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Rundschreiben des Senators für Finanzen
Nummer 14/2022 vom 01.12.2022
Arbeitsrechtliche Hinweise zur
elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Verteiler: Alle Dienststellen
Über Verteilerlisten:
organisation@dienststelle.bremen.de
personal@dienststelle.bremen.de
Adressatenkreis:
alle Personalstellen
Mit dem „Dritten Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie“ und dem Siebten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze wurde eine gesetzliche Grundlage für den elektronischen Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten durch die Arbeitgeber geschaffen.
Gemäß § 109 Abs. 1 SGB IV haben die Krankenkassen ab dem 1. Januar 2022 nach Eingang der Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Abs. 1 Satz 1 SGB V eine Meldung zum Abruf für den Arbeitgeber zu erstellen. Gleiches gilt gemäß § 109 Abs. 3a SGB IV nach Eingang der voraussichtlichen Dauer und des Endes von stationären Krankenhausaufenthalten (§ 301 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Gleiches gilt für Arbeitsunfähigkeitsdaten nach Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten.
Durch das Gesetz zur Verbesserung der Transparenz in der Alterssicherung und der Rehabilitation sowie zur Modernisierung der Sozialversicherungswahlen wurde der Start des Verfahrens sowie die Übergangsphase (Pilotierung) verschoben. Eine Pilotierung war ab dem 1. Januar 2022 die Pilotierung zulässig und der obligatorische Start des Verfahrens erfolgte zum 1. Juli 2022.
2. Fristen zur Datenübertragung an die Krankenkasse
Es besteht bereits ab dem 1. Januar 2022 die Verpflichtung der Ärzt*innen, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu nutzen und dabei Daten elektronisch zu übermitteln. Spätestens zum 1. Januar 2023 wird die eAU verpflichtend.
Mindestens einmal täglich sollen Ärzt*innen die eAU-Daten an die Krankenkassen übertragen. Bei Störfällen (siehe Punkt 6) erhalten die Beschäftigten weiterhin je eine Papierbescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber und der Krankenkasse. Dies setzt natürlich voraus, dass zum Zeitpunkt des Arztbesuches bekannt ist, dass eine elektronische Übermittlung der Daten an die Krankenkasse nicht erfolgen kann.
Ist zum Zeitpunkt des Arztbesuchs die Störfallsituation nicht bekannt, muss der Arzt oder die Ärztin eine Ersatzbescheinigung an die Krankenkasse auf dem Postweg übersenden, wenn bis Ende des Folgetages der elektronische Versand nicht möglich ist. Die Verpflichtung des Arztes oder der Ärztin zur Übersendung des Datensatzes an die Krankenkasse entfällt nach Beseitigung des Störfalles nicht.
Ein elektronischer Abruf der Arbeitgeber wird von den Krankenkassen auch mit Daten aus dem Ersatzverfahren (Postweg) gewährleistet. Liegen zum Zeitpunkt des Abrufs keine Daten vor, wird die Anfrage zwar erst abschlägig beantwortet, jedoch prüft die Krankenkasse ab diesem Zeitpunkt 14 Tage lang, ob weitere AU-Zeiten eingehen. Ist dies der Fall, werden dem Arbeitgeber die Daten innerhalb des 14-Tage.Zeitraums proaktivdurch die Krankenkasse ohne erneute Anfrage des Arbeitgebers zur Verfügung gestellt.
3. Abruf der Daten durch den Arbeitgeber
Ein Abruf der Daten ist sinnvoll, wenn die Beschäftigten bereits verpflichtet sind, eine Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt oder die Ärztin feststellen zu lassen und daher diese bereits der Krankenkasse übermittelt werden konnte. Um ablehnende Mitteilungen durch die Krankenkasse zu vermeiden, sollten die AU-Daten erst am folgenden Werktag abgerufen werden.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für die wöchentliche Abholung der Daten vom Krankenkassenserver zu sorgen. Aus Gründen der Praktikabilität sollte jedoch ein kürzeres Intervall gewählt werden.
Eine automatische Übermittlung seitens der Krankenkassen ist gesetzlich nicht vorgesehen. Jede Personalstelle ist damit im eAU-Verfahren der Initiator.
Die eAU kann über das bereits bekannte Verfahren sv.net abgerufen werden. Hier benötigt die Personalstelle lediglich folgende Daten zur Abfrage:
Das Verfahren über sv.net sollte den Personalstellen bereits seit dem 1. Juli 2019 durch das elektronische A1-Antrags- und Bescheinigungsverfahren für die Entsendung von Beschäftigten innerhalb der EU/des EWR und in die Schweiz bekannt sein.
