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Rundschreiben der Senatorin für Finanzen Nr. 03/2015 -
Hinweise zum Gesetz1 zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG)
Verteiler: Alle Dienstellen
Im Folgenden geben wir einen Überblick über diejenigen Regelungen des neu geschaffenen Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (folgend auch als „MiLoG“ bezeichnet), die Auswirkungen auf die Dienststellen in der Bremischen Verwaltung haben können.
Vorweg ist noch darauf hinzuweisen dass das MiLoG eine gewisse Anzahl an Auslegungsfragen aufwirft, die erst im Laufe der Zeit, insbesondere durch die Rechtsprechung geklärt werden können.
Seit dem 01. Januar 2015 greift erstmals in Deutschland ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn auf Grundlage des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns.
Das MiLoG findet Anwendung auf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist gleichgültig, welche Form diese Arbeitsverhältnisse haben. Erfasst werden somit insbesondere auch geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie solche, die Arbeit auf Abruf leisten.
Das MiLoG bestimmt, dass auch Praktikantinnen und Praktikanten grundsätzlich Anspruch auf den Mindestlohn haben, weil sie als Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer im Sinne des MiLoG gelten. Allerdings sind für bestimmte Formen von Praktika Ausnahmen vorgesehen (zum Vorgehen bei Praktika siehe Ziff. 2.).
Personen, die – in rechtlich zulässiger Weise – als selbständige Honorarkräfte im Rahmen freier Dienstverträge tätig sind, sind keine Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen und fallen daher nicht unter das MiLoG. Vorsorglich weisen wir an dieser Stelle darauf hin, dass entsprechende Rechtsverhältnisse nur in sehr engen Grenzen zulässig sind!
Weitere Ausnahmen von der Anwendung des MiLoG werden unter Ziff. 3. beschrieben.
Die Höhe des Mindestlohns nach dem MiLoG ist auf derzeit 8,50 € festgelegt. Sie liegt somit unter dem Mindestlohn nach dem Landesmindestlohngesetz, der derzeit bei 8,80 € liegt. Eine Neufestlegung des Mindestlohns nach dem MiLoG (Bund) erfolgt erstmals bis zum 30. Juni 2016 mit Wirkung zum 01. Januar 2017. Die weiteren Anpassungen des Bundesmindestlohns sollen dann alle zwei Jahre erfolgen. Der Mindestlohn nach dem Landesmindestlohngesetz wird jährlich zum 30. September neu festgelegt.
Die Festlegung der Höhe des Mindestlohns selbst auf 8,50 € hat derzeit im Ergebnis keine Auswirkung auf die Höhe des Entgelts der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Freien Hansestadt Bremen (Land und Stadtgemeinde). Das MiLoG setzt lediglich einen Mindestlohn fest. Werden durch andere Rechtsvorschriften höhere Arbeitsentgelte festgelegt, so gelten diese höheren Werte. Das bedeutet: Vorgaben des Landesmindestlohngesetzes oder Ansprüche auf Tarifentgelt, die den Bundesmindestlohn überschreiten, bleiben unberührt. Die meisten Beschäftigten der Freien Hansestadt Bremen sind vom Tarifrecht des öffentlichen Dienstes erfasst. Die Tabellenentgelte nach den anwendbaren Tarifverträgen für diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind so hoch, dass sie den Mindestlohn nach dem MiLoG überschreiten. Für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die bei der Freien Hansestadt Bremen, der Stadtgemeinde Bremen oder deren öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen beschäftigt sind und die nicht unter das öffentliche Tarifrecht fallen, gilt der Landesmindestlohn, der den Bundesmindestlohn überschreitet. Diese Fallgruppe betrifft in erster Linie wissenschaftliche/studentische/künstlerische Hilfskräfte, zeitgeringfügige Beschäftigte („70-Tages-Verträge“) und Volontärinnen und Volontäre.
