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Verwaltungsanweisung zu § 82a SGB XII
Freibetrag für Personen mit Grundrentenzeiten oder entsprechenden Zeiten
aus anderweitigen Alterssicherungssystemen
1 | Inhalt und Ziel | 2 |
2 | Grundrentenzeiten und vergleichbare Zeiten | 2 |
2.1 | Grundsicherungszeiten nach § 76g Abs. 2 SGB VI | 2 |
2.2 | Vergleichbare Zeiten | 2 |
3 | Voraussetzung für die Berücksichtigung des Freibetrages | 3 |
4 | Berechnung des Freibetrages | 3 |
5 | Statistik | 4 |
6 | Inkrafttreten | 5 |
Der § 82a regelt die Einführung eines Einkommensfreibetrages. Der Freibetrag wird für diejenigen Personen einkommensmindernd berücksichtigt, die 33 Jahre an Grundrentenzeiten nach § 76g Abs. 2 SGB VI oder diesen Grundrentenzeiten vergleichbare Zeiten erreicht haben.
Die Grundrente in der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI) wird nicht als eigenständige Rente, sondern als Rentenzuschlag gewährt. Sie muss nicht gesondert beantragt werden; die Deutsche Rentenversicherung prüft mögliche Ansprüche von Amts wegen.
Aufgrund der individuell sehr unterschiedlichen Bedarfe reichen die durch die Gewährung der Grundrente erreichten Einkommensverbesserungen in der gesetzlichen Rente nicht in jedem Fall aus, Hilfebedürftigkeit zu vermeiden oder zu beseitigen. Daher wird für Rentenbezieher*innen, die ergänzende Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (Drittes Kapitel SGB XII) oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Viertes Kapitel SGB XII) erhalten, ein zusätzlicher Freibetrag eingeführt. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass den Betroffenen monatlich mehr tatsächliche Mittel zur Verfügung stehen als der aktuelle Leistungsanspruch.
Durch § 82a Abs. 2 wird dieser Freibetrag auf solche Alterseinkommen ausgeweitet, die nicht aus der gesetzlichen Rente folgen, sondern aus anderen verpflichtenden System der Alterssicherung (z.B. Versorgungswerk der Ärzte) stammen. Hiermit erfolgt eine Wertschätzung, dass auch diesen Beziehern von Leistungen nach dem SGB XII mehr zur Verfügung steht, wenn sie langjährig Leistungen im Erwerbsleben, insbesondere durch die Zahlung von Beiträgen, erbracht haben.
Grundrentenzeiten sind Kalendermonate mit anrechenbaren Zeiten im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 51 Abs. 3a Nr. 1 bis 3 SGB VI); z.B. Zeiten aus versicherungspflichtiger Beschäftigung, Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege). Die Deutsche Rentenversicherung ermittelt diese Grundrentenzeiten und bestätigt sie. Mindestens 33 Jahre (396 Kalendermonate) müssen erreicht sein, um die Voraussetzung zur Gewährung eines Freibetrages nach § 82a zu erfüllen.
Vergleichbare Zeiten sind für beitragsfinanzierte Systeme solche, für die Beiträge aufgrund einer Versicherungspflicht eingezahlt wurden. Beitragsfinanzierte System sind:
Vergleichbare Zeiten können auch aus einer Beschäftigung resultieren, in der Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 und S. 2 SGB VI bestand (z.B. sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten, Stiftungen des öffentlichen Rechts) oder nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI eine Befreiung von der Versicherungspflicht (z.B. Lehrer, Erzieher an nicht-öffentlichen Schulen) vorlag.
Die leistungsbeziehende Person im SGB XII muss 33 Jahre an Grundrentenzeiten oder vergleichbare Zeiten erfüllt haben; das entspricht 396 Kalendermonaten. Empfänger*innen einer Hinterbliebenenrente erhalten den Freibetrag, wenn sie bedürftig sind und der/die Verstorbene 33 Jahre an Grundrenten- oder vergleichbaren Zeiten in verpflichtenden Alterssicherungssystemen erworben hat.
Achtung: Die Gewährung des Freibetrages setzt keinen Bezug von Grundrente voraus.
Die seit Juli 2021 für Neurentner*innen erstellten Rentenbescheide enthalten in der Regel eine Aufstellung über die vorliegenden Grundrentenzeiten sowie die Anzahl der Monate an Grundrentenzeiten. Die Rentenbescheide sind vollständig vorzulegen, damit über einen Leistungsanspruch nach dem Dritten oder Vierten Kapitel SGB XII unter Berücksichtigung des Freibetrages entschieden werden kann.
