- 1.
- 1.1.
Das Verfahren zur Feststellung der Dienstunfähigkeit wird für Beamtinnen und Beamte in §§ 26 bis 29 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) i.V.m. §§ 41 bis 44 Bremisches Beamtengesetz (BremBG) geregelt. Dies gilt gemäß § 4 Absatz 1 Bremisches Richtergesetz (BremRiG) auch für Richterinnen und Richter, soweit nicht § 57 BremRiG etwas anderes bestimmt. Bei Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten, Beamtinnen und Beamten der Berufsfeuerwehr und Beamtinnen und Beamten des Justizvollzugs sind außerdem § 109 i.V.m. §§ 113 und 114 BremBG und die besonderen Verwaltungsvorschriften zur gesundheitlichen Eignung dieses Personenkreises zu berücksichtigen. Ergänzend zu diesen Rechtsgrundlagen werden nachstehende Empfehlungen gegeben, die der Vereinheitlichung des Verfahrens und der Rechtssicherheit dienen sollen.
- 1.2.
Zuständig für die Feststellung der Dienstunfähigkeit ist die oder der Dienstvorgesetzte (§ 41 Absatz 3 BremBG). Die Feststellung erfolgt aufgrund eines ärztlichen Gutachtens (§ 44 BremBG). Das ärztliche Gutachten soll Dienstvorgesetzte und die über die Versetzung in den Ruhestand zuständige Behörde in die Lage versetzen, nach sorgfältiger Prüfung eine sachgerechte und verwaltungsgerichtlich überprüfbare Entscheidung zu treffen. Das Gutachten selbst stellt keine beamtenrechtliche Entscheidung dar. Die Daten dürfen nur für die zu treffende Entscheidung verarbeitet oder genutzt werden. Zur Feststellung der Dienstunfähigkeit im Sinne von § 26 Absatz 1 BremStG ist es erforderlich, dass alle der in Betracht kommenden Faktoren dokumentiert und gewürdigt werden. Dabei ist nicht allein auf die Person der jeweiligen Beamtin oder des jeweiligen Beamten abzustellen. Vielmehr sind die Auswirkungen der körperlichen Gebrechen oder der Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte auf die Fähigkeit, die im konkreten Amt obliegenden Dienstpflichten zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb entscheidend. Es kommt dabei nicht allein und ausschlaggebend auf Art und Ausmaß der einzelnen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die objektiven ärztlichen Befunde und deren medizinische Bewertung an, sondern vielmehr darauf, ob die Beamtin oder der Beamte auf Grund ihrer bzw. seiner gesamten Konstitution zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig ist.
Die maßgeblichen Dienstpflichten bestimmen sich in diesem Zusammenhang nach den Anforderungen des übertragenen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne, z.B. das Amt als Oberamtsrat bei einer bestimmten Behörde ohne Beschränkung auf einen bestimmten Dienstposten. Dienstunfähigkeit ist dann gegeben, wenn nach den zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung zur Verfügung stehenden Erkenntnissen die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit unwahrscheinlich ist.
Zur Feststellung der Dienstunfähigkeit ist es nicht erforderlich, dass die Fähigkeit zur Dienstleistung schlechthin verloren gegangen ist. Vielmehr liegt Dienstunfähigkeit bereits dann vor, wenn etwa durch eine Vielzahl in relativ kurzen Zeitabständen immer wieder auftretender - sei es gleicher oder zum Teil auch unterschiedlicher - Erkrankungen von längerer Dauer, die auf eine Schwäche der Gesamtkonstitution und eine damit verbundene Anfälligkeit der Beamtin oder des Beamten schließen lassen, der Dienstbetrieb empfindlich und unzumutbar beeinträchtigt wird und eine nachhaltige mittelfristig absehbare Besserung nicht zu erwarten ist.
- 1.3.
Über die Versetzung in den Ruhestand entscheidet die nach § 45 Absatz 2 BremBG zuständige Behörde, die an die Erklärung der oder des Dienstvorgesetzten nicht gebunden ist. Die zuständige Behörde kann auch andere Beweise erheben (§ 41 Absatz 3 BremBG). - 2.
- 2.1.
