenssituation durch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse vor Eintritt der leistungsberechtigten Person in die stationäre Einrichtung geprägt war. Daher soll auf das gemeinsame Durchschnittseinkommen im Jahr vor Eintritt des Hilfebedarfs abgestellt werden, sofern keine andere Betrachtung gerechtfertigt ist (z. B. absehbare Einkommensminderung wegen bevorstehenden Rentenbezugs). Einkommensminderungen, die vor Aufnahme in die stationäre Einrichtung wegen Krankenhausaufenthalten oder Maßnahmen zur Rehabilitation eingetreten sind, sollen in der Regel unberücksichtigt bleiben. Bei während der Leistungsgewährung eintretenden wesentlichen Änderungen in den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Einsatzgemeinschaft ist eine Neuberechnung des Einkommenseinsatzes vorzunehmen (z. B. das Ausscheiden von Kindern aus der Einsatzgemeinschaft wg. Volljährigkeit, Eintritt in den Altersruhestand des im Haushalt verbliebenen Ehegatten/Lebenspartners). Werden keine wesentlichen Veränderungen geltend gemacht, ist eine Überprüfung des Einkommenseinsatzes nach § 92 SGB XII und ggf. eine Neuberechnung i. d. R. im Abstand von 2 Jahren vorzunehmen.
- 3.2
Zur Berücksichtigung der bisherigen Lebensverhältnisse sind die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung der im Haushalt verbliebenen Mitglieder der Einsatzgemeinschaft zu berücksichtigen (zur Berücksichtigung von Tilgungsbeträgen und Instandhaltungs-/Reparaturkosten bei selbstbewohnten Eigenheimen oder Eigentumswohnungen als Kosten der Unterkunft s. Regelungen zu § 35 SGB XII). Nur im Einzelfall kann es aufgrund geänderter Lebensverhältnisse (z. B. Auszug von bislang im Haushalt lebenden Kindern) zuzumuten sein, die Kosten der Unterkunft zu senken.
- 3.3
Darüber hinaus sind besondere Belastungen als Sonderbedarfe der im Haushalt verbliebenen Personen zu berücksichtigen. Dies können z. B. sein:
- -
Fahrtkosten für Besuchsfahrten zu der in der stationären Einrichtung lebenden Person,
- -
besondere Belastungen, die aufgrund berechtigter oder fortbestehender Zahlungsverpflichtungen bestehen,
- -
Mehraufwendungen für Mahlzeitendienste.
- 3.4
Soweit das im Rahmen des § 82 SGB XII anrechenbare gemeinsame Einkommen die Summe aus der nach Absatz 1 ermittelten häuslichen Ersparnis und den notwendigen Lebensunterhalt für den/die im Haushalt verbliebenen Personen übersteigt, soll dieses in angemessenem Umfang eingesetzt werden. Der angemessene Umfang wird ermittelt, indem das über die häusliche Ersparnis und den unter Berücksichtigung von 3.2 und 3.3 und der entsprechenden Regelbedarfe ermittelten notwendigen Lebensunterhalt (Garantiebetrag) des/der im Haushalt verbliebenen Personen hinausgehende Einkommen den Mitgliedern der Einsatzgemeinschaft kopfteilig zugerechnet wird. Damit wird der bisherigen Lebenssituation der im Haushalt verbliebenen Personen Rechnung getragen. Nur der auf die leistungsberechtigte Person in der stationären Einrichtung entfallende Kopfteil ist zusätzlich zur häuslichen Ersparnis für die Deckung der an sie in der stationären Einrichtung nach dem Dritten und Vierten Kapitel SGB XII erbrachten Leistungen zum Lebensunterhalt einzusetzen. Es ist sicherzustellen, dass den im Haushalt verbliebenen Personen der notwendige Lebensunterhalt, der ermittelte Kopfteil und ggf. der Absetzbetrag nach § 82 Absatz 3 SGB XII aus dem gemeinsamen Einkommen verbleiben (sog. erweiterter Garantiebetrag).
