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Rundschreiben der Senatorin für Finanzen Nr. 08/2016 -
Umgang mit eingeschränkt dienstfähigen Beamtinnen und Beamten /
Anderweitige Verwendung zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand
Verteiler: Alle Dienststellen ohne Schulen
Als Konsequenz aus der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), Beschluss 2 C 37.13 vom 19.03.2015 und des Oberverwaltungsgerichts Bremen (OVG), Beschluss 2 A 182/12 sowie 2 LB 116/14 vom 22.04.2015 sind zukünftig andere Maßstäbe bei der Versetzung von dienstunfähigen und teildienstunfähigen Beamtinnen und Beamten in den Ruhestand anzulegen. Bei der Frage einer anderweitigen Verwendung nach § 26 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - Anlage 1 - ist dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Ruhestand“ Rechnung zu tragen. Wird zukünftig bei der Suche nach einer Weiterverwendungsmöglichkeit ein geeigneter freier Dienstposten gefunden, so ist die oder der Betroffene dahin zu versetzen bzw. abzuordnen. Die Suche darf sich dabei nicht auf ein bloßes Anfragen freier Stellen beschränken, vielmehr sind konkrete, dialogische Bemühungen erforderlich.
Die nähere Ausgestaltung wird unter Inhalt und Umfang der Suchpflicht beschrieben.
Dienstunfähigkeit liegt bei derjenigen / demjenigen vor, die / der aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund ihres / seines körperlichen Zustandes dauerhaft unfähig ist, die dienstlichen Pflichten zu erfüllen.
§ 26 Abs. 1 BeamtStG begründet jedoch die Pflicht des Dienstherrn nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Die Möglichkeiten einer solchen anderweitigen Verwendung werden in § 26 Abs. 2 und 3 BeamtStG beschrieben.
Der Dienstherr muss durch das von ihm selbst zu gestaltende Verfahren sicherstellen, dass innerhalb der Verwaltung eine „hinreichend ernsthafte und nachdrückliche“ Suche erfolgt; Zweifel, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat, gehen zulasten des Dienstherrn (BVerwG, Beschl. 2 C 37.13 v. 19.3.2015).
Die Suchpflicht besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung der Beamtin / des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass diese/r für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die die Beamtin / der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist (BVerwG 2 C 16/12 vom 30.10.2013).
Eine anderweitige Verwendung ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn der Arbeitsplatz nicht leidensgerecht ist (am Maßstab der amtsärztlichen Stellungnahme) oder der Aufwand, der mit einem Laufbahnwechsel einhergeht, dem Dienstherrn nicht zugemutet werden kann. Dabei kann nicht unbedingt auf die fehlenden Fachkenntnisse abgestellt werden, da davon auszugehen ist, dass die Beamtin / der Beamte diese auch während der Unterweisung bzw. im Einzelfall auch im Rahmen einer Umschulung erwerben kann.
2. Vorgegebener Ablauf der anderweitigen Verwendungsprüfung
Generell gilt bei einer Verwendungsprüfung, dass ein vorrangiger Einsatz im Rahmen der beruflichen Rehabilitation innerhalb des jeweils zuständigen Ressorts zu erfolgen hat.
Die Prüfung einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit ist im Rahmen eines strukturierten dreistufigen Verfahrens vorzunehmen:
Es besteht zunächst die Verpflichtung der Beschäftigungsdienststelle nach einem geeigneten Dienstposten zu suchen. Sollte eine Verwendungsmöglichkeit verneint werden, ist der Vorgang (inklusive der Personal- und Nebenakten, dem amtsärztlichen Gutachten sowie einer Übersicht über den bisherigen beruflichen Werdegang der Beamtin / des Beamten) dem zuständigen Ressort zur weiteren Verwendungsprüfung zu übermitteln.
Das zuständige Ressort hat innerhalb seines Zuständigkeitsbereiches zu prüfen, ob eine Verwendungsmöglichkeit besteht. Sollte eine Verwendungsmöglichkeit auch hier verneint werden, ist der Vorgang (inklusive der Personal- und Nebenakten, dem amtsärztlichen Gutachten sowie einer Übersicht über den bisherigen beruflichen Werdegang der Beamtin / des Beamten) an die Senatorin für Finanzen (SF) - Referat 33 - Personalentwicklung, Gesundheitsmanagement, Stellenausschreibungen und Personalvermittlung, Nachwuchskräfte, Zuständige Stelle - zur ressortübergreifenden Verwendungsprüfung zu übermitteln.
Ist die SF nach Prüfung der Auffassung, dass eine adäquate Verwendung in dem abgebenden Ressort möglich ist, wird das Ressort auffordert, die Beamtin / den Beamten dort einzusetzen. Sollte das Ressort mit dieser Entscheidung nicht einverstanden sein, besteht die Möglichkeit, die unter Ziffer 8 benannte Clearingstelle anzurufen.