Beachten Sie: Die Anwendung des MiLoG und die Anwendung des Landesmindestlohngesetzes sind unabhängig voneinander zu beurteilen.
Für die Beschäftigung in den Dienststellen ist das MiLoG nach alledem insbesondere im Hinblick auf drei Aspekte von Bedeutung:
•hinsichtlich der Ausnahmetatbestände (Praktikantinnen und Praktikanten, Ehrenämter pp., s.u. Ziff. 2. und 3.),
•wegen der Fälligkeit der Überstunden-/Mehrarbeitsvergütung (s.u. Ziff. 4.) und
•wegen der erweiterten Dokumentationspflichten (Ziff. 5.).
Wie bereits ausgeführt, sind auch Praktikantinnen und Praktikanten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des MiLoG.
Für Praktikatinnen und Praktikanten in Dienststellen, in Betrieben und Sondervermögen nach § 26 LHO des Landes und der Stadtgemeinde Bremen, deren Rechtsverhältnisse nicht durch einen Tarifvertrag geregelt sind, gelten grundsätzlich die Allgemeinen Richtlinien für die Durchführung von unentgeltlichen Praktika in der bremischen Verwaltung vom 2. Juli 2012 (Brem. ABl. S. 414). Andere, als die in diesen Richtlinien aufgeführten Praktikumsverhältnisse dürfen nicht abgeschlossen werden. Die Richtlinie wird derzeit vom zuständigen Fachreferat überarbeitet und sprachlich insoweit an das MiLoG angepasst, damit mögliche Unklarheiten beseitigt werden.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden, sind vom MiLoG nicht erfasst. Sie fallen auch nicht unter das Landesmindestlohngesetz. Ausbildungsvergütungen für zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte bleiben damit unberührt.
Ebenso fallen Personen, die ehrenamtlich tätig sind, weder unter das MiLoG noch unter das Landesmindestlohngesetz. Ob eine ehrenamtliche Tätigkeit oder ein Arbeitsverhältnis vorliegt, muss im Einzelfall aufgrund einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände abgegrenzt werden. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Vergütungserwartung zu. Wenn der Tätige nach Umständen und Art der Tätigkeit berechtigterweise erwarten darf, eine Vergütung zu erhalten, so ist dies ein Indiz für die Eigenschaft als Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerin. Wenn nach Umständen und Art der Tätigkeit eine Vergütung nicht berechtigt erwartet werden kann, dann spricht dies eher für eine ehrenamtliche Tätigkeit. Da sich die Lebenswirklichkeit häufig komplizierter gestaltet als es die rechtlichen Grundlagen abbilden können, kann eine Abgrenzung in den Randbereichen bisweilen schwierig sein.
Die Ausnahmevorschrift, nach der ehemalige Langzeitarbeitslose im Sinne des § 18 Abs. 1 SGB III nicht unter das MiLoG fallen, ist in dem hier in Rede stehenden Anwendungsbereich jedenfalls derzeit ohne Belang, wenn diese als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen im Sinne des Landesmindestlohngesetzes bei der Stadtgemeinde oder bei dem Land Bremen bzw. deren öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen beschäftigt werden: Ihnen ist dann nämlich mindestens der Landesmindestlohn in Höhe von 8,80 € brutto pro Stunde, wenn sie nicht ohnehin tarifliches Entgelt bekommen.
Einstiegsqualifizierungen nach § 54a SGB III sowie Berufsausbildungsvorbereitungen nach §§ 68 – 70 BBiG sind schließlich ebenfalls nicht mindestlohnpflichtig.
