Guten Tag,
bitte senden Sie mir Folgendes zu:
Sie haben seit dem 09.05.2007, novelliert am 23.02.2023, in Ihrem Landeshochschulgesetz verschiedene Normen verankert, welche unter anderem Studierenden ermöglichen, eine Abschlussprüfung abzulegen, ohne zuvor Tiere für die Leistungserbringung verwendet haben zu müssen. Diese sind bereits erfreulich fortschrittlich.
Ich bitte Sie in diesem Kontext um die Übersendung von Informationen zu folgenden Fragen:
-Welche Nachweise i.S.v. Satz 2 wurden ggf. seitens der Universität bislang erbracht, dass andere gleichwertige Lehrmethoden und Lehrmaterialen nicht zur Verfügung stünden? In wie vielen Fällen war das der Fall? Wie wurde dies dokumentiert?
-Werden eigens Alternativkurse/Praktika angeboten?
-Ist bekannt, wie oft Studierende bereits in Fällen des Satz 2 i.V.m. Satz 4 (sofern es solche gab) von der Möglichkeit des tier(versuchs)freien Studiums Gebrauch gemacht haben? Wie viele begründete Einzelfall-Anträge wurden gestellt? Wie viele wurden genehmigt/abgelehnt, von wem und nach welchen Kriterien wurde dies entschieden?
-Entstehen den Studierenden durch die benannte Wahrnehmung eines tier(versuchs)freien Studiums nach Satz 4 Nachteile? Wenn ja, welche?
-Welche Studien- und Prüfungsleistungen ohne die Verwendung von Tieren mussten die Studierenden in diesem Fall stattdessen erbringen?
-Ist vorgesehen, Ihren Passus noch weiter zu modernisieren?
Dies ist ein Antrag auf Aktenauskunft nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Bremen (BremIFG) sowie § 1 Abs. 1 des Umweltinformationsgesetzes für das Land Bremen (BremUIG), soweit Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Umweltinformationsgesetzes des Bundes (UIG) betroffen sind, sowie § 1 des Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (VIG), soweit Verbraucherinformationen im Sinne des § 2 Abs. 1 VIG betroffen sind.
Sollte die Aktenauskunft wider Erwarten gebührenpflichtig sein, bitte ich Sie, mir dies vorab mitzuteilen und dabei die Höhe der Kosten anzugeben.
Ich verweise auf § 7 Abs. 6 BremIFG/ § 4 Abs. 1 IWG/ § 3 Abs. 3 Nr. 1 UIG/ § 5 Abs. 2 VIG und möchte Sie bitten, mir die erbetenen Informationen unverzüglich, jedoch spätestens nach Ablauf eines Monats zugänglich zu machen.
Sollten Sie für diesen Antrag nicht zuständig sein, bitte ich Sie, ihn an die zuständige Behörde weiterzuleiten und mich darüber zu unterrichten. Ich widerspreche ausdrücklich der Weitergabe meiner Daten an Dritte.
Ich bitte Sie um eine Antwort in elektronischer Form (E-Mail). Ich möchte Sie um eine Empfangsbestätigung bitten und danke Ihnen für Ihre Mühe!
Mit freundlichen Grüßen
Guten Tag,
zu Ihrem IFG-Antrag vom 19.12.2023 kann ich Ihnen folgendes mitteilen:
a)Welche Nachweise i.S.v. Satz 2 wurden ggf. seitens der Universität bislang erbracht, dass andere gleichwertige Lehrmethoden und Lehrmaterialen nicht zur Verfügung stünden? In wie vielen Fällen war das der Fall? Wie wurde dies dokumentiert?