Nachdem sowohl die Beschäftigungsdienststelle als auch das zuständige Ressort keinen adäquaten anderweitigen Dienstposten zur Verfügung stellen konnte, erfolgt eine ressortübergreifende Verwendungsprüfung durch die SF. Die Umfrage erfolgt unter Einhaltung des Personaldatenschutzes in anonymisierter Form. Auf der Grundlage des amtsärztlichen Gutachtens erfolgt eine Kurzbeschreibung der gesundheitlichen Einschränkungen, darüber hinaus werden Angaben zum bisherigen beruflichen Werdegang gemacht.
3. Inhalt, Umfang und Dauer der Suchpflicht
Bei der Verwendungsprüfung ist in allen drei Verfahrensstufen folgendes zu beachten:
Entsprechend der amtsärztlichen Stellungnahme sind die Möglichkeiten einer anderweitigen Verwendung zu prüfen.
Die Prüfung kann sich im Einzelfall auf die bisherige Laufbahn und das jeweilige statusrechtliche Amt oder auf ein vergleichbares statusrechtliches Amt in einer anderen Laufbahn beziehen, welches durch einen Laufbahnwechsel erreicht werden kann.
Sollte ein entsprechend bewertetes statusrechtliches Amt nicht zur Verfügung stehen, ist zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand zu prüfen, ob auch ein niedriger bewertetes Amt - bis zu 3 Besoldungsgruppen innerhalb der Laufbahngruppe - übertragen werden kann.
Eine Verwendungsprüfung darf nicht nur auf den Zeitpunkt des Eingangs des konkreten Prüfauftrages abstellen, sondern muss auch zukünftig frei werdende Stellen mit einbeziehen. Nach der aktuellen Rechtsprechung hält das BVerwG (Beschl. 2 C 37.13 vom 19.3.2015) nach den landes- und bundesrechtlichen Regelungen einen Zeitraum von sechs Monaten für angemessen.
Für die Beschäftigungsdienststelle bzw. das jeweilige Ressort der Beamtin / des Beamten gilt der vorgegebene Prüfzeitraum von acht Monaten, damit gewährleistet ist, dass die Verwendungsprüfung in allen drei Verfahrensstufen zum gleichen Zeitpunkt endet.
Die Prüfung beinhaltet:
Das Prüfergebnis ist bei der ressortübergreifenden Verwendungsprüfung auf dem beigefügten Meldebogen „ressortübergreifende Verwendungsprüfung“ - Anlage 2 zu dokumentieren und innerhalb von drei Wochen zurückzusenden. Im Streitfall obliegt es dem Dienstherrn schlüssig darzulegen, dass er alle gesetzlichen bzw. durch die Gerichte konkretisierten Vorgaben bei der Suche nach einem anderweitigen Dienstposten beachtet hat. Die Meldung einer bloßen Fehlanzeige reicht in keinem Fall aus.
Steht ein adäquater Dienstposten zur Verfügung, ist die Beamtin / der Beamte auf diesen Dienstposten umzusetzen, zu versetzen bzw. zunächst im Rahmen einer Unterweisung/vertiefenden Qualifizierung mit dem Ziel der Versetzung abzuordnen. Ein Einvernehmen mit der betroffenen Dienststelle ist nach der aktuellen Rechtsprechung nicht erforderlich. Lehnt die Dienststelle eine Verwendung ab, hat sie dies detailliert zu begründen.
Die SF - Referat 33 wird nach Abschluss der ressortübergreifenden Umfrage nach Auswertung der vorliegenden Meldungen unter Berücksichtigung des Einzelfalles einen Vermittlungsvorschlag unterbreiten.
Für eine Abordnung gelten die folgenden Fristen:
Bei einer Verwendung in derselben Laufbahn beträgt die Abordnungszeit in der Regel bis zu sechs Monate, eine Verlängerung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Zum Erwerb einer neuen Laufbahnbefähigung ergibt sich der zeitliche Rahmen, in dem eine Verwendung zu erfolgen hat, aus der erforderlichen Unterweisungszeit. Hierzu wird auf die gesondert veröffentlichten Rundschreiben der Senatorin für Finanzen verwiesen.
Als weitere Option ist unter Berücksichtigung der dienstlichen Belange auch die Möglichkeit einer Umschulung zur/zum Verwaltungsfachangestellten, Justizfachangestellten sowie ein Studium im Rahmen des Dualen Studiengangs Public Administration (DSPA) in Betracht zu ziehen. Voraussetzung ist in diesem Fall u.a., dass nach Beendigung der Ausbildung ein entsprechender Dienstposten zur Verfügung bzw. die Dauer der / des Ausbildung/Studiums in einem angemessenen Verhältnis zur verbleibenden Dienstzeit steht. In diesen Fällen erfolgt eine Abordnung der / des dienstunfähigen Beamtin / Beamten an das Aus- und Fortbildungszentrum (AFZ).