Bestehen begründete Zweifel an der Dienstfähigkeit im Sinne von § 26 Absatz 1 BeamtStG und § 41 Absatz 1 und 2 BremBG (siehe Nummer 1.2.) ist die Beamtin oder der Beamte verpflichtet, sich ärztlich untersuchen und ggf. auch beobachten zu lassen. Die Anordnung der ärztlichen Untersuchung ist ausdrücklich der oder dem Betroffenen gegenüber schriftlich zu erklären. Die Anordnung muss den konkreten Anlass und das Ausmaß der Untersuchung deutlich machen und sich auf solche Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die Besorgnis begründen, die bzw. der Betroffene sei dienstunfähig bzw. begrenzt dienstfähig. Kommt die Beamtin oder der Beamte trotz wiederholter schriftlicher Weisung ohne hinreichenden Grund dieser Verpflichtung nicht nach, kann sie oder er so behandelt werden, als ob Dienstunfähigkeit vorläge. - 2.2.
Der Untersuchungsauftrag 1ist schriftlich durch die oder den Dienstvorgesetzten unmittelbar an das Gesundheitsamt Bremen oder den Ärztlichen Dienst bei der Polizei Bremen zu richten. Im Untersuchungsauftrag werden Untersuchungszweck und alle bekannten Umstände mitgeteilt, die für die Abfassung eines aussagekräftigen ärztlichen Gutachtens im Sinne von Nummer 1.2. wesentlich sind. Der Untersuchungsauftrag hat sich nur auf tatsächliche Feststellungen oder Beobachtungen und nicht auf Mutmaßungen oder Gerüchte zu stützen. Alle für die Untersuchung wichtigen Unterlagen wie z. B. ärztliche Befunde, Atteste, Stellungnahmen von Vorgesetzten u.ä. sind beizufügen. Die Beamtin oder der Beamte erhält mit der Anordnung der Untersuchung einen Abdruck des Untersuchungsauftrages. Der Untersuchungsauftrag soll folgende Angaben enthalten: - 2.2.1.
Name, ggf. Geburtsname, Vorname, Geburtsdatum;
- 2.2.2.
Dienst- oder Amtsbezeichnung;
- 2.2.3.
Dienststelle mit Anschrift, Privatanschrift, Telefonnummer;
- 2.2.4.
ausgeübte Funktion (z.B. Auszug aus dem Geschäftsverteilungsplan, Hinweise auf besondere zusätzliche Aufgaben, bei Lehrpersonal Stundenplan, Beschreibung einer vom statusrechtlichen Amt abweichenden Verwendung, Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst, Abordnung);
- 2.2.5.
wöchentliche Arbeitszeit (ggf. Angabe von in Anspruch genommenen Anrechnungen, Ermäßigungen und Freistellungen wie Altersermäßigung, Schwerbehindertenermäßigung, vorübergehend herabgesetzter Dienstfähigkeit bei Eingliederungen oder begrenzter Dienstfähigkeit, Beurlaubungen, besonderen Belastungen);
- 2.2.6.
konkreter Anlass für die Untersuchung, Veranlassung der Untersuchung auf Antrag der Beamtin oder des Beamten, der oder des Dienstvorgesetzten oder der für die Versetzung in den Ruhestand zuständigen Behörde;
- 2.2.7.
Angaben zu beobachteten Leistungseinschränkungen und ggf. zu durchgeführten entlastenden Maßnahmen. Insbesondere ist auf etwaige besondere physische und psychische Belastungen hinzuweisen, denen die Beamtin oder der Beamte im Amt ausgesetzt ist;
- 2.2.8.
Angaben zu Zeiträumen und Umfang von krankheitsbedingten Fehlzeiten, soweit diese Daten für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit offensichtlich erforderlich sind; Hinweis, ob die Beamtin oder der Beamte aktuell dienstunfähig krank ist; BEM-Protokolle;
- 2.2.9.
Angaben zu Rehabilitationsmaßnahmen, soweit diese Daten für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit offensichtlich erforderlich sind;
- 2.2.10.
ggf. Angaben zu dokumentierten Konflikten am Arbeitsplatz;
- 2.2.11.
Angaben zu einer Schwerbehinderung (Grad, Beginn), zu einer anerkannten Gleichstellung und zu anerkannten Nachteilsausgleichen;
- 2.2.12.
anlassbezogene ärztliche Befunde; weitere Auszüge aus der Personalakte können dem Untersuchungsauftrag beigefügt werden. Den Gutachtern bleibt es unbenommen, weitere Auskünfte oder Auszüge aus der Personalakte anzufordern oder die Personalakte einzusehen. Soweit eine Auskunft ausreicht, ist von einer Vorlage der Personalakte abzusehen. Vorlage und Auskunft sind auf den jeweils erforderlichen Umfang zu beschränken (§ 89 Absatz 1 und 4 BremBG). - 3.