Auf der Homepage des „sv.net“ können sich die Personalstellen registrieren, um am Abrufverfahren zur eAU teilzunehmen. Die für die Registrierung erforderliche Betriebsnummer liegt den Personalstellen grundsätzlich vor oder kann, wenn die Bezügeabrechnung über Performa Nord erfolgt, bei der zuständigen Bezügesachbearbeitung erfragt werden. Zur Kommunikation mit Performa Nord und externen Dienstleistern siehe auch Punkt 11.
Die Registrierung bei sv.net ist der unter folgenden Adresse möglich:
https://standard.gkvnet-ag.de/svnet/
Hinweise zum technischen Verfahren werden auf der folgenden Webseite angeboten:
https://www.gkv-datenaustausch.de/arbeitgeber/eau/eau.jsp
Nach Abfrage bei der Krankenkasse werden der Personalstelle mindestens folgende Werte übermittelt:
Aufgrund der Absendernummer wird die Rückmeldung der Krankenkasse ausschließlich der Stelle bereitgestellt, von der aus die Anfrage erfolgte.
Sobald die Personalstelle die Arbeitsunfähigkeitsdaten bei der Krankenkasse angefordert hat, prüft diese, ob sie die in diesem Fall zuständige Krankenkasse ist. Liegt keine Zuständigkeit der Krankenkasse vor, wird der Datensatz gegenüber dem Arbeitgeber als „unzuständig“ zurückgemeldet.
Unzuständig ist eine Krankenkasse generell nur dann, wenn der Krankenkasse die Person nicht bekannt ist, für den angefragten Zeitpunkt keine Mitgliedschaft oder Versicherung bestand und bereits eine Information über den vollzogenen Krankenkassenwechsel vorliegt.
Die Krankenkasse meldet dem Arbeitgeber die Informationen, welche sie im Datenaustausch vom Vertragsarzt oder der Vertragsärztin, vom Durchgangsarzt oder Durchgangsärztin oder Krankenhaus erhalten hat. Überschneiden sich Meldungen, weil z.B. mehrere Vertragsärzt*innen Arbeitsunfähigkeit attestiert haben oder ein Arbeitsunfähigkeitszeitraum mit einem Krankenhausaufenthalt zusammenfällt, werden ggfs. mehrere eAU-Datensätze auf eine Anfrage des Arbeitgebers durch die Krankenkasse übermittelt.
Auch bei geringfügig Beschäftigten kann eine Anfrage zur eAU gestellt werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Anfrage an die eigentliche Krankenkasse und nicht an die Minijob-Zentrale erfolgt.
Im Zusammenhang mit einer Krankenhausbehandlung werden alle Sachverhalte übermittelt, in denen der Arbeitnehmer stationär zur Behandlung im Krankenhaus aufgenommen wurde. Eine Meldung erfolgt daher sowohl im Zusammenhang mit vollstationären Krankenhausaufenthalten als auch stationsäquivalenten Behandlungen (stationäre Behandlung im häuslichen Umfeld). Ambulante sowie vorstationäre und nachstationäre Behandlungen werden hingegen nicht übermittelt.
Liegen für den angefragten Zeitraum Zeiten eines stationären Aufenthalts nach § 301 Abs. 1 SGB V vom Krankenhaus vor, werden regelmäßig nur die Werte in den Feldern „Aufnahmetag“ und „Voraussichtliche Dauer der KH-Behandlung“ an den Arbeitgeber übermittelt. Ist der Krankenhausaufenthalt zum Zeitpunkt der Anfrage bereits beendet, wird im Feld „Voraussichtliche Dauer der KH-Behandlung“ das tatsächliche Entlassdatum angegeben.
Wenn die Abfrage durch den Arbeitgeber bei der Krankenkasse nicht funktioniert hat, kann dies verschiedene Gründe haben, z.B.:
Insbesondere bei einem Technikausfall in der Arztpraxis erhalten die Beschäftigten weiterhin eine unterschriebene Papierbescheinigung mittels sogenannten Stylesheet zur Vorlage beim Arbeitgeber und eine unterschriebene Papierbescheinigung mit Barcode mittels Stylesheet zur Vorlage bei der Krankenkasse, sofern beim Arztbesuch bekannt ist, dass eine Übermittlung an die Krankenkasse nicht stattfinden kann.
Ist eine Störfallsituation zum Zeitpunkt des Arztbesuchs nicht bekannt, muss der Arzt oder die Ärztin eine Ersatzbescheinigung an die Krankenkasse auf dem Postweg übersenden, wenn bis zum Ende Folgetages der elektronische Versand nicht möglich ist. In jedem Störfall sind die Ärzt*innen verpflichtet, die nichtversandten Datensätze zu puffern und nach Beseitigung des Störfalls an die Krankenkassen zu versenden. Der elektronische Abruf der Arbeitgeber soll von den Krankenkassen auch mit Daten aus diesem Ersatzverfahren gewährleistet sein.