- 3.5
Bei alleinstehenden Personen, die dauerhaft stationäre Leistungen erhalten, ist i. d. R. das gesamte bereinigte Einkommen für den in der stationären Einrichtung erbrachten Lebensunterhalt einzusetzen.
- 3.6
Erhalten Ehegatten/Lebenspartner beide für voraussichtlich längere Zeit stationäre Leistungen, ist § 92 Absatz 2 Satz 1 SGB XII nicht anzuwenden. In diesen Fällen hat jeder zunächst sein Einkommen zur Deckung seines notwendigen Bedarfs einzusetzen, ggf. übersteigendes Einkommen ist für den Bedarf des Ehegatten/Lebenspartners einzusetzen.
- 4.
- 4.1
Das nach § 92 SGB XII ermittelte einzusetzende Einkommen ist bei der Gewährung von stationären Leistungen zum Lebensunterhalt zunächst auf die Leistungen nach dem Vierten Kapitel und dann nach dem Dritten Kapitel SGB XII an die leistungsberechtigte Person zu berücksichtigen. Eine Verrechnung der Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII (z. B. Barbetrag und Bekleidung) mit dem für die Leistungen nach dem Vierten Kapitel einzusetzenden Einkommen ist nicht möglich, beide Leistungsansprüche sind getrennt voneinander zu ermitteln.
- 4.2
Nach Ermittlung des einzusetzenden Einkommens für den in der Einrichtung erbrachten Lebensunterhalt nach § 92 SGB XII ist der Einsatz des Einkommens nach den §§ 85 ff SGB XII zu ermitteln
Bei Leistungsberechtigten mit im Haushalt verbliebenen Angehörigen ist zu prüfen, ob unter Berücksichtigung des im Rahmen von § 92 Absatz 2 SGB XII festgestellten erweiterten Garantiebetrages für die im Haushalt verbliebenen Personen (s. 3.4) und des Einkommenseinsatzes für den Lebensunterhalt in der Einrichtung ein darüber hinaus gehender Einkommenseinsatz nach § 87 SGB XII verlangt werden kann. Dabei ist davon auszugehen, dass in Fällen, in denen das einzusetzende Einkommen die Kosten für den Lebensunterhalt in der Einrichtung nach § 27 b SGB XII nicht in vollem Umfang abdeckt, sich ein Einkommenseinsatz nach den §§ 85 ff SGB XII nicht ergibt.
- 4.3
Für die Berechnung des Einkommenseinsatzes nach § 92 SGB XII und ggf. nach §§ 85 ff SGB XII bei längerfristigen Aufenthalten einer Person in einer stationären Einrichtung kann für Ehegatten/Lebenspartner ohne oder mit einem minderjährigen Kind im Haushalt die selbstrechnende Excel-Tabellendatei verwendet werden. Das Ergebnis der Prüfung aller einzelfallbezogenen Umstände entsprechend dieser Rahmenrichtlinie ist dabei stets zu berücksichtigen.
- 5.
Soweit ein anderer als nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtiger nach sonstigen Vorschriften Leistungen, etwa Beihilfeleistungen, Ausbildungsförderung oder Schadensersatzleistungen, für denselben Zweck wie die in § 92 Abs. 2 S. 1 genannten Leistungen zu erbringen hat, wird seine Verpflichtung durch § 92 Abs. 2 nicht berührt. Erbringt er entsprechende Leistungen, kann abweichend von der Regelung des § 92 Abs. 2 die Aufbringung der Mittel von den in § 19 Abs. 3 genannten Personen – ohne Beschränkung des Eigenanteils auf die Kosten des Lebensunterhalts und ohne Ausschluss des Vermögenseinsatzes – verlangt werden.
- 6.
Diese aktualisierte Fassung der Rahmenrichtlinie tritt zum 15.11.2023 in Kraft. Die bisherige Fassung der Rahmenrichtlinie mit Stand vom 01.09.2015 wird aufgehoben.