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Auf Grund des § 10 Abs. 4 des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes vom 18. Dezember 2003 (Brem.GBl. S. 413 - 86-e-1) verordnet der Senat:
(1) Die Verordnung gilt für alle natürlichen Personen, die als Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens wegen einer Hör- oder Sprachbehinderung nach Maßgabe von § 2 des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes zur Wahrnehmung eigener Rechte für die mündliche Kommunikation im Verwaltungsverfahren einen Anspruch auf Bereitstellung einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers für die Deutsche Gebärdensprache, für lautsprachbegleitende Gebärden oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen haben (Berechtigte).
(2) Die Berechtigten können ihren Anspruch nach § 10 Abs. 3 Satz 1 des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes gegen die in § 5 des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes genannten Behörden des Landes Bremen und der Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven und der sonstigen nicht unmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit Sitz im Land Bremen als Träger öffentlicher Gewalt (im folgenden: Behörden) geltend machen.
(1) Der Anspruch auf Bereitstellung einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers für die Deutsche Gebärdensprache oder für lautsprachbegleitende Gebärden (Gebärdensprachdolmetscher) oder einer anderen geeigneten Kommunikationshilfe besteht, soweit eine solche Kommunikationshilfe zur Wahrnehmung eigener Rechte in einem Verwaltungsverfahren erforderlich ist, in dem dafür notwendigen Umfang. Der notwendige Umfang bestimmt sich insbesondere nach dem individuellen Bedarf der Berechtigten.
(2) Die Berechtigten haben nach Maßgabe des Absatzes 1 ein Wahlrecht hinsichtlich der zu benutzenden Kommunikationshilfe. Dies umfasst auch das Recht, einen Gebärdensprachdolmetscher, eine Gebärdensprachdolmetscherin oder eine andere geeignete Kommunikationshilfe selbst bereitzustellen. Die Berechtigten haben der Behörde rechtzeitig mitzuteilen, inwieweit sie von ihrem Wahlrecht nach Satz 1 und 2 Gebrauch machen. Die Behörde kann die ausgewählte dolmetschende Person oder die ausgewählte andere Kommunikationshilfe zurückweisen, wenn sie ungeeignet ist oder in sonstiger Weise den Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht entspricht. Die Hör- oder Sprachbehinderung sowie die Wahlentscheidung nach Satz 1 sind aktenkundig zu machen und im weiteren Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen.
(3) Erhält die Behörde Kenntnis von der Hör- oder Sprachbehinderung von Berechtigten im Verwaltungsverfahren, hat sie diese auf ihr Recht auf barrierefreie Kommunikation und auf ihr Wahlrecht nach Absatz 2 hinzuweisen.
(4) Zur Abwehr von unmittelbar bevorstehenden Gefahren für bedeutsame Rechtsgüter, wie etwa Leben, Gesundheit, Freiheit oder nicht unwesentliche Vermögenswerte, kann im Einzelfall von dem Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern oder anderer Kommunikationshilfen abgesehen werden.
(1) Die Kommunikation mittels eines Gebärdensprachdolmetschers, einer Gebärdensprachdolmetscherin oder einer anderen Kommunikationshilfe ist als geeignete Kommunikationsform anzusehen, wenn sie im konkreten Fall eine für die Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderliche Verständigung sicherstellt.
(2) Als andere Kommunikationshilfen kommen Kommunikationshelfer und Kommunikationshelferinnen, Kommunikationsmethoden und Kommunikationsmittel in Betracht:
Kommunikationshelfer, Kommunikationshelferinnen sind insbesondere
Schriftdolmetscher,
Simultanschriftdolmetscher,
Oraldolmetscher oder
Kommunikationsassistenten.
Kommunikationsmethoden sind insbesondere
Lormen und taktil wahrnehmbare Gebärden oder
gestützte Kommunikation für Menschen mit zusätzlicher autistischer Störung.
Kommunikationsmittel sind insbesondere
akustisch-technische Hilfen oder
grafische Symbol-Systeme.
Gebärdensprachdolmetscher, Gebärdensprachdolmetscherinnen und andere geeignete Kommunikationshilfen werden von der Behörde bereitgestellt, es sei denn, die Berechtigten machen von ihrem Wahlrecht nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Gebrauch.
(1) Die Behörde vergütet Gebärdensprachdolmetscher, Gebärdensprachdolmetscherinnen und Kommunikationshelfer, Kommunikationshelferinnen entsprechend den Regelungen, die zwischen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen, dem Deutschen Gehörlosenbund und dem Bundesverband der GebärdensprachdolmetscherInnen Deutschlands getroffen wurden. Die "Empfehlung zur Bezuschussung von Kosten für GebärdensprachdolmetscherInnen-Leistungen", Stand 1. Juli 2004, ist Bestandteil dieser Verordnung (Anlage). Für den Einsatz sonstiger Kommunikationshilfen trägt sie die entstandenen Aufwendungen.
(2) Die Behörde vergütet die Leistungen unmittelbar denjenigen, die sie erbracht haben. Stellen die Berechtigten den Gebärdensprachdolmetscher, die Gebärdensprachdolmetscherin oder die sonstige Kommunikationshilfe selbst bereit, trägt die Behörde die Kosten nach Absatz 1 nur, soweit sie nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 erforderlich sind. In diesem Fall dürfen die Berechtigten nicht auf eine Erstattung verwiesen werden, es sei denn, sie wünschen dies oder es liegt ein sonstiger besonderer Grund vor.
Diese Verordnung wird nach Ablauf von drei Jahren nach ihrem In-Kraft-Treten auf ihre Wirkung überprüft. Dabei werden die nach § 12 Abs. 4 des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes anerkannten Verbände beteiligt.