- 3.1.
Die Beamtin oder der Beamte ist zu Beginn der Untersuchung über deren Zweck und die Übermittlungsbefugnis an die auftraggebende Behörde zu unterrichten (§ 44 Absatz 3 BremBG). Ist die Beamtin oder der Beamte nicht bereit, eine ärztliche Untersuchung oder eine ärztlich für erforderlich gehaltene Zusatzuntersuchung (siehe Nummer 4.) durchführen zu lassen, ist sie oder er auf die Konsequenzen hinzuweisen (siehe Nummer 2.1.). Die auftraggebende Behörde wird hierüber unverzüglich informiert. - 3.2.
In dem Gutachten teilt die Ärztin oder der Arzt der oder dem Dienstvorgesetzten oder der auftraggebenden Behörde die tragenden Feststellungen und Gründe des Ergebnisses der ärztlichen Untersuchung mit, soweit deren Kenntnis unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die zu treffende Entscheidung erforderlich ist (§ 44 Absatz 2 BremBG). Zum Ergebnis der Untersuchung gehören das Krankheitsbild und die daraus folgenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen einschließlich der zeitlichen und inhaltlichen Prognose über den weiteren Krankheitsverlauf sowie die Auswirkungen auf die dienstliche Tätigkeit im Sinne eines positiven und negativen Leistungsbildes. Neben einem eindeutigen Votum zur Dienstunfähigkeit soll das Gutachten auch Angaben darüber enthalten, ob eine Versetzung in den Ruhestand durch bestimmte Maßnahmen vermieden werden kann, z.B. durch Rehabilitationsmaßnahmen, stufenweise Wiedereingliederung in den Dienst, Umsetzung, anderweitige Verwendung durch Übertragung eines anderen Amtes (§ 26 BeamtStG) sowie Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit (§ 27 BeamtStG). Eingeholte Zusatzgutachten sind dabei zu berücksichtigen. Das Gutachten muss als maßgebliche Entscheidungsgrundlage für Dienstvorgesetzte mindestens Aussagen zu nachfolgenden Fragen enthalten. Die ärztlichen Feststellungen sind jeweils ausführlich zu begründen. Bei maßgeblichen Abweichungen zwischen den im Untersuchungsauftrag von der auftraggebenden Behörde gemachten Angaben und den von der oder dem zu Begutachtenden gemachten Angaben während der Untersuchung sollten diese vor der Gutachtenerstellung hinterfragt werden.
Das Gutachten ist der anfordernden Behörde zeitnah vorzulegen (bei Zusatzgutachten siehe Nummer 4.):
- 3.2.1.
Persönliche Daten wie Name, ggf. Geburtsname, Vorname, Geburtsdatum, Art der Identifikation (z. B. Vorlage des Personalausweises, Reisepasses oder „persönlich bekannt“), Datum der persönlichen Untersuchung.
- 3.2.2.
Welches Krankheitsbild liegt vor? Wie ist die bisherige Entwicklung, und wie ist das Ausmaß der Gesundheitsstörungen zu beurteilen?
- 3.2.3.
Bestehen aus ärztlicher Sicht wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen Leistungseinschränkungen bei der Aufgabenwahrnehmung im derzeitigen Aufgabenbereich /im übertragenen konkreten Amt? Wenn ja, welche konkreten Tätigkeiten können nicht mehr ausgeübt werden? Liegen ggf. die Voraussetzungen der begrenzten Dienstfähigkeit mit einer Aufgabenwahrnehmung von mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit vor?
- 3.2.4.
Welche Maßnahmen wurden bisher zur Verbesserung oder Wiederherstellung der Dienstfähigkeit durchgeführt und mit welchem Erfolg?
- 3.2.5.
Sind zur Erhaltung, Verbesserung oder Wiederherstellung der Dienstfähigkeit ggf. weitere Behandlungsmaßnahmen erfolgversprechend und wenn ja, welche?
- 3.2.6.
Ist mit der Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten 6 Monate zu rechnen (§ 26 Absatz 1 BeamtStG iVm § 41 Absatz 2 BremBG)? - 3.2.7.
