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Rundschreiben der Senatorin für Finanzen Nr. 05/2014 -
Tätigkeiten für Selbsthilfeeinrichtungen
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Medienberichten zufolge soll das Versicherungsunternehmen Debeka Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes eingesetzt haben, die als sog.
„Vertrauensleute“ bei der Vermittlung von Versicherungsprodukten mitwirken und zu diesem Zweck gegen Vergütung persönliche Daten von Kolleginnen und Kollegen an die Versicherung weitergeben.
Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Debeka-Gruppe wegen des Verdachts der Bestechung und Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses sowie gegen unbekannte Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Verletzung des Dienstgeheimnisses sowie Verstößen gegen datenschutzrechtliche Vorschriften eingeleitet.
Ich nehme diesen Sachverhalt zum Anlass, auf Folgendes hinzuweisen:
Selbsthilfeeinrichtungen
Eine staatliche oder behördliche „Anerkennung“ als Selbsthilfeeinrichtung der Beamtinnen und Beamten gibt es nicht. Die nebentätigkeitsrechtlichen Vorschriften des Beamtenrechts schützen ausschließlich dienstliche Interessen und begründen für außenstehende Dritte, insbesondere für die Einrichtung selbst, keine individuelle Rechtsposition (BVerwG, Urteil vom 01. 07. 1983, ZBR 84, 125). Die Frage der Anzeigepflichtigkeit oder -freiheit einer Nebentätigkeit und deren Untersagung ist ggfs. von den jeweils zuständigen Dienstvorgesetzten zu entscheiden.
Nebentätigkeitsrecht
Nebentätigkeiten unterliegen grundsätzlich gemäß § 40 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) i.V.m. § 70 Bremisches Beamtengesetz (BremBG) der Anzeigepflicht. Ausgenommen von der Anzeigepflicht sind u.a.
•gem. § 72 Abs. 1 Ziffer 3 BremBG die Tätigkeiten zur Wahrung von Berufsinteressen in Gewerkschaften und Berufsverbänden oder in Vorständen, Aufsichtsräten, Verwaltungsräten oder sonstigen Organen von Selbsthilfeeinrichtungen der Beamtinnen und Beamten
und
•gem. § 72 Abs. 1 Ziffer 4 BremBG unentgeltliche Nebentätigkeiten.
Damit ist auch eine in der unentgeltlichen Betreuung und Beratung von Mitgliedern bestehende Nebentätigkeit als Vertrauensfrau oder Vertrauensmann für eine Selbsthilfeeinrichtung grundsätzlich von der Anzeigepflicht ausgenommen.
Anzeigepflichtig sind dagegen Nebentätigkeiten auch für Selbsthilfeeinrichtungen, die sich von der Tätigkeit für andere Unternehmen nicht unterscheiden, z.B. geschäftliche Aktivitäten, die auf die Beratung in finanziellen Fragen oder die Vermittlung von z.B. Versicherungsverträgen gerichtet sind und für die ein Entgelt oder geldwerter Vorteil geleistet wird.
Die Anzeige einer Nebentätigkeit bedarf gem. § 75 BremBG der Schriftform. Die Beamtin oder der Beamte ist verpflichtet, die erforderlichen Nachweise, insbesondere über Art und Umfang der Nebentätigkeit, sowie die Entgelte und geldwerten Vorteile, beizubringen. Das gilt auch für anzeigefreie Nebentätigkeiten, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass durch die Ausübung der Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können.
Wird eine Nebentätigkeit ohne die erforderliche vorherige Anzeige ausgeübt, begeht die Beamtin oder der Beamte u.U. eine disziplinarbewehrte Dienstpflichtverletzung.
Unabhängig davon, ob es sich um eine anzeigepflichtige oder nicht anzeigepflichtige Nebentätigkeit handelt, ist die Nebentätigkeit einzuschränken, bzw. ganz oder teilweise zu untersagen, soweit sie geeignet ist, dienstliche Interessen zu beeinträchtigen oder wenn bei ihrer Übernahme oder Ausübung dienstliche Pflichten verletzt werden (§ 73 BremBG). Dies ist u.a. dann der Fall, wenn die Nebentätigkeit
•die Beamtin oder den Beamten in einen Widerstreit mit den dienstlichen Pflichten bringen kann,
•die Unparteilichkeit oder die Unbefangenheit der Beamtin oder des Beamten beeinflussen kann oder
•dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann.
Bei der Ausübung von Nebentätigkeiten haben die Beamtinnen und Beamten die allgemeinen Pflichten aus dem Beamtenverhältnis (z.B. Pflicht zur Amtsverschwiegenheit), etwaige Auflagen und Bedingungen zur Ausübung der Nebentätigkeit sowie die geltenden Gesetze (z.B. datenschutzrechtliche Bestimmungen, Strafgesetze) zu beachten.
Disziplinarrecht
Beamtinnen und Beamte, die schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen, begehen ein Dienstvergehen, das disziplinarrechtlich geahndet werden kann. Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat die oder der Dienstvorgesetzte gem. § 17 Bremisches Disziplinargesetz (BremDG) die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten.
Von einem Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nach § 37 BeamtStG ist auszugehen, wenn von einer oder einem als Vertrauensmitarbeiterin oder Vertrauensmitarbeiter tätigen Beamtin oder Beamten Namen und Kontaktdaten von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern ohne deren Kenntnis und Einwilligung an eine Selbsthilfeeinrichtung oder Andere weitergegeben werden.