Liegen zum Zeitpunkt des Abrufs keine Daten vor, wird die Anfrage zunächst erst abschlägig beantwortet, jedoch prüft die Krankenkasse ab diesem Zeitpunkt 14 Tage, ob weitere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit eingehen. Ist dies der Fall, wird dem Arbeitgeber die Zeit der Arbeitsunfähigkeit innerhalb des 14-Tage-Zeitraum proaktiv durch die Krankenkasse ohne erneute Anfrage des Arbeitgebers zur Verfügung gestellt. Auch in diesem Fall soll die Antwort der Krankenkasse die im Punkt 3 benannten Daten umfassen.
Abfragen der Arbeitgeber an die Krankenkassen dürfen selbstverständlich nur durch eine gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen (z.B. sv.net) abgegeben werden. Ist ein Dritter mit dem Abruf beauftragt (z.B. Performa Nord, Steuerberater oder andere Dienstleister), darf dieser die Daten verarbeiten. Ein Abruf der eAU darf nur durch den Arbeitgeber erfolgen, wenn dieser zum Erhalt der Daten berechtigt ist oder vom Arbeitgeber zum Erhalt der Daten bestimmt ist.
Die Berechtigung zum Abruf der eAU durch den Arbeitgeber liegt dann vor, wenn
8. Pflichten der Beschäftigten
Die Beschäftigten sind weiterhin nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG verpflichtet, eine Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen. Hier bleibt es weiterhin dabei, dass die Beschäftigten dem Arbeitgeber bzw. der zur Entgegennahme solcher Erklärungen zuständigen Stelle die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit während der ersten Betriebsstunden mitzuteilen haben.
Zusätzlich sind gesetzlich krankenversicherte Beschäftigte nach dem neuen § 5 Abs. 1a EFZG ab dem 1. Januar 2023 verpflichtet, bei einer länger als drei Kalendertage andauernden Arbeitsunfähigkeit das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer ärztlich feststellen zu lassen.
Die Verpflichtung der Beschäftigten zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeits-bescheinigung entfällt im neuen Verfahren.
Handelt es sich jedoch um
ist dem Arbeitgeber weiterhin ein entsprechender Nachweis der Arbeitsunfähigkeit durch die Beschäftigten vorzulegen. Gleiches gilt auch, wenn ein Störfall vorliegt (siehe Punkt 6).
9. Ausgenommener Personenkreis
Vom neuen Verfahren der eAU sind ausschließlich nur Pflichtversicherte und freiwillig Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse betroffen. Hierbei handelt es sich um den Personenkreis der ehemaligen Arbeiter*innen und Angestellten.
Beamte, die freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind, sind vom neuen Verfahren der eAU ausgenommen. Gleiches gilt für privatversicherte Beschäftigte. Hier gilt weiterhin das bisherige Papierverfahren zur Vorlage beim Arbeitgeber.
Zur Information an die betroffenen Beschäftigten stellen wir anliegend ein Musterschreiben (Anlage) zur Verfügung.
Eine gesetzliche Grundlage zur Information der Krankenkassen an die dortigen Versicherten gibt es nicht. Es ist davon auszugehen, dass die Krankenkassen aus eigenem Interesse, um Rückfragen zu vermeiden, entsprechende Aufklärungsarbeit über z.B. Briefbeileger, Mitgliederzeitschriften oder ihre Homepage betreiben werden.
11. Zusammenarbeit mit Performa Nord oder anderen Dienstleistern
Performa Nord weist darauf hin, dass die für den Abruf der eAU benötigten Daten (u.a. Sozialversicherungsnummer und Name der Krankenkasse) den Dienststellen bzw. sonstigen Arbeitgebern bis zur verpflichtenden Einführung des Verfahrens digital zur Verfügung gestellt werden. Nähere Informationen zur Bereitstellung der zuvor genannten Daten werden den Dienststellen bzw. sonstigen Arbeitgebern rechtzeitig durch Performa Nord mitgeteilt.
Für Personalfälle, die vom Integrierten Personalservice bei Performa Nord betreut werden, erfolgt der Abruf der eAU durch die zuständige Personalsachbearbeitung bei Performa Nord.
Sofern der Personalservice nicht über Performa Nord abgewickelt wird, sollten sich Arbeitgeber an ihre Dienstleister (z.B. Steuerberater) wenden, um die zukünftige Verfahrensweise abzusprechen. Es ist dabei insbesondere zu regeln, wie und in welcher Form die Informationen über die Fehlzeiten zum externen Dienstleister gelangen und wer die elektronische Abfrage der AU-Zeiten vornimmt.
Der Senator für Finanzen
Referat 31
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E-Mail: tarifrecht@finanzen.bremen.de