Der Anspruch auf den Mindestlohn ist erfüllt, wenn zum spätesten Fälligkeitstermin, § 2 MiLoG, der Gesamtauszahlungsbetrag aller anrechenbaren Entgeltbestandteile mindestens dem gesetzlichen Mindestlohn entspricht. Das ist der Fall, wenn zum Fälligkeitszeitpunkt das ausgezahlte anrechenbare Bruttoentgelt dividiert durch die Zahl der entlohnten Stunden einen Betrag von mindestens 8,50 € erreicht. Anrechenbar ist in erster Linie das normale Tabellenentgelt sowie bestimmte Funktionszulagen (insbesondere nach § 14 TVöD/VKA bzw. § 14 TV-L). Nicht anrechenbar sind Zulagen und Zuschläge, die für ein Mehr an Arbeit gezahlt werden oder aber, weil die Arbeit unter besonderen Bedingungen zu leisten ist (Zeitzuschläge für Überstunden, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gem. § 8 TVöD/VKA bzw. § 8 TV-L, Erschwerniszuschläge nach § 19 TV-L bzw. § 19 TVöD/VKA). Auf eine detaillierte Darstellung anrechenbarer und nicht anrechenbarer Zuschläge und Zulagen wird hier zunächst verzichtet, um den Rahmen dieses Dokuments nicht zu sprengen. Bitte fragen Sie ggf. bei uns nach.
Generell wird der Mindestlohn zum vertraglich vereinbarten Fälligkeitstermin, spätestens aber am letzten Bankarbeitstag des Monats fällig, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine spätere Zahlung stellt eine mit empfindlichen Bußgeldern belegte Ordnungswidrigkeit dar. Erleichterungen können sich ergeben, wenn ein Arbeitszeitkonto besteht.
Besteht ein Arbeitszeitkonto, das schriftlich vereinbart wurde (wobei eine Dienstvereinbarung hierfür ausreicht!) und auf dem Mehrarbeits- und Überstunden erfasst werden, dann reicht es nach dem MiLoG, wenn die vergütungspflichtigen Über- oder Mehrarbeitsstunden binnen einer Frist von zwölf Monaten finanziell durch Zahlung des Mindestlohns oder durch bezahlte Freizeitgewährung ausgeglichen werden. Dieser Ausgleich ist selbstverständlich nur dann binnen der 12 Monate notwendig, wenn der Mindestlohn nicht jeweils bereits vorher durch Auszahlung des Tabellenentgelts erreicht wurde. Zu beachten ist, dass die Arbeitsstunden, die auf das Arbeitszeitkonto gebucht werden, begrenzt sind. Sie dürfen nicht mehr als 50 % der individuell vereinbarten Arbeitszeit übersteigen. Für Stunden, die darüber hinausgehen, bleibt es bei der Grundregel, dass der Mindestlohn spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats fällig ist, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde.
Die Fälligkeitsregelungen in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes (TV-L, TVöD pp.) sind gespalten: (1.) Das tarifliche Tabellenentgelt und einige andere Entgeltbestandteile werden bereits mit dem Ablauf des Monats fällig, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Die Fälligkeit liegt also vor dem spätestzulässigen Fälligkeitstermin nach dem MiLoG. (2.) Sog. unständige Entgeltbestandteile (also solche, die nicht in Monatsbeträgen festgelegt sind) werden hingegen erst am Ende des zweiten Monats fällig, der auf die Entstehung folgt. Das sind insbesondere Ansprüche auf Überstunden- und Mehrarbeitsvergütung. Der Fälligkeitstermin für diese Entgeltbestandteile liegt also nach dem nach MiLoG spätestzulässigen Fälligkeitstermin. Es sind daher Konstellationen denkbar, in denen – obwohl das Tabellenentgelt nach den öffentlichen Tarifverträgen gezahlt wird – der Mindestlohn nicht zum Fälligkeitszeitpunkt erreicht wird. Denkbar ist dies insbesondere, wenn Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen auf Verlangen Mehrarbeit bzw. Überstunden leisten. Besteht ein Arbeitszeitkonto im Sinne des § 2 Abs. 2 MiLoG, s.o., dann dürfte sich das Problem deutlich relativieren. In diesen Fällen dürften entsprechende Konstellationen allenfalls auftauchen, wenn Teilzeitbeschäftigte in einem Umfang Überstunden bzw. Mehrarbeit leisten, der erheblich über die Arbeitsstunden hinausgeht, die nach dem MiLoG auf das Konto gebucht werden dürfen (s.u. unter d)). Kommt es tatsächlich in Einzelfällen dazu, dass der Mindestlohn zum Fälligkeitszeitpunkt noch nicht erreicht wird, dann ist der Differenzbetrag bis zur Höhe des Mindestlohns vorweg zu gewähren.