Diese Daten unterliegen als Personalaktendaten einem besonderen Schutz. Sie sind gemäß § 50 Satz 3 BeamtStG vertraulich zu behandeln und dürfen nur für Zwecke der Personalverwaltung oder Personalwirtschaft verwendet werden, es sei denn, die betroffene Person hat einer Weitergabe der Daten ausdrücklich zugestimmt.
Auch Daten außerhalb von Personalaktendaten (z.B. Telefonlisten, Name und Funktion des neuen Büronachbarn) dürfen nur im Rahmen der gesetzlichen Regelungen verwendet werden. Bediensteten, die Kenntnisse von personenbezogenen Daten dienstlich erlangt haben, ist es gem. § 6 Bremisches Datenschutzgesetz (BremDSG) untersagt, diese unbefugt zu einem anderen als dem zur jeweiligen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck zu verarbeiten oder zu offenbaren. Das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung der Tätigkeit fort.
Das Verbot der Datenweitergabe gilt in besonderer Weise für Beamtinnen und Beamte, die durch ihre hauptamtliche Tätigkeit unmittelbar Zugang zu Personalakten ihrer Dienststelle haben. Bei diesem Personenkreis stellt eine Datenweitergabe auch unabhängig von einem evtl. Einverständnis der betroffenen Personen bereits einen Verstoß des Datengeheimnisses nach § 6 BremDSG dar. Wegen der damit verbundenen Pflichtenkollision ist eine Nebentätigkeit als Vertrauensmitarbeiterin oder Vertrauensmitarbeiter einer Selbsthilfeeinrichtung in diesen Fällen grundsätzlich nicht statthaft
Geschenkannahme
Gemäß § 42 BeamtStG dürfen Beamtinnen und Beamte ohne Genehmigung auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses keine Belohnungen, Geschenke oder sonstigen Vorteile für sich oder eine dritte Person in Bezug auf ihr Amt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen.
Ein Verstoß gegen das Verbot der Geschenkannahme kann disziplinar- bzw. strafrechtliche Konsequenzen haben.
Arbeitszeit
Nebentätigkeiten dürfen gem. § 74 BremBG nur außerhalb der Arbeitszeit ausgeübt werden.
Das gilt auch für Nebentätigkeiten von Vertrauensleuten für Selbsthilfeeinrichtungen. Eine Beratung zum Zwecke eines Vertragsabschlusses sowie der Abschluss von Verträgen während des Dienstes sind damit unzulässig.
Dienstgebäude
Gem. Nr. 28 der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die bremische Verwaltung vom 01. 04. 2004 (Brem.ABl. S. 249) sind Sammlungen, Warenhandel und Werbung für wirtschaftliche Zwecke in Dienstgebäuden nur gestattet, wenn die geltenden Beschaffungs- und Vergaberichtlinien eingehalten werden.
Beschäftigte
Die vorstehenden Ausführungen zum Nebentätigkeitsrecht und zu den Pflichten der Beamtinnen und Beamten gelten sinngemäß auch für Beschäftigte.
So haben Beschäftigte gemäß § 3 Absatz 4 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) bzw. § 3 Abs. 3 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) Nebentätigkeiten gegen Entgelt ihrem Arbeitgeber rechtzeitig vorher schriftlich anzuzeigen.
Anzeigepflichtig sind danach nur Nebentätigkeiten gegen Entgelt. Der Begriff „Entgelt“ ist jedoch weit auszulegen. Insbesondere umfasst er nicht nur Gegenleistungen in Geld, sondern auch sämtliche Gegenleistungen, die als Vergütung im entgeltlichen Sinne angesehen werden können. Der Begriff umfasst damit insbesondere Gegenleistungen, die einen geldwerten Vorteil im weiteren Sinne darstellen.
Im Übrigen dürfen auch unentgeltliche Nebentätigkeiten nicht aufgenommen werden, wenn sie nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen unzulässig sind. Unzulässig ist eine Nebentätigkeit beispielsweise, wenn sie Beschäftigte daran hindert, ihren Arbeitspflichten aus dem Hauptarbeitsverhältnis nachzukommen, bei entgegenstehenden Wettbewerbsinteressen oder einem sonstigen Konflikt mit den Interessen des Arbeitgebers.
Kommt dem Arbeitgeber die Ausübung einer derart gelagerten unentgeltlichen Nebentätigkeit zur Kenntnis, kann er sie untersagen oder mit Auflagen versehen. Unter Umständen könnte die Ausübung der Nebentätigkeit schon eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellen, die arbeitsrechtliche Maßnahmen auslösen kann. Siehe hierzu auch das Rundschreiben der Senatorin für Finanzen Nr. 09/2007 „Nebentätigkeiten – Neuregelungen in den Tarifverträgen TVöD und TV-L“.
Zur Wahrung des Datengeheimnisses sind die Beschäftigten auch über § 3 Abs. 2 TV-L bzw. § 3 Abs. 1 TVöD und nach § 1 des Gesetzes über die Verpflichtung nicht beamteter Personen (Verpflichtungsgesetz) besonders verpflichtet.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen gem. § 3 Abs. 3 TV-L bzw. § 3 Abs. 2 TVöD von Dritten Belohnungen, Geschenke oder sonstige Vergünstigungen mit Bezug auf ihre Tätigkeit nicht annehmen. Ausnahmen sind nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich. Werden den Beschäftigten derartige Vergünstigungen angeboten, haben sie dies dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen.
Bei einem Verstoß gegen arbeitszeitrechtliche Bestimmungen können arbeitsrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden.
Kontakt
Die Senatorin für Finanzen
Referat 30
Rudolf-Hilferding-Platz 1
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E-Mail: Dienstrecht@finanzen.bremen.de