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Verwaltungsanweisung zu § 903 ZPO
Ausstellung einer Bescheinigung für das Pfändungsschutzkonto
Verwaltungsanweisung zu § 903 ZPO
Gesetzestext
1 Rechtliche Grundlage & Allgemeine Informationen
2 Gültigkeitsdauer der Bescheinigung
3 Bescheinigung und Ausfüllhinweise
4 Konkrete Hinweise für die Praxis
5 Muster-Bescheinigung anhand eines Beispiels
Gesetzestext§ 903 Zivilprozessordnung (ZPO)
Nachweise über Erhöhungsbeträge
(1) Das Kreditinstitut kann aus Guthaben, soweit es als Erhöhungsbetrag unpfändbar ist, mit befreiender Wirkung gegenüber dem Schuldner an den Gläubiger leisten, bis der Schuldner dem Kreditinstitut nachweist, dass es sich um Guthaben handelt, das nach § 902 nicht von der Pfändung erfasst wird. Der Nachweis ist zu führen durch Vorlage einer Bescheinigung
1. der Familienkasse, des Sozialleistungsträgers oder einer mit der Gewährung von Geldleistungen im Sinne des § 902 Satz 1 befassten Einrichtung,
2. des Arbeitgebers oder
3. einer geeigneten Person oder Stelle im Sinne des § 305 Absatz 1 Nummer 1 der Insolvenzordnung.
(2) Das Kreditinstitut hat Bescheinigungen nach Absatz 1 Satz 2 für die Dauer zu beachten, für die sie ausgestellt sind. Unbefristete Bescheinigungen hat das Kreditinstitut für die Dauer von zwei Jahren zu beachten. Nach Ablauf des in Satz 2 genannten Zeitraums kann das Kreditinstitut von dem Kontoinhaber, der eine Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 2 vorgelegt hat, die Vorlage einer neuen Bescheinigung verlangen. Vor Ablauf des in Satz 2 genannten Zeitraums kann das Kreditinstitut eine neue Bescheinigung verlangen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Angaben in der Bescheinigung unrichtig sind oder nicht mehr zutreffen.
(3) Jede der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Stellen, die Leistungen im Sinne des § 902 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und c sowie Nummer 2 bis 6 durch Überweisung auf ein Zahlungskonto des Schuldners erbringt, ist verpflichtet, auf Antrag des Schuldners eine Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 2 über ihre Leistungen auszustellen. Die Bescheinigung muss folgende Angaben enthalten:
1. die Höhe der Leistung,
2. in welcher Höhe die Leistung zu welcher der in § 902 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und c sowie Nummer 2 bis 6 genannten Leistungsarten gehört,
3. für welchen Zeitraum die Leistung gewährt wird.
Darüber hinaus ist die in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannte Stelle verpflichtet, soweit sie Kenntnis hiervon hat, Folgendes zu bescheinigen:
1. die Anzahl der Personen, denen der Schuldner auf Grund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt,
2. das Geburtsdatum der minderjährigen unterhaltsberechtigten Personen.
(4) Das Kreditinstitut hat die Angaben in der Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 2 ab dem zweiten auf die Vorlage der Bescheinigung folgenden Geschäftstag zu beachten.
Mit Artikel 1 des Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz (PKoFoG) G. v. 22. November 2020 BGBl. I S. 2466; zuletzt geändert durch Artikel 5 G. v. 07.05.2021 BGBl. I S. 850 mit Wirkung zum 01.12.2021, wurden die Regelungen in der Zivilprozessordnung (ZPO) zum Pfändungsschutzkonto geändert.
Jede natürliche Person kann bei ihrer Bank gem. § 850k Abs. 1 ZPO die Umwandlung des eigenen Kontos in ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) beantragen. Das Pfändungsschutzkonto schützt Guthaben bis zu einem festen Pfändungsfreibetrag. Hierfür wird noch keine Bescheinigung benötigt.
Für die Berücksichtigung von höheren Pfändungsfreibeträgen verlangen die Kreditinstitute von den Leistungsberechtigten gem. §§ 899, 903 ZPO eine Bescheinigung (oft umgangssprachlich: P-Konto-Bescheinigung). Diese weist nach, dass es sich bei den höheren Beträgen um nach § 902 ZPO von der Pfändung geschützten Beträge handelt. Dadurch wird der Pfändungsschutz entsprechend erweitert und es sind auf dem Konto höhere Beträge pfändungsfrei.
In der Praxis wird die Erhöhung der Pfändungsfreibeträge oft zeitgleich mit der Eröffnung des Pfändungsschutzkontos vorgenommen, sodass Personen eine Bescheinigung beim AFSD beantragen, bevor sie das Pfändungsschutzkonto eröffnet/umgewandelt haben.
In § 903 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist geregelt, dass u.a. vom Sozialleistungsträger auf Antrag eine entsprechende Bescheinigung für das Pfändungsschutzkonto ausgestellt werden muss. Das Amt für Soziale Dienste (AFSD) ist somit zur Ausstellung einer entsprechenden Bescheinigung für Leistungsberechtigte nach dem SGB XII sowie dem AsylbLG verpflichtet, sofern diese eine solche beantragen.
Die bisherige Verwaltungspraxis, die Leistungsberechtigten für die Ausstellung einer solchen Bescheinigung an die Schuldnerberatung zu orientieren, ist damit überholt und nicht mehr zulässig.
