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Verwaltungsanweisung
Erstattung von Kosten im Vorverfahren § 63 SGB X
Anwendungsbereich dieser Verwaltungsanweisung
Zur Anwendung des § 63 SGB X werden die nachfolgenden Hinweise gegeben, die für alle Leistungen nach dem SGB XII (einschließlich Leistungen nach dem 4. Kapitel, da es im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung dafür bisher keine Regelungen des Bundes gibt) und für Leistungen nach dem Landespflegegeldgesetz gelten. Sie gelten nicht für Leistungen nach dem AsylbLG, da diese Vorschrift dafür nicht anwendbar ist. (Für das AsylbLG gilt für die Erstattung von Kosten im Vorverfahren § 80 Bremisches Verwaltungsverfahrensgesetz, der ähnliche Regelungen wie § 63 SGB X enthält, aber nicht identisch ist).
Erstattungsfähig sind nur die für das Widerspruchsverfahren aufgewendeten notwendigen Aufwendungen. Nicht erstattungsfähig sind Kosten, die dem / der Betroffenen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens entstanden sind, das zum Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes geführt hat.
Den Erstattungsanspruch hat der Bürger nur im Falle eines erfolgreichen Widerspruches. Ein Widerspruch ist erfolgreich, wenn ihm ganz oder teilweise abgeholfen oder durch Entscheidung der Widerspruchsstelle stattgegeben wurde. Dies gilt auch, wenn die Widerspruchsstelle die Sache an die erstentscheidende Stelle zur (teilweisen) Abhilfe zurückverweist. Der Erstattungsanspruch besteht immer dann, wenn der Widerspruch erfolgreich / zumindest teilweise erfolgreich war.
Dabei ist es unerheblich, aus welchen Gründen der Widerspruch zum Erfolg geführt hat; Kosten sind z.B. auch dann zu übernehmen, wenn über einen unzulässigen Widerspruch entschieden wird, wenn der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig oder unzweckmäßig war oder wenn sich ein Betroffener / eine Betroffene ausschließlich auf die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften eines materiell-rechtlich unbegründeten Widerspruchs berufen hat.
Notwendig für einen Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten Kosten ist, dass der Widerspruch unmittelbar zu einer günstigeren Sachentscheidung geführt hat. War z.B. nicht der Widerspruch, sondern bei rechtmäßiger Versagung bzw. Entziehung ausschließlich eine nachgeholte Mitwirkungspflicht ursächlich für die abhelfende bzw. stattgebende Entscheidung, so war dies ursächlich dafür und es besteht kein Anspruch auf Erstattung der Kosten.
Wird ein Widerspruch vor Entscheidung in der Sache zurückgezogen oder erledigt er sich auf andere Weise (z.B. durch Tod des Betroffenen, ohne dass ein Rechtsnachfolger den Widerspruch weiterführt), findet kein Aufwendungsersatz statt. Wird ein Widerspruch durch einen Vergleich geregelt, gilt dies ebenso, es sei denn, in dem Vergleich wird auch die Kostenfrage mit geregelt.
Nimmt die Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt zurück, kommt dies einer Abhilfeentscheidung gleich, die einen Anspruch auf Erstattung der Kosten auslöst.
Nach § 63 Abs. 1 SGB X werden „die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen“ erstattet.
Darunter fallen z.B. die materiellen Aufwendungen für Porto- Telefon- und Reisekosten; in Einzelfällen können auch Kosten für privat eingeholte Gutachten oder der Ersatz von Verdienstausfall dazugehören. Arbeits- und Zeitaufwand eines Widerspruch einlegenden Bürgers gehören nicht dazu; dies findet nur bei der Bemessung der Gebühr für einen Bevollmächtigten über § 14 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG Berücksichtigung.
Im Gesetzestext heißt es, dass Aufwendungen erstattet werden, „soweit der Widerspruch erfolgreich ist“. Wenn also einem Widerspruch nur zum Teil abgeholfen bzw. nur zum Teil stattgegeben wird, sind die Aufwendungen nicht im vollen Umfang erstattungsfähig. Hier müsste eine Quotenfestlegung erfolgen. Eine solche Quotenfestlegung wird in der Praxis in der Sachbearbeitung i.d.R. nicht zu treffen sein, wenn dem Widerspruch nur teilweise abgeholfen wird und „der Rest“ zur Entscheidung an die Widerspruchsbehörde gegeben wird. Hier wird letztlich die Widerspruchsbehörde das Verhältnis von Erfolg / Misserfolg des Widerspruchs beurteilen und eine entsprechende Kostenentscheidung treffen. Diese kann dem abschließenden Widerspruchsbescheid entnommen werden.
Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten erstattungsfähig, „wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war“.
Dies ist keine eigenständige Rechtsgrundlage, sondern knüpft an § 63 Abs. 1 SGB X an, ist also ein Teil der nach § 63 Abs. 1 zu treffenden Entscheidung. Dies ergibt sich auch aus § 63 Abs. 3 Satz 2, in dem es heißt, dass die Kostenentscheidung auch bestimmt, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.
In der Rechtsprechung kristallisiert sich immer mehr heraus, dass die Zuziehung eines Rechtsanwaltes nicht mehr der Ausnahmefall, sondern der Regelfall ist. Begründet wird dies zur Herstellung von „Waffengleichheit“ zwischen der „mit Sachverstand ausgestatteten Behörde“ und dem üblicherweise rechtsunkundigen Bürger.
Die Notwendigkeit der Zuziehung bemisst sich zum einen nach der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage und nach den persönlichen Verhältnissen des Widerspruchsführers / der Widerspruchsführerin. Zum anderen bemisst sie sich auch danach, ob die Beauftragung eines Bevollmächtigten für einen verständigen Bürger im Einzelfall vernünftig erscheint. Sie kann sich aus einer objektiv schwierigen Sach- oder Rechtslage ergeben. Sie kann sich auch aus der Schwere des Eingriffs in Rechte oder Grundrechte des / der Betroffenen ergeben. Ferner kann die Notwendigkeit anerkannt werden, wenn besondere persönliche Umstände, wie z.B. körperliche oder geistige Gesundheitsbeeinträchtigungen, Unerfahrenheit oder andere Besonderheiten wie z.B. mangelnde Sprachkenntnisse vorliegen.
Es kommt für die hier zu treffende Entscheidung darauf an, ob vom Standpunkt einer vernünftigen Person ohne spezielle Rechtskenntnisse in der gegebenen Konstellation die Zuziehung eines Rechtsanwaltes geboten gewesen wäre. Dabei ist nicht die subjektive Sicht des Widerspruchsführers / der Widerspruchsführerin maßgebend, sondern die Frage, wie ein verständiger Dritter in dessen Situation gehandelt hätte.
Ein vom Amtsgericht rechtlich bestellter Betreuer, der zugleich Rechtsanwalt ist, kann für eine im Rahmen seiner betreuenden Tätigkeit nur dann ein Anwaltshonorar verlangen, wenn er für einen Anwalt berufsspezifische Leistungen erbracht hat. Die Erhebung eines Widerspruchs durch einen Betreuer z.B. gegen einen Sozialhilfebescheid unter Hinweis auf veränderte Einkommensverhältnisse erfordert nicht die Einschaltung eines Rechtsanwalts. Sie kann von dem Betreuer eines Sozialhilfeempfängers als typische Betreuungsaufgabe ohne anwaltliche Hilfe vorgenommen werden.
Wenn es sich allerdings um eine Sach- oder Rechtslage handelt, in der auch in einem Fall ohne Betreuer die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als notwendig anzuerkennen wäre, ist auch dem betreuenden Anwalt ein Honorar nicht zu versagen.
Das gleiche gilt auch, wenn ein Rechtsanwalt selbst Leistungsempfänger ist. Auch ein sich selbst vertretender Rechtsanwalt kann Ersatz von Gebühren und Auslagen beanspruchen, wenn in diesem Fall die Zuziehung für einen rechtsunkundigen Beteiligten notwendig gewesen wäre.
Die Entscheidung über die Erstattung der Kosten im Vorverfahren besteht aus drei Teilen, die aufeinander aufbauen:
1. | Kostengrundentscheidung | Die Kosten des Vorverfahrens trägt die Stadtgemeinde Bremen | § 63 Abs. 1 SGB X |
2. | Hinzuziehungsentscheidung | Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten wird als notwendig / nicht notwendig anerkannt | § 63 Abs. 2 SGB X |
3. | Kostenfestsetzung | Die Behörde setzt auf Antrag die Höhe der zu erstattenden Kosten fest | § 63 Abs. 3 SGB X |
Die ersten beiden Entscheidungen werden zusammen mit der Abhilfeentscheidung getroffen. Bei Bescheidung durch die Ausgangsbehörde ist der Bescheid mit der üblichen Rechtsbehelfsbelehrung (Widerspruch) zu versehen, da mit der Kosten- und Hinzuziehungsentscheidung eine neue (ggf. belastende) Entscheidung getroffen wird.
Die Kostenfestsetzungsentscheidung (Einreichung der anwaltlichen Rechnung) stellt ein neues Verwaltungsverfahren dar.
Nach Erhebung des Widerspruchs durch einen Bevollmächtigten (Rechtsanwalt etc.) ist zu-nächst zu prüfen, ob dieser wirksam im Sinne des § 13 Abs. 1 SGB X durch den Widerspruchsführer bevollmächtigt wurde. Dazu hat der Bevollmächtigte gem. § 13 Abs. 1, Satz 3 SGB X die Vollmacht auf Verlangen des Sozialhilfeträgers schriftlich nachzuweisen.
Wird einem Widerspruch von der Bescheid erteilenden Dienststelle vollständig abgeholfen, ist auch von dieser Dienststelle die Entscheidung über die Erstattung von Kosten im Vorverfahren zu treffen; es ist ebenso zu entscheiden, ob die Hinzuziehung eines Anwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig ist.
Wird einem Widerspruch nicht abgeholfen, oder wird nur teilweise abgeholfen und der Widerspruch zur Entscheidung an die Widerspruchsstelle weitergeleitet, werden diese Entscheidungen von dort mit dem abschließenden Widerspruchsbescheid getroffen
Eine Kostenfestsetzung dem Betrag nach erfolgt gem. § 63 Abs. 3 S. 1 SGB X nur auf Antrag in der Ausgangsbehörde. Ein solcher Antrag kann formlos gestellt werden.
Rechnungen über Rechtsanwaltskosten sind dem Bezirksrevisor bei den Fachgerichten zur Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit zu übersenden. Die Postanschrift dafür lautet:
Der Senator für Justiz und Verfassung
Der Bezirksrevisor Fachgerichte im Justizzentrum
Am Wall 198
28195 Bremen
Im Anschluss an diese Prüfung ist ein Kostenfestsetzungsbescheid zu erlassen. Wird dem Antrag nach Prüfung durch den Bezirksrevisor in vollem Umfang stattgegeben, bedarf es in dem Kostenfestsetzungsbescheid keiner gesonderten Begründung.
Erfolgt keine vollständige Übernahme, sind die Ausführungen des Bezirksrevisors als eigene Feststellungen in dem Kostenfestsetzungsbescheid zu übernehmen. Ein Hinweis auf die Prüfungen des Bezirksrevisors oder die Beifügung der Stellungnahme als Anlage zum Bescheid sind dabei nicht zulässig.
Ein aus Sicht des Leistungsbeziehers erfolgreiches Klageverfahren vor dem Sozialgericht führt gleichzeitig zu einer Kostentragungspflicht durch die Beklagte sowohl hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens als auch denen des dazugehörigen Vorverfahrens. Die Abwicklung erfolgt im Rechtsreferat. Zur Gewährleistung einer einheitlichen Entscheidung wird die Höhe der zu tragenden Kosten ggf. durch das Gericht in einem Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzt.
Die festgesetzten Verfahrenskosten sind aus folgender Haushaltsstelle anzuweisen:
3412.526 00-6 Sachverständige, Gerichts- und ähnliche Kosten
Diese Haushaltsstelle ist bei Verfahren nach § 63 SGB X anzusprechen (also bei Entscheidungen in den Rechtsbereichen SGB XII und dem LPG). Für den Bereich AsylbLG gibt es eine andere Haushaltsstelle.
Über OpenProsoz können Kosten im Vorverfahren für die Leistungsarten HLU, GSiAE und für die weiteren Hilfen als einmalige Bedarfe bzw. einmalige Hilfen abgewickelt werden. Siehe dazu OpenProsoz-Mitteilung Nr. 111. Da bei einer Zahlbarmachung über OpenProsoz automatisch kein korrekter Bescheid erstellt werden kann, muss ein entsprechender Prosoz-Bescheid über die Bewilligung von Kosten im Vorverfahren entweder manuell korrigiert werden, oder es muss ein manueller Bescheid erstellt werden.
Sofern eine Abwicklung über OpenProsoz nicht möglich ist (z.B. bei LPG, AsylbLG oder wenn die Zahlbarmachung wegen der in OpenProsoz vorgenommenen Einkommensanrechnung nicht möglich ist), sind manuelle Auszahlungen vorzunehmen. Dafür ist die Original-Kostenrechnung mit der Feststellung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit unter Benennung der Haushaltsstelle und der Absenderangabe (Name, OKZ, Aktenzeichen, Datum, Unterschrift) zur Überweisung an Referat 400-11 bei der senatorischen Behörde zu geben. Da die Originalrechnung im Haushaltsreferat als zahlungsbegründende Unterlage bei den Belegakten verbleibt, ist eine Kopie davon zur Akte zu nehmen.