Mit dem MiLoG sind erweiterte Dokumentationspflichten zur Arbeitszeit eingeführt worden. Beachten Sie: es handelt sich um zusätzliche Dokumentationspflichten! Dokumentationspflichten, die nach der bisherigen Rechtslage bereits bestanden, bleiben unberührt.
Soweit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit elektronisch über MiP erfassen, werden die Dokumentationspflichten bereits jetzt vollumfänglich erfüllt. Für diese Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen Sie nichts weiter veranlassen.
Die besonderen Dokumentationspflichten des § 17 MiLoG gelten nicht für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Derzeit werden nur die folgenden Arbeitnehmergruppen erfasst:
•Geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB IV
•Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den folgenden Wirtschaftsbereichen/Wirtschaftszweigen:
○Baugewerbe,
○Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
○Personenbeförderungsgewerbe,
○Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
○Schaustellergewerbe,
○Unternehmen der Forstwirtschaft,
○Gebäudereinigungsgewerbe,
○Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
○Fleischwirtschaft.
Bitte beachten Sie: erfasst werden auch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer in den soeben genannten Bereichen. Für diese muss der Entleiher den Dokumentationspflichten nachkommen. Werden die Leiharbeitnehmer von einem Verleiher entliehen, der seinen Sitz im Ausland hat, so gelten zusätzlich besondere Melde- und Nachweispflichten. Da wir davon ausgehen, dass innerhalb der Stadtgemeinde und des Landes Bremen kein Entleih von Leiharbeitnehmern und Leiharbeitnehmerinnen von Verleihern mit Sitz im Ausland erfolgt, verzichten wir zunächst auf eine weitergehende Darstellung. Bitte wenden Sie sich ggf. an unser Referat.
Es müssen dokumentiert werden:
•Beginn
•Ende und
•Dauer
der täglichen Arbeitszeit.
Die Dokumentation muss jeweils bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertag aufgezeichnet werden.
Die Dokumentation muss für mindestens zwei Jahre ab dem Tag der Aufzeichnung aufbewahrt werden. Die Dokumentation muss für die gesamte Dauer der Beschäftigung (nicht jedoch länger als zwei Jahre) bereitgehalten werden und ggf. den Prüfbehörden vorgelegt werden.
Ein Verstoß gegen die Pflichten zur Dokumentation, Aufbewahrung und Bereithaltung der Unterlagen ist eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße von bis zu 30.000,00 € geahndet werden. Dasselbe gilt auch bei einem Verstoß gegen die Nachweispflichten, die bei Entleih von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern von einem ausländischen Verleiher gelten.
Im Zuge der Einführung des Mindestlohngesetzes wurde auch das Nachweisgesetz angepasst: Sein Geltungsbereich erstreckt sich auch auf Praktikanten, die als Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer im Sinne des MiLoG gelten. Die Pflichten, welche wesentlichen Vertragsbedingungen bei Praktikanten und Praktikantinnen niedergelegt werden müssen, sind im neuen § 2 Abs. 1a NachwG festgelegt. Praktikanten im Anwendungsbereich der Praktikumsrichtlinie (s.o., S. 2) fallen im Allgemeinen unter die Ausnahmevorschriften des § 22 MiLoG und sind daher in diesem Sinne nicht als Arbeitnehmer zu bewerten.
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Referat 31
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