b) Werden eigens Alternativkurse/Praktika angeboten?/
Biologinnen und Biologen haben nach Abschluss ihres Studiums Zugang zu einer Vielzahl von Berufen in unterschiedlichen Feldern. In vielen der zukünftigen Berufe sind anatomische, physiologische und verhaltensbiologische Kenntnisse zwingend erforderlich. Hierzu zählen Berufe in der biomedizinischen und klinischen Forschung, in der pharmazeutischen Industrie, verschiedene Berufe im Bereich Tiergesundheit und Veterinärmedizin (Wildtierbiologie, Umweltüberwachung, Tiergesundheitseinrichtungen etc.) und eine große Palette von Berufen in den Bereichen Umwelt, Ökologie, Genetik, Biotechnologie, Gesundheitswesen, Medizin, Bildung, Lehre, und andere. Für Tätigkeiten, die den direkten Umgang mit Tieren erfordern, verlangt das Tierschutzgesetz den Nachweis der erforderlichen biologischen und versuchstierkundlichen Sachkunde. Aus diesem Grund gehört die Vermittlung dieser Sachkunde zur unmittelbaren Aufgabe und Verantwortung der Hochschulen und Universitäten. Die Ausbildung zur Biologin und zum Biologen an der Universität Bremen zielt daher darauf ab, theoretisches Wissen über biologische Prozesse auf praktischer Ebene zu vertiefen, Fähigkeiten zur Planung, Durchführung und Interpretation von Arbeiten, die die Nutzung von Tieren involvieren, zu trainieren und Verantwortungsbewusstsein für das Handeln des Einzelnen zur Sicherstellung von Schutz und Wohlergehen der Tiere zu stärken.
Die Universität Bremen sieht sich hierbei und generell dem 3R-Prinzip (Reduce, Refine, Replace) des wissenschaftlichen Tierschutzes verpflichtet und räumt den damit verbundenen ethischen Gesichtspunkten erheblichen Raum in der theoretischen und praktischen Ausbildung ein.
Gleichwohl kommen in der Biologie-Ausbildung an der Universität Bremen tierfreie Ansätze umfangreich zur Anwendung, um die Zahl der in der Lehre verwendeten Tiere auf das unerlässliche Minimum zu begrenzen. Hierzu zählen z.B. die Nutzung von histologischen Präparaten und geeigneten Medienangeboten und die Verwendung von Organteilen aus dem Lebensmittelhandel. In den Kursen, in denen mit Tieren gearbeitet wird, wird Gruppenarbeit durchgeführt, um die Zahl der verwendeten Tiere zu begrenzen, und die verschiedenen Versuche werden zeitlich und organisatorisch so aufeinander abgestimmt, dass ein einzelnes Tier für mehrere Themenkomplexe genutzt werden kann. Im Rahmen aller Veranstaltungen werden selbstverständlich Maßnahmen ergriffen, um eine Belastung der Tiere zu minimieren.
Ein vollständiger Verzicht auf die Nutzung von Tieren im Rahmen der Biologie-Ausbildung ist jedoch nicht möglich und kein positives Ziel im Sinne des Tierschutzes, da es die eingangs dargelegten Anforderungen an eine qualifizierte und ganzheitliche Ausbildung im Sinne der durch das Tierschutzgesetz geforderten Sachkunde nicht erfüllen kann. Für den späteren beruflichen Umgang mit Tieren ist es im Sinne des Tierschutzes erforderlich, unnötige Belastungen der Tiere aufgrund vermeidbarer Ausbildungsmängel zu verhindern. Eine rein theoretische Vermittlung solcher Inhalte ist nicht nachhaltig und führt nicht zu einer Durchdringung der Sachverhalte. Sie vermittelt nicht die für einen verantwortungsvollen und sachkundigen Umgang erforderlichen handwerklich-experimentellen Fähigkeiten und würde dazu führen, dass Absolventen und Absolventinnen der Universität Bremen nicht über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die das Tierschutzgesetz und die Tierschutzversuchsverordnung ebenso wie spätere Arbeitgeber u.a. bei Biologen und Biologinnen voraussetzt.
c) Ist bekannt, wie oft Studierende bereits in Fällen des Satz 2 i.V.m. Satz 4 (sofern es solche gab) von der Möglichkeit des tier(versuchs)freien Studiums Gebrauch gemacht haben? Wie viele begründete Einzelfall-Anträge wurden gestellt? Wie viele wurden genehmigt/abgelehnt, von wem und nach welchen Kriterien wurde dies entschieden?