Die gesetzliche Verpflichtung zur Ausstellung der Bescheinigung erstreckt sich jedoch nur auf Personen, für die das AFSD Leistungen erbringt und es können auch nur für die vom AFSD erbrachten Leistungen bescheinigt werden. Daraus folgt, dass für andere Personenkreise keine Bescheinigung durch das AFSD ausgestellt werden muss. So ist bspw. für eine Person, die Leistungen nach dem SGB II bezieht und die deshalb höhere Pfändungsfreibeträge gegenüber ihrer Bank geltend machen will, die entsprechende Bescheinigung durch das zuständige Jobcenter auszustellen.
Die Bescheinigung kann grundsätzlich unbefristet ausgestellt werden. Eine seltene Ausnahme kann vorliegen, wenn bspw. bereits feststeht, dass der Leistungsbezug zeitnah endet oder bekannt ist, dass die Voraussetzungen für die Erhöhungsbeträge für weitere Personen (siehe Bescheinigung unter III.) entfallen werden (z.B. zukünftige Zahlung der Sozialleistungen für die „weitere Person“ auf ein anderes Konto und/oder bereits feststehender Auszug der „weiteren Person“). Eine Befristung müsste handschriftlich ergänzt werden, da die Bescheinigung hierfür keine Eingabemöglichkeit vorsieht.
Bei einer unbefristet ausgestellten Bescheinigung können Kreditinstitute dennoch nach zwei Jahren eine neue Bescheinigung von den Leistungsberechtigten verlangen (§ 903 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Diese ist auf erneuten Antrag der Leistungsberechtigten vom AFSD ste auszustellen.
Eine Besonderheit ergibt sich bei der Bewilligung von Einmalzahlungen/Nachzahlungen. Die grundsätzlich ausgestellte Bescheinigung wird in der Regel keine einmaligen Zahlungen enthalten, sofern zum Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung nicht bekannt war, dass diese zukünftig erfolgen werden. Es kann daher erforderlich sein, bei der Bewilligung von Einmalzahlungen oder bei Nachzahlungen vergangener Monate in einer größeren Summe, eine aktualisierte Bescheinigung auszustellen, welche die Einmalzahlungen im Bereich V. enthält. Ansonsten könnte der höhere Überweisungsbetrag, sofern er die Pfändungsfreibeträge überschreitet, zu einer (Teil-)Pfändung führen (siehe 4. Konkrete Hinweise für die Praxis).
Für die auszustellende Bescheinigung wird ein Vordruck zur Verfügung gestellt, welcher zu nutzen ist. Dieser Vordruck wurde von der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) erstellt. Ergänzend dazu sind in OpoS Ausfüllhinweise der AG SBV zur Verfügung gestellt, welche beim Ausfüllen der Bescheinigung zu beachten sind.
Die Pfändungsfreibeträge nach § 850c ZPO werden zum 01.07. eines jeden Jahres angepasst. Die Bescheinigung wird vom Fachreferat der senatorischen Behörde in der aktuellen Fassung eingestellt, sobald sich die Pfändungsfreibeträge geändert haben. Bei Aufruf der aktuell eingestellten Bescheinigung werden damit immer die aktuell gültigen Pfändungsfreibeträge ausgewiesen.
Neben den Ausfüllhinweisen der AG SBV im Folgenden ergänzende Hinweise zum korrekten Ausstellen der Bescheinigung in der Praxis:
Bereich I.
Bereich II.
Bereich III.
Bereich IV.
Bereich V.
Unterschrift/Stempel
Es sind ergänzend die in OpoS hinterlegten Ausfüllhinweise der AG SBV zu beachten. Die Ausfüllhinweise enthalten weiterführende Informationen zu den einzelnen Bereichen, sowie Hintergrundinformationen rund um das Pfändungsschutzkonto.
Fallbeispiel:
Die Eheleute Muster beziehen laufend Leistungen nach dem 4. Kapitel SGB XII. Die Auszahlung der Leistungen erfolgt auf das Konto der Frau Muster. Mit Bescheid vom 01.06.2022 erfolgte außerdem eine Einmalzahlung in Höhe von 456 EUR. Frau Muster bittet um Ausstellung einer Bescheinigung für ihr Pfändungsschutzkonto.
Lösung:
Vorliegend ist die Bescheinigung für Frau Muster auszustellen, da die Leistungen auf ihr Konto überwiesen werden.
Im Bereich I. sind die Daten der ausstellenden Behörde einzutragen und der Haken bei Sozialleistungsträger zu setzen.
Im Bereich II. sind die Bankdaten von Frau Muster einzutragen.
Im Bereich III. der Bescheinigung kann der Erhöhungsbetrag für eine weitere Person berücksichtigt werden, da auf das Konto von Frau Muster auch die Leistungen nach dem SGB XII für Herrn Muster überwiesen werden.
Die einmalige Sozialleistung (Einmalzahlung 456 EUR) ist unter Bereich V. einzutragen.
Muster Bescheinigung (auf Folgeseite):
Bitte beachten: In dem folgenden Muster sind zur Veranschaulichung die ab 01.07.2022 geltenden Pfändungsfreibeträge ausgewiesen. Für die Ausstellung der Bescheinigung in der Praxis ist immer der eingestellte Vordruck zu verwenden, da dieser jährlich aktualisiert wird und die aktuell gültigen Beträge enthält.