Nach Ablauf der Hälfte des Abordnungszeitraumes ist eine Zwischenbeurteilung, zum Ende eine Abschlussbeurteilung zu erstellen. Hierfür sind die für die jeweiligen Fachrichtungen vorgesehenen Beurteilungsvordrucke zu verwenden. Es ist eine Aussage dahingehend zu treffen, ob sich die Beamtin / der Beamte auf dem neuen Dienstposten bewährt hat.
Dies gilt nicht, wenn eine Umschulung oder Studium im Rahmen der beruflichen Rehabilitation erfolgt. Hat sich die Beamtin / der Beamte auf dem neuen Dienstposten nicht bewährt, soll die Beurteilung auch eine Aussage darüber enthalten, ob eine Abordnung auf einen weiteren Dienstposten als sinnvoll angesehen wird.
Die Personalkosten hat für den Abordnungszeitraum die jeweils abgebende Beschäftigungsdienststelle zu tragen. Darüber hinaus gehende individuelle Einzelfallregelungen sind zwischen der abgebenden und der neuen Dienststelle zu treffen.
Die Beamtin / der Beamte behält ihr / sein statusrechtliches Amt auch, wenn sie / er auf einem niedriger bewerteten Dienstposten eingesetzt wird.
Sollte die Beamtin /der Beamte auf einem niedriger bewerteten Dienstposten eingesetzt werden, so hat die abgebende Dienststelle der neuen Dienststelle die Differenz zur tatsächlichen Besoldungsgruppe bis zur nächsten Haushaltsaufstellung zu erstatten.
Die SF stellt bei Bedarf bzw. unter Berücksichtigung des Einzelfalles sicher, dass eine arbeitstherapeutische Begleitung erfolgt.
8. Clearingstelle / Senatsentscheidung
Sollte das aufnehmende Ressort bzw. die Dienststelle dem Vermittlungsvorschlag der SF nicht folgen, ist, bevor eine Entscheidung des Senats herbeigeführt wird, eine Clearingstelle einzuberufen.
Der Clearingstelle gehören fünf Mitglieder an: Sie besteht aus dem abgebenden sowie dem zur Aufnahme vorgesehenen Ressort, dem Gesamtpersonalrat für das Land und die Stadtgemeinde Bremen, ggf. die Gesamtschwerbehindertenvertretung für das Land und die Stadtgemeinde Bremen mit beratender Stimme, einem anderen unbeteiligten Ressort sowie der SF. Für den Fall, dass der Vermittlungsvorschlag von SF dazu führt, dass das abgebende auch das aufnehmende Ressort ist, sind zwei unbeteiligte Ressorts zu beteiligen. Dies gilt auch, wenn SF das abgebende Ressort ist.
Stimmberechtigt mit jeweils einer Stimme sind die benannten Mitglieder. Die SF wird in Abstimmung mit den Ressorts eine Geschäftsordnung für die Clearingstelle erstellen.
Die Clearingstelle ist verpflichtet, eine Empfehlung auszusprechen.
Nach Beschluss der Clearingstelle ist eine Senatsbefassung durch das zur Aufnahme vorgesehene Ressort möglich, wenn der Vermittlungsvorschlag der SF von der Clearingstelle aufrechterhalten wird und das Ressort mit der Entscheidung nicht einverstanden ist. Sollte die Clearingstelle den Vermittlungsvorschlag der SF ablehnen, besteht für die SF ebenfalls die Möglichkeit eine Senatsbefassung herbeizuführen.
Sollte eine anderweitige Verwendung für die Beamtin / den Beamten abschließend nicht realisiert werden können und die Beschäftigungsdienststelle bzw. das zugehörige Ressort und die im Rahmen der Ressortumfrage beteiligten Dienststellen nach Meldung einer Fehlanzeige eine adäquate Stellenausschreibung bei der SF - Referat 33 zur Ausschreibung aufgeben, wird die Stellenausschreibung angehalten und das /die betroffene Ressort / Dienststelle hat sich - sofern eine Versetzung in den Ruhestand bzw. eine anderweitige Vermittlung noch nicht erfolgt ist - erneut dezidiert mit der/ dem zu vermittelnden Beamtin / Beamten auseinanderzusetzen.
Die Senatorin für Finanzen
Referat 33
Doventorscontrescarpe 172, Block C
28195 Bremen
E-Mail: referat33@finanzen.bremen.de
Anlagen