Empfehlung zur Bezuschussung von Kosten |
Stand: 01.07.2004
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) hat mit dem Deutschen Gehörlosenbund und dem Bundesverband der GebärdensprachdolmetscherInnen Deutschlands die folgende Regelung für die Bezuschussung von Kosten für GebärdensprachdolmetscherInnen-Leistungen beraten. Sie empfiehlt allen Integrationsämtern diese Regelung zur bundeseinheitlichen Anwendung.
Geltungsbereich:
Es handelt sich um eine Empfehlung mit bundesweitem Charakter. Die Regelung bezieht sich ausschließlich auf die seitens der Integrationsämter geförderten Einsätze von GebärdensprachdolmetscherInnen im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben nach dem Schwerbehindertenrecht (SGB IX, Teil 2).
Einsatzzeiten - Dolmetsch-, Fahrt- und Wartezeiten:
Die Einsatzzeiten werden in gleicher Höhe pro volle Zeitstunde mit bis zu 40 Euro, je angefangene halbe Einsatzstunde mit 20 Euro/Dolmetscherln bezuschusst. Vor- und Nachbereitungszeit wird nicht gesondert berechnet. Die Vereinbarung von Pauschalsätzen für Einsatz, Fahrt- und Wartezeiten sowie Fahrtkosten (s. Ziffer 3) ist - z. B. bei umfangreichen und/oder langfristigen Dolmetschereinsätzen - möglich.
Wegstreckenentschädigung:
Die Wegstreckenentschädigung erfolgt in entsprechender Anwendung des Landesreisekostenrechts.
Umsatzsteuer:
Sofern Umsatzsteuerpflicht besteht, ist die Umsatzsteuer zusätzlich erstattungsfähig.
Ausfallkosten:
Wird ein Einsatztermin innerhalb von drei Werktagen vor dem Einsatz abgesagt, können Ausfallkosten von 50 % der Einsatzzeit erhoben werden. Wird der Termin einen Werktag vor dem Einsatz abgesagt, betragen die Ausfallkosten 100 %; dies gilt nur, wenn kurzfristig kein anderer Einsatz statt des ausgefallenen Termins wahrgenommen werden kann.
Doppeleinsatz:
Ein Fall für eine Doppelbesetzung liegt vor, wenn die Dolmetschzeit zusammenhängend länger als 60 Minuten dauert und keine Möglichkeit zur Steuerung von Pausen / Unterbrechungen durch den / die DolmetscherInnen besteht (z.B. bei Betriebsversammlungen).
Die Angemessenheit einer Doppelbesetzung bestimmt sich im Übrigen insbesondere nach folgenden Kriterien:
Vier oder mehr GeprächsteilnehmerInnen (ohne DolmetscherIn),
Fehlen einer Steuerungsmöglichkeit des Dolmetschers / der Dolmetscherin zur Regelung von Pausen / Unterbrechungen während der Dolmetschzeit,
Dolmetschen bei inner- wie außerbetrieblichen Aus- bzw. Fortbildungsmaßnahmen und Lehrgängen mit einem Theorieanteil von mehr als 50 %. Dabei ist eine Gesamtwürdigung der Kriterien unter besonderer Berücksichtigung der (voraussichtlichen) Dauer der Dolmetschzeit vorzunehmen.
Im Übrigen kann in besonders gelagerten Fällen in gemeinsamer Abstimmung zwischen hörbehinderten Menschen, DolmetscherIn und Integrationsamt eine Doppelbesetzung vereinbart werden.
Qualität:
Diese Empfehlung gilt nur für Gebärdensprachdolmetsch-Leistungen aufgrund einer qualifizierten Ausbildung. Unter die derzeit anerkannten Qualifikations-/Qualifizierungsmaßnahmen und einschlägigen Prüfungen fallen:
Diplomstudiengang der Universität Hamburg.
Diplomstudiengang der Fachhochschule Magdeburg-Stendal.
Diplomstudiengang der Westsächsischen Hochschule Zwickau.
Berufsbegleitende Ausbildung am Gebärdensprachdolmetscher-Ausbildungszentrum in Zwickau.
Weiterbildendes Studium Qualifikation zum Gebärdensprachdolmetscher und zur Gebärdensprachdolmetscherin der Johann-Wolfgang-Goethe Universität und der Fachhochschule Frankfurt/Main.
Berufsbegleitende Ausbildung des Landesinstituts für Gebärdensprache in Essen.
Berufsbegleitende Ausbildung des Instituts für Gebärdensprache in Baden-Württemberg.
Modellversuch Gebärdensprachdolmetscher-Ausbildung NRW (MoVesDO).
Ausbildung durch den Gehörlosenverband Berlin e.V. (Projekt SIGNaLE, Berlin) als Zugangsberechtigung für die Prüfung zur staatlichen Anerkennung in Darmstadt.
Ablegen einer Prüfung mit der Berechtigung, folgende Titel zu führen:
Staatl. geprüfte(r) GebärdensprachdolmetscherIn, Staatl. Prüfungsamt für ÜbersetzerInnen und DolmetscherInnen, Darmstadt.
Geprüfte(r) GebärdensprachdolmetscherIn, IHK Düsseldorf.
Staatl. geprüfte(r) GebärdensprachdolmetscherIn des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (Staatliche Prüfungsstelle für Gebärdensprachdolmetschen)
Bis Ende 2006 gilt diese Empfehlung auch für derzeit professionell arbeitende GebärdensprachdolmetscherInnen ohne entsprechenden Qualifizierungsnachweis.
In-Kraft-Treten:
Die vorstehenden Regelungen treten zum 01.07.2004 in Kraft und gelten vorbehaltlich möglicher einvernehmlicher Ergebnisse einer gemeinsamen Überprüfung der vorstehenden Regelungen im 2. Quartal 2005 zunächst bis zum 30.06.2006.