Liegt die gesundheitliche Eignung für eine anderweitige Verwendung, ggf. auch in Teilzeit oder mit Umschulung, vor? Wenn ja, mit welchen Tätigkeitsmerkmalen?
- 3.2.8.
Nach welchem Zeitablauf ist bei einer Versetzung in den Ruhestand eine Nachuntersuchung durchzuführen? Kann ggf. wegen des eindeutigen Krankheitsbildes auf eine Nachuntersuchung verzichtet werden?
- 3.2.9.
Wird ein Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) empfohlen?
- 4.
- 4.1.
Für die Abfassung des ärztlichen Gutachtens zur Dienstunfähigkeit können Zusatzgutachten notwendig sein, wenn dafür konkrete Umstände vorliegen und die medizinische Problematik und die gutachterliche Fragestellung nur gemeinsam mit einer anderen Fachdisziplin geklärt werden können. Die Entscheidung hierüber trifft die untersuchende Ärztin oder der untersuchende Arzt nach pflichtgemäßem Ermessen. Über die Vergabe eines Zusatzgutachtens wird die bzw. der Betroffene von der untersuchenden Ärztin oder dem untersuchenden Arzt unterrichtet. Die oder der Dienstvorgesetzte oder die auftraggebende Behörde werden ebenfalls informiert; sie tragen die Kosten für das Zusatzgutachten.
- 4.2.
Die Einholung von Zusatzgutachten erfordert eine konkrete Fragestellung an die zu beauftragenden Gutachterinnen und Gutachter. Für die Durchführung der Begutachtung gilt Nummer 3.1. entsprechend. Zusatzgutachten sollen im Hinblick auf den Vorlagetermin des Gutachtens mit einer zeitlichen Vorgabe erteilt werden.
- 4.3.
Zusatzgutachten verbleiben grundsätzlich bei der gemäß Nummer 2.1. beauftragten Ärztin oder dem beauftragten Arzt. Sollte im Einzelfall eine Weitergabe an die über die Versetzung in den Ruhestand entscheidende Behörde erforderlich sein, muss das Zusatzgutachten den Anforderungen gemäß Nummer 3.2. entsprechen.
- 5.
- 5.1.
Die gesetzliche Übermittlungsbefugnis für die Weitergabe der Untersuchungsergebnisse gemäß § 44 Absatz 2 BremBG (siehe Nummer 3.2.) ist unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der Erforderlichkeit auszuüben. Dies gilt insbesondere für die Weitergabe von Einzelergebnissen des Untersuchungsbefundes. Die Ärztin oder der Arzt sind durch diese gesetzliche Übermittlungsbefugnis von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden. - 5.2.
Das Gutachten ist gemäß § 44 Absatz 2 Satz 2 BremBG in einem verschlossenen und versiegelten Umschlag zu übersenden und versiegelt zur Personalakte zu nehmen. - 5.3.
Gemäß § 44 Absatz 3 Satz 2 BremBG übermittelt die Ärztin oder der Arzt der Beamtin oder dem Beamten oder, soweit dem ärztliche Gründe entgegenstehen, einer zu ihrer oder seiner Vertretung befugten Person eine Kopie der auf Grund dieser Vorschrift an die Behörde erteilten Auskünfte oder des Gutachtens. - 6.
Diese Vereinbarung gilt entsprechend für ärztliche Begutachtungen nach § 29 Absatz 5 BeamtStG i. V. m. § 43 Absatz 2 BremBG. - 7.
Das Gesundheitsamt Bremen betreut das auf der Grundlage der Vereinbarung über Amtsärztliche Untersuchungen von Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richtern der Freien Hansestadt Bremen im Zusammenhang mit der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit vom 2./19. Juli 1999 (Brem.ABl. S. 635) entstandene Berichtswesen und informiert die Ressorts entsprechend. Dies beinhaltet auch eine Rückmeldung über die Konsequenzen aus den erfolgten Gutachten.
- 8.
Bei Beauftragung einer bzw. eines sonstigen von der obersten Dienstbehörde bestimmten Ärztin oder bestimmten Arztes außerhalb des amts- oder polizeiärztlichen Dienstes ist diese Vereinbarung als Grundlage der Begutachtung und der Erstellung des Gutachtens im Einzelfall zu vereinbaren.
- 9.
Diese Vereinbarung tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung im Bremischen Amtsblatt in Kraft. Gleichzeitig wird die unter Nummer 7. genannte Vereinbarung außer Kraft gesetzt.