Es kommt nur sehr selten vor, dass Studierende anzeigen, einen bestimmten Teil eines Praktikums, der die Nutzung von Tieren involviert, aus Gewissens- oder anderen Gründen nicht durchführen zu wollen. In den letzten zehn Jahren war dies bei insgesamt weit über 1000 Studierenden seltener als fünfmal der Fall. Dies zeigt, dass die Studierenden der Biologie sich ihrer Verantwortung im Umgang mit Tieren sehr bewusst sind und ein eigenständiges Interesse haben, die erforderliche Sachkunde zu erwerben, die ihr späterer Beruf von ihnen direkt oder indirekt erfordert. Dies ist aber auch eine Folge der offenen Diskussionen, die im Rahmen und Verlauf des Studiums zwischen Studierendenschaft und Lehrkörper um ethische Aspekte geführt werden.
d) Entstehen den Studierenden durch die benannte Wahrnehmung eines tier(versuchs)freien Studiums nach Satz 4 Nachteile? Wenn ja, welche?
Ihnen entsteht kein formaler Nachteil im Sinne der Anforderungen, wie sie durch die Studien- und Prüfungsverordnung formuliert werden. Ihnen entsteht jedoch der faktische Nachteil einer lückenhaften theoretischen und praktischen Ausbildung, die ihre zukünftigen beruflichen Möglichkeiten einschränkt. Bspw. fordern die jeweiligen Landesbehörden den Nachweis versuchstierkundlicher Sachkunde z.B. zur Zulassung der Mitarbeit in Forschungsprojekten, in denen mit und an Tieren gearbeitet wird. Hierbei wird seitens der Öffentlichkeit meist nur an Forschung im z.B. pharmakologischen Sektor gedacht. Sehr oft aber handelt es sich um Projekte, die beispielsweise der Erforschung von Umweltfragen, Fragen der Arterhaltung, Fragen des Naturschutzes etc. betreffen. Gerade in Bremen haben derartige Projekte den größten Anteil an der biologischen Forschung. Sie erfordern in hohem Maße entsprechende Expertise und Sachkunde. Ein - wie sie es nennen – tier(versuchs)freies Studium erfüllt in den meisten Fällen nicht die Anforderungen an die Qualifikation von Mitarbeitenden in solchen Projekten, die aus diesen Gründen durch die Landesbehörde nicht zugelassen werden (können). Dies ist durchaus ein erheblicher Nachteil, allerdings keiner, auf den die Universität Einfluss nehmen könnte, sondern er liegt im Entscheidungsbereich der Studierenden, wenn sie sich für ein bestimmtes Studium und das damit verbundene Curriculum entscheiden.
e) Welche Studien- und Prüfungsleistungen ohne die Verwendung von Tieren mussten die Studierenden in diesem Fall stattdessen erbringen?
Dies wird im Einzelfall mit den Studierenden besprochen.
f) Ist vorgesehen, Ihren Passus noch weiter zu modernisieren?
Nein. Es handelt sich hierbei keineswegs um eine Modernisierung. Ein tier(versuchs)freies Studium ist dem Tierschutz keineswegs dienlich. Einzelne Studierende, die aus persönlichen und von ihnen überzeugend vertretenen Gründen keine Tiere verwenden wollen, haben auch früher bereits die Möglichkeit erhalten, alternative Leistungen zu erbringen. Ein tier(versuchs)freies Studium der Allgemeinen Biologie oder der ihr abgeleiteten Spezialdisziplinen wird vom zuständigen Lehrkörper aus den oben dargelegten, ethischen Gründen jedoch abgelehnt.
Mit freundlichen grüßen