Sofern Grundrentenzeiten in den Rentenbescheiden nicht ausgewiesen sind, sind diese beim Rentenversicherungsträger im Rahmen einer Einzelabfrage zu ermitteln.
Sofern bei Antragstellung auf Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel SGB XII noch kein Nachweis über ggf. erfüllte Grundrentenzeiten vorliegt, ist einsprechend der Übergangsregelung des § 143 SGB XII zu entscheiden. Hierfür wurde eine gesonderte Verwaltungsanweisung zur Verfügung gestellt.
Die mit den Grundrentenzeiten vergleichbaren Zeiten sind vom jeweils zuständigen Versorgungsträger zu bestätigen bzw. in deren Rentenbescheiden auszuweisen und von der leistungsnachsuchenden Person dem Sozialhilfeträger vorzulegen.
Sollten für denselben Kalendermonat sowohl Grundrentenzeiten (siehe 2.1) als auch vergleichbare Zeiten in einem anderen verpflichteten System der Alterssicherung (siehe 2.2) vorliegen, wird für die Bestimmung der 33 Jahre dieser Monat nur einmal berücksichtigt.
Der Freibetrag errechnet sich ausschließlich aus dem unbereinigten Bruttoeinkommen (§ 82 Abs. 1) der gesetzlichen Rente (Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Hinterbliebenenrente, Erziehungsrente und/oder europäischer gesetzlicher Rentenzahlungen1). Betriebsrenten und andere Einkommensarten bleiben bei der Berechnung des Freibetrages nach § 82a außer Acht.
Ausdrücklich einbezogen in die VO (EG) Nr. 883/2004 sind nach Art. 3 Absatz 3 VO (EG) Nr. 883/2004 besondere beitragsunabhängige Geldleistungen (Art. 70 Absatz 2 und Anhang X VO (EG) Nr. 883/2004). Die Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel SGB XII zählen zu den besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen.
Bei der Feststellung des Anspruchs sind Leistungen und sonstige Einkünfte aus einem anderen Mitgliedsstaat so zu berücksichtigen, als würden sie im zuständigen Staat bezogen (dies nennt man Sachverhaltsgleichstellung). Dieselbe Leistung oder dieselben Einkünfte im anderen Mitgliedsstaat entfalten dadurch die gleichen Rechtswirkungen, wie dies bei rein nationalen Fallgestaltungen gegeben wäre.
Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 enthält keine besonderen Bestimmungen zu existenzsichernden Leistungen (Drittes und Viertes Kapitel SGB XII), sodass die Sachverhaltsgleichstellung anzuwenden ist. Daraus ergibt sich, dass der Bezug von Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung aus anderen Mitgliedstaaten dem Bezug von Leistungen der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung gleichzustellen ist.
Der Begriff der ‚gesetzlichen Rente‘ in § 82a Absatz 1 SGB XII umfasst daher nicht nur die deutsche Rente, sondern eben auch ausländische Renten, auf welche die VO (EG) Nr. 883/2004 Anwendung findet. Dazu gehören Renten aus anderen europäischen Mitgliedstaaten, aus Norwegen, Liechtenstein, Island und der Schweiz sowie aus dem Vereinigten Königreich Großbritannien.
Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist im ersten Schritt ein Betrag in Höhe von € 100,00 monatlich abzusetzen. Hinzu kommen 30 Prozent des diesen Betrag übersteigenden Einkommens.
Der Freibetrag ist auf einen Betrag von 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 begrenzt.
Der Freibetrag für Personen mit Grundrentenzeiten tritt zu den bisherigen Freibeträgen nach § 82 hinzu.
Für andere Hilfearten des SGB XII gilt der Freibetrag nach § 82a nicht.
Berechnungsbeispiele und die finanziellen Auswirkungen des Freibetrages sind in der Anlage 1 exemplarisch dargestellt.
Vorbehaltlich des Inkrafttretens des Gesetzes zur Verbesserung der Transparenz in der Alterssicherung und der Rehabilitation sowie der Modernisierung der Sozialversicherungswahlen (Gesetz Digitale Rentenübersicht) zum 01.01.2021 sind im Bereich der Grundsicherung (Viertes Kapitel) der Bezug einer Grundrente sowie die Absetzbeträge nach § 82a SGB XII statistisch zu erfassen. Die statistische Erfassung erfolgt im Hintergrund über das Fachverfahren.
Die Verwaltungsanweisung tritt zum 01.12.2023 in Kraft. Die Verwaltungsanweisung vom 21.12.2020 tritt mit gleichem Datum außer Kraft.
Bei der Auslegung des Begriffs ‚gesetzliche Rente‘ in § 82a Abs. 1 SGB XII